"Das krasseste Konzert meines Lebens" Motrip und Jimek brechen alle Regeln
15.09.2016, 19:47 Uhr
Lary (l.) beweist neben Motrip (r.) ihr stimmliches Können. Jimek (m.) kümmert sich um mit dem Orchester um den Rest.
"Hip-Hop mal anders", dachte sich wohl Rapper Motrip und wagte mit Komponist Jimek ein Experiment. Zwei Musikwelten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen aufeinander - und sorgen für Gänsehaut.
Vor dem Konzerthaus in Berlin bildet sich eine lange Schlange. Normalerweise stehen hier Fans von Streichquartetts und Kammermusik. An diesem Mittwochabend finden jedoch hauptsächlich Liebhaber eines anderen Genres den Weg zu dem knapp 200 Jahre alten Baukunstwerk.
"Rap trifft Klassik" - so das Motto des Konzerts. Deshalb steht der im Libanon geborene Rapper MoTrip bei seinem Konzert diesmal nicht alleine auf der Bühne, sondern wird von dem Konzerthausorchester Berlin begleitet. Auch Musiker wie Peter Fox sind bereits mit orchestraler Instrumentierung auf Tour gewesen, dennoch dürfte MoTrip der erste deutsche Rapper sein, der sich an dieses Experiment gewagt hat.
Möglich wurde das durch die Zusammenarbeit mit Jimek. So nennt sich der leidenschaftliche Jazz- und Hiphop-affine polnische Komponist. Der 29-Jährige, der sich in der amerikanischen Filmindustrie bereits einen Namen gemacht hat, eröffnet unter glitzernden Kronleuchtern und goldbemalter Decke die Show. Mit dem Rücken zum Publikum gewandt, schwingt er seine Arme, inklusive Dirigentenstab, durch die Luft. Wer sich jetzt seichte Geigenmelodien vorstellt, liegt falsch. Tiefe Bässe und schnelle, kräftige Beats bestimmen das Tempo.
Die Gästeliste kann sich sehen lassen
Das Publikum strahlt aus, was dieser Abend bricht: alle Regeln der Musikszene. Ein bunt gemischter Haufen aus Jung und Alt, Anzugträger und Rapper-Kollegen. Jeder hat einen Sitzplatz, keiner steht, und so wippen die meisten nur verhalten mit dem Kopf mit, als MoTrip seinen ersten Song auf der Bühne performt. Die Stimmung kommt in Schwung, als Adel Tawil auftaucht und erreicht ihren Höhepunkt mit Stargast Lary, die den gemeinsamen Hit "So wie du bist" mit MoTrip zum Besten gibt.
Überraschungsgast: Haftbefehl. Trotz Handyverbot können sich viele Zuschauer nicht verkneifen, ihr Telefon dann doch für ein Video in die Höhe zu recken. In königlicher Atmosphäre rappen sich die beiden Musiker die Seele aus dem Leib - und die Menge jubelt.
Nach knappen zwei Stunden und kurz vor Schluss singen MoTrip und Lary einen gemeinsamen Song, den noch niemand kennt. Was der Abend für den Aachener bedeutet, verrät er mit einem Satz. "Das krasseste Konzert meines Lebens beginnt JETZT", twittert er kurz vor der Show.
Eine Reise durch das Hip-Hop Zeitalter
Die größte Überraschung kommt trotz Song-Premieren aber nicht von Seiten des Rappers. Gegen Ende zieht sich MoTrip nochmals zurück und überlässt Jimek plus Orchester die Bühne. Der Komponist lässt seinem Fabel für Hip-Hop noch einmal freien Lauf: In einem beinahe 10-minütigen Stück dirigiert er sein Orchester durch einen Remix der größten Hip-Hop Songs der vergangenen 30 Jahre - und haut damit alle Besucher aus den Konzertstühlen.
Von 2Pac mit "Dear Mama" bis Beyoncé mit "Crazy In Love" ist alles dabei, was das Hip-Hop-Herz begehrt. Der minutenlange Applaus am Ende des Konzerts spricht für sich. Rap mit Klassik passt eben doch. Man könnte aber auch sagen: Komponist Jimek bringt frischen Wind in die Klassik-Szene und beweist, dass Trompete und Co auch vor Missy Elliot nicht zurückzuschrecken brauchen.
Quelle: ntv.de