Unterhaltung

Ein viel kopierter Meister Vor 25 Jahren starb Luis Bunuel

Straßenmalerei als Hommage an Bunuel (Foto von 2000).

Straßenmalerei als Hommage an Bunuel (Foto von 2000).

Bei der Szene läuft es dem Zuschauer noch heute eiskalt über den Rücken. Eine Großaufnahme zeigt, wie einer jungen Frau mit einer Rasierklinge das Auge zerschnitten wird. Gleich mit seinem ersten Film sorgte der spanische Regisseur Luis Bunuel für einen Skandal. Nie zuvor waren derart grausige Bilder auf der Leinwand zu sehen gewesen wie 1929 in "Ein andalusischer Hund". Das Drehbuch zu dem Avantgardewerk hatte der (am 29. Juli) vor 25 Jahren gestorbene Filmemacher mit dem surrealistischen Maler Salvador Dali geschrieben.

"Ich will nicht, dass er die Zuschauer erfreut, er soll sie beleidigen", sagte Bunuel über die Absicht des Films. Doch was die Öffentlichkeit damals schockierte, sollte später zum Vorbild vieler Horror-Klassiker werden. Ebenso wie bei Alfred Hitchcocks "Psycho" (1960) finden sich bei "Das Schweigen der Lämmer" (1990) von Jonathan Demme Elemente aus Bunuels Streifen wieder, so etwa der Totenkopf-Falter, der auch die Filmplakate mit der Hauptdarstellerin Jodie Foster zierte. David Bowie war von dem Bunuel-Werk so fasziniert, dass er es bei einer Tournee 1976 vor jedem seiner Konzerte zeigen ließ.

Skandalfilm "Ein andalusischer Hund"

Mit "Ein andalusischer Hund" und dem 1930 entstandenen Film "Das goldene Zeitalter" gelangte der Surrealismus in die Kinos. Doch Bunuels zweites Werk ging den Zensoren zu weit. Die harsche Leinwandattacke gegen bürgerliche Doppelmoral und Kirche führte in einem Pariser Kino zu Tumulten und wurde schließlich verboten. Zudem kam es zwischen dem Regisseur und Dali zum Bruch: Zwar hatten sie erneut das Drehbuch gemeinsam verfasst, doch der Atheist Bunuel veränderte den Film dermaßen, dass der Maler ihn nicht wiedererkannte und wegen des antiklerikalen Inhalts ablehnte.

Für den aus einer wohlhabenden und strenggläubigen Familie stammenden Regisseur war dies dagegen nur der Anfang einer von der Kritik an Katholizismus und sozialen Zuständen geprägten Filmkarriere. Bunuel und Dali hatten sich in der Residencia de Estudiantes in Madrid kennengelernt, einem Universitätsinstitut zur Förderung Hochbegabter. Dort hatte die berühmte "Generation von 1927" ihren Ursprung, zu der auch Dichter wie Federico Garcia Lorca und Rafael Alberti zählen.

Verbotener Film

Am 22. Februar 1900 in Calanda in Nordspanien geboren, war Bunuel als 17-Jähriger eigentlich nach Madrid gezogen, um Agronomie zu studieren. Gegen den Willen des Vaters ging er schließlich ohne Abschluss nach Paris und wurde an der Filmakademie Schüler und Assistent von Jean Epstein. Nach der Ausrufung der Republik kehrte Bunuel 1931 nach Spanien zurück und drehte ein Jahr später den Dokumentarfilm "Las Hurdes/Land ohne Brot" über das Elend der Menschen in der kargen Region Extremadura. Die Bilder von Kinderleichen auf den Straßen erschienen selbst der damaligen Regierung so brutal, dass sie den Film - zur Verbitterung des überzeugten Republikaners und KP-Mitglieds Bunuel - verbot.

Der Sieg der Faschisten unter Francisco Franco im Bürgerkrieg (1936-1939) zwang ihn schließlich ins Exil. Nach einigen eher fruchtlosen Jahren in Hollywood und New York - das Museum of Modern Art entließ ihn, weil er von Dali als Kommunist denunziert wurde - zog Bunuel 1946 mit seiner Ehefrau Jeanne nach Mexiko.

Freiheit in Mexiko

Das lateinamerikanische Land wurde nicht nur seine zweite Heimat, dort drehte er auch 20 seiner mehr als 30 Filme. "Verglichen mit dem Rest der Welt spüre ich hier eine Atmosphäre der Freiheit und des Friedens, und ich kann mich ohne Repressalien meiner Arbeit widmen. Ist das nicht wundervoll?", schrieb er damals einem Freund. Bunuel wurde mexikanischer Staatsbürger, in dem Land wuchsen seine Söhne Rafael und Juan Luis auf. Dort entstand unter anderem das Meisterwerk "Die Vergessenen" (1950), ein schonungsloses Porträt von Straßenkindern aus den Armenvierteln von Mexiko-Stadt. Sozialkritische Filme wie "Nazarn" (1958) folgten.

Trotz der Franco-Diktatur (1939-1975) kehrte Bunuel 1961 kurzzeitig in sein Land zurück, um "Viridiana" zu drehen. Der Film gewann zwar in Cannes die Goldene Palme, wurde in Spanien aber als aufrührerisch gebrandmarkt und sofort verboten. Unvergessen blieb auch "Belle de jour" (1966) mit Catherine Deneuve in der Hauptrolle. Doch erst im hohen Alter erhielt Bunuel seine größte internationale Ehrung: "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" bekam 1973 den Oscar als bester fremdsprachlicher Film. Am 29. Juli 1983 starb der Regisseur in der mexikanischen Hauptstadt.

Quelle: ntv.de, Jörg Vogelsänger, dpa

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