"Tatort" sucht den Maulwurf Wenn die Praktikanten Trauer tragen
21.12.2014, 21:46 Uhr
Friedrich Mücke, Alina Levshin und Benjamin Kramme (v.l.) in der "Tatort"-Folge "Der Maulwurf".
(Foto: dpa)
Die Jungspunde in Erfurt kommen auch im zweiten Fall nicht aus dem Quark. Korruption und Mord stehen beim "Maulwurf" auf der Packung, drin ist nichts als Schlaftabletten. Da verfällt selbst der sonst so böse Christian Redl in eine Altersdepression.
Man muss nicht allzu viele Krimis geguckt haben, um zu wissen: Trauergäste in Handschellen sorgen meistens für Ärger. Da macht auch der Knacki Timo Lemke keine Ausnahme. Der Tunichtgut sitzt ein wegen Totschlag und Menschenhandel. Als sein Vater stirbt, zeigen die Leute von der Haftanstalt Herz und lassen den Mann mit dem bösen Blick und den hohen Wangenknochen raus, damit er eine Handvoll Erde auf die Holzkiste seines alten Herrn werfen kann.
Es kommt, wie es kommen muss. Am Ende sind zwei Beamte tot, Lemke auf der Flucht, das juvenile Ermittlerteam Funck (Friedrich Mücke), Schaffert (Benjamin Kramme) und Grewel (Alina Levshin) steht vor seiner nächsten Bewährungsprobe. Wie knifflig das ist, erkennen die drei spätestens dann, als ihnen auch noch der alte Häuptling Böser Blick - Christian Redl als zwielichtiger Kriminaldirektor Volker Römhild – vor die Nase gesetzt wird. Und kurze Zeit später nicht nur Lemke seinem Alten ins Jenseits folgt, sondern zudem die Chefin des Reviers, Kriminaldirektorin Petra Fritzenberger (Kirsten Block), liebevoll "Fritze" genannt, entführt wird. Klarer (?) Fall – irgendwo muss sich ein Maulwurf verbergen.
Der Boden wäre also bereitet für eine temporeiche Schnitzeljagd, Gelegenheit genug eigentlich für die aufstrebenden Jungkriminalen, ein wenig an Kontur zu gewinnen, ihr Führungszeugnis mit ein paar Fleißbienchen aufzuhübschen. Nur – dem trüben Trio scheint diese Gelegenheit völlig wumpe zu sein. Mücke, Kramme und Levshin agieren durchweg zwischen Halbschlaf und Gesichtslähmung, werfen sich Einzeiler aus dem Drehbuch-Workshop zu, hangeln sich durch plakative Erklärdialoge und lassen ansonsten ihre Gesten für sich sprechen: Arme verschränken, zur Seite gucken, nach unten gucken, ins Nichts gucken.
Valium im Prosecco
Kaum zu glauben, dass Alina Levshin einst die Titelrolle der "Kriegerin" so grandios ausfüllte. Kaum zu übersehen, dass Mücke sich bei seiner Wasserwelle aus dem Hause Oliver Bierhoff leidenschaftlicher anstellt als beim Versuch, aus einem Jungdealer ein paar brauchbare Hinweise herauszubekommen. Einmal darf Kramme alias Schaffert dem Affen etwas Zucker geben, als er völlig aus dem Nichts seinem Verhörmündel mit der Stacheldraht-Tätowierung das Nasenbein bricht. Und kurz danach wieder in somnambules Dahinschleichen verfällt. Selbst die Tänzerinnen im Puff verdrehen sich an ihrer Tischtanzstange, als hätte man ihnen Valium in den Prosecco gekippt.
Und was ist mit dem Altvorderen Römhild? Der soll eigentlich den Senior-Adjutanten geben und die Polizei-Praktis auf Kurs bringen. Sein Bewegungsradius beschränkt sich dabei jedoch nur auf Zeitung lesen und das Veranschaulichen zweier Sachverhalte: Römhild hat nur ein Jackett, dafür aber keinen Rasierer. Schade um Christian Redl, der hier zumindest als Bösewicht mit Erfahrung für ein wenig Nervenkitzel hätte sorgen können, angesichts von so viel Dilettantentum jedoch agiert wie der depressive Hausmeister eines Schlaflabors.
Der Einzige, der das Wort Krimi mit ein wenig Leben füllt, ist der stoisch zerknirschte Oliver Stokowski. Der aber, so viel Zeit muss sein, ist auch im Training, war er doch erst vor zwei Wochen im Revier von Charlotte Lindholm zu sehen. Ob die drei Fragezeichen aus Erfurt in Zukunft ein wenig Fahrt aufnehmen? Man muss wohl so optimistisch sein wie Chefin Fritze. Die wird so gerade eben noch befreit, erfährt vom Tode ihres zu Unrecht verdächtigten Kollegen, ist völlig zerschürft und zerschunden. Und kann doch lächeln: "Das wird schon wieder". Na dann ...
Quelle: ntv.de