Deutsch-polnischer "Polizeiruf" Spannend wie ein Kreisverkehr
02.12.2017, 12:58 Uhr
Hat Probleme: das deutsche Paar
(Foto: rbb/Britta Krehl)
In Brandenburg wird ein Kind entführt, es taucht aber nach zwölf Minuten wieder auf. Wäre in China in der gleichen Zeit ein Sack Reis umgefallen, es wäre die spannendere Geschichte gewesen. Leider hat die Reisindustrie ihre Säcke im Griff.
Es soll ja Menschen geben, die der Meinung sind, der allsonntägliche Krimiabend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sei reine Zeitverschwendung. Das ist natürlich ausgemachter Quatsch, irgendwas kann man zum offiziellen Wochenende immer mit ins Bett nehmen - und sei es nur die Erkenntnis, dass Kreisverkehre aus der Vogelperspektive wahnsinnig schön sind. Wer sich davon überzeugen will, muss an diesem Sonntag nur den neuen Brandenburger "Polizeiruf" einschalten, da wimmelt es nämlich von ihnen.
Nun darf man davon ausgehen, dass Regisseur Jakob Ziemnicki nicht einfach nur einen geheimen Kreiselfetisch auslebt, nein, die Dinger erfüllen natürlich ihren allegorischen Zweck: Sie stehen im neuesten deutsch-polnischen Grenzkrimi für die wechselseitige Wirtschaft zwischen den beiden Ländern. Im Fall von "Das Beste für mein Kind" spült deutsches Geld ein polnisches Kind nach Brandenburg - dass die Natur des Kreises dafür sorgt, dass es nicht in Brandenburg bleibt, versteht sich von selbst.
Was folgt, ist Langeweile
Es geht also mal wieder um eine Kindesentführung. Gefühlt wird man damit als Zuschauer in den Öffentlich-Rechtlichen quasi pausenlos konfrontiert, der Brandenburger "Polizeiruf" löst die eigentliche Entführung allerdings bereits nach zwölf Minuten auf. Ein ungewöhnlicher Dreh, für den es ein dickes Kompliment gibt - es wird das einzige bleiben. Denn was folgt, ist Langeweile.
Die Geschichte um die beiden involvierten Familien - das wohlhabende Unternehmerpaar auf deutscher, die Arbeiterfamilie auf polnischer Seite - ist zwar enorm komplex angelegt, kommt aber nie so richtig in Fahrt. Zu Zeiten des bräsigen Kommissars Krause gehörte es quasi zum guten Ton, als Zuschauer zwischendurch mal so richtig schön im Sessel wegzunicken. Dass man als Zuschauer am Sonntagabend schon in Gedanken beim montäglichen Mittagessen ist, versetzt dem Krimi um die deutsch-polnischen Grenzgänger, der jede Menge moralische Fragen aufwerfen will, aber einen schweren Schlag.
Der Todesstoß folgt dann in Form der Privatgeschichte von Kommissar Raczek (Lucas Gregorowicz): Sonst spielt seine Ehe eine eher untergeordnete Rolle, diesmal muss Stress in der eigenen Beziehung für die Zerrissenheit des Kommissars im Umgang mit Verdächtigen herhalten. Dass der Film eine solche Krücke braucht, ist vielsagend - und zeigt, dass Menschen, die den Sonntagabendkrimi für reine Zeitverschwendung halten, manchmal eben doch Recht haben. Aber Moment, das stimmt natürlich nicht - es gibt ja schließlich noch die Kreisverkehre.
Quelle: ntv.de