"Polizeiruf" aus Brandenburg Mord in der Hippie-Kommune
06.04.2014, 22:16 Uhr
Fritzi Haberlandt (l) und Maria Simon erleben Landfrust statt Landlust.
(Foto: dpa)
Die Ermittler aus Brandenburg verschlägt es in eine Bio-Wohngemeinschaft auf dem Dorf. Der originelle Schauplatz hätte für einen guten Krimi getaugt - verkommt aber zu einem biederen Fernsehspiel.
Der Gunnar hat den Mord schon mal nicht begangen, denn er hätte die Leiche nicht entsorgen können. Gunnar kann nicht Auto fahren, obwohl er als Bio-Landwirt arbeitet. "Aber auf dem Land kann doch jeder Auto fahren", sagt die Kommissarin. Gunnar: "Ich komme aus Kreuzberg!"
Gunnar lebt in der linken Bauernhof-WG, um die sich dieser "Polizeiruf" dreht. Ein Haufen Idealisten will dort den Traum vom autonomen Leben auf dem Land verwirklichen, einen Traum, der Berliner Hausbesetzer seit Generationen bewegt. Nun wurde allerdings einer der Mitstreiter ermordet. Das Hippie-Projekt ist ein vielversprechender Schauplatz, denn es prallen Welten aufeinander: Linke Aussteiger treffen auf Dorfbewohner, Bio-Anbau trifft auf Massentierhaltung, Berliner treffen auf Brandenburger. Es gibt also viel zu erzählen. Das hätte einen schönen Krimi ergeben können - wenn dieser "Polizeiruf" denn gewusst hätte, was er sein will.
Wie eine Wiederholung aus den 90er-Jahren
Aber der rbb will in Brandenburg wieder das Kunststück vollbringen, zugleich einen modernen Krimi für die jüngere Zielgruppe zu erzählen und einen netten Dorffilm für das Stammpublikum. Das zeigt sich schon im widersprüchlichen Ermittlerduo. Da gibt es einerseits die Kommissarin Olga Lenski (Maria Simon), eine moderne Figur mit kompliziertem Privatleben und großstädtischem Schwung. Da gibt es andererseits aber den dicken Polizisten Krause (Horst Krause), der angeblich bei den rbb-Zuschauern so beliebt ist, dass er schon mehrere Kollegen überdauert hat. Wenn der behäbige Dorfpolizist mit seinem Schäferhund auftritt, ist die Fernsehwelt auf einmal so in Ordnung, dass man das Gefühl hat, man sei in einer Wiederholung aus den 90er-Jahren gelandet. Beide Figuren haben ihren Charme. Aber sie passen einfach nicht in denselben Film.
Unter solchen Widersprüchen leidet auch die Geschichte der Kommune. Anfangs gibt sich der Film Mühe, seine Charaktere ernst zu nehmen - und hat mit Fritzi Haberlandt eine tolle Schauspielerin für die Haupt-Gastrolle gewonnen. Da will man wirklich wissen, wie denn das Leben in so einem Aussteiger-Projekt ist, was die Bewohner dorthin getrieben hat und warum einer von ihnen ermordet wurde. Aber dann entwickelt sich doch nur ein dröges Fernsehspiel mit flachen Figuren, die irgendwie die Handlung in Gang halten sollen. Der Kreuzberger Nicht-Autofahrer Gunnar zum Beispiel unterhält in seiner Wohnwagen ein Drogenlabor in "Breaking Bad"-Maßstäben und legt die Bong nicht mal weg, als die Kommissarin um die Ecke kommt - so sind sie halt, die Hippies.
Penetrantes Chef-Gehabe
Die schwächste Figur ist aber der Best-Ager und Kampfsportmeister Harry. Der hat zwar als böser Bube gut ins Drehbuch gepasst, aber überhaupt nicht in diese Geschichte. Harry ist einer, der immer den Arm beschützend um die Schultern der Frauen legt und seine Mitstreiter väterlich-herablassend beherrscht. Es bleibt unerklärlich, warum die angeblich so basisdemokratisch organisierten Aussteiger ihm sein penetrantes Chefgehabe durchgehen lassen. Man will als Zuschauer sofort ein Hof-Plenum einberufen und diesen Macker ganz schnell vom Bildschirm schicken.
Völlig unklar bleibt auch, warum die finanziellen Ungereimtheiten auf dem Hof zuvor niemandem aufgefallen sind. Aber das ist auch schon nicht mehr so wichtig. Als die Geschichte endlich auf ihre Auflösung zusteuert, will man sie schon gar nicht mehr erfahren. Schade, in diesem Stoff hätte viel mehr gesteckt. Am Ende ergeht es dem Krimi wie der Hof-Kommune: Die Idee war gut, die Umsetzung ist aber gescheitert.
Quelle: ntv.de