Soul Seeking Music Y’akotos wunderbare Schwere
23.08.2014, 15:14 UhrAuf ihrem Debüt sang die Hamburger Sängerin Y’akoto noch den "Babyblues", inzwischen hat sie den "Moody Blues". Was das bedeutet? Das verrät die 26-Jährige im Interview.
Als "Soul Seeking Music" bezeichnet Jennifer Yaa Akoto Kieck alias Y’akoto ihre Musik – dahinter verbirgt sich eine Mischung aus Soul, Pop, Singer/Songwriter, Folk und afrikanischen Einflüssen, gepaart mit Texten, die unter die Haut gehen. Kein Wunder, dass ihr Debütalbum "Babyblues" vor zwei Jahren prompt für einen Echo nominiert wurde. Sogar in den USA, Polen und Italien feierte Y’akoto Erfolge. Auf dem Nachfolger "Moody Blues" klingt die 26-Jährige, die in Hamburg geboren wurde und in Ghana aufwuchs, nun noch reifer und selbstsicherer. Doch am meisten haben es ihre Texte in sich: Es geht um die Suche nach dem Zuhause, Flüchtlinge und den Tod.
Y’akoto, Ihr Debütalbum, auf dem es um eine enttäuschte Liebe ging, trug den Titel "Babyblues", der Nachfolger heißt nun "Moody Blues" – das klingt ehrlich gesagt nicht unbedingt, als seien die Dinge leichter geworden?
Yakoto: Das muss man trennen! "Babyblues" war einen Tick naiver und selbstbezogener, "Moody Blues" ist jetzt viel weiter gefasst, es geht mehr um die Welt um mich herum. Ich möchte mit meiner Musik Sachen besingen, die die Essenz des Menschen ansprechen, das Menschliche in uns. Und das ist nun mal sehr facettenreich und dual. Deshalb gibt es auf dem Album sowohl Licht- als auch Schattenseiten. Im Grunde ist es wieder "Soul Seeking Music", wie schon auf meinem Debüt, nur noch viel fragender.
Woher kommt Ihre Vorliebe für schwere Themen?
Wahrscheinlich ist mein Naturell einfach komplex. Wobei: Im Alltag bin ich gar nicht so nachdenklich, sondern eher unvernünftig. Ich lache über die blödesten Sachen. Ich liebe Spaß und brauche Leichtigkeit in meinem privaten Umfeld. Mit so Philosophen oder wenn es zu intellektuell wird halte ich es nicht aus. Ich muss dann immer den Raum verlassen, weil mir das zu krass wird. Es hat auch lange gedauert, bis ich mal von mir aus über meine Probleme reden konnte. Ich habe ganz lange nicht über meine Sorgen oder Ängste gesprochen, sondern das eher in der Musik verarbeitet.
Welcher Song auf Ihrem neuen Album hat denn am meisten Gewicht?
Das ist für mich "Off The Boat". Es geht darin um die Geschichte eines jungen Mannes, der mit einem Flüchtlingsboot weg will. Ich habe den Song vor Jahren geschrieben, denn das ist ein Thema, das mich schon immer beschäftigt hat. Oft schieße ich mich in meinen Songs auf solche Einzelschicksale ein. Das ist wahrscheinlich, ohne es zu merken, ein künstlerisches Konzept von mir. Ich habe unglaublich viel Fantasie und die benutze ich, um solche Szenen aufzubauen. Aber irgendwo wird es genau diese Geschichte geben.
Das Thema ist derzeit aktueller denn je. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie in den Nachrichten Bilder verzweifelter Flüchtlingen sehen?
Sie schocken mich nicht, denn das Thema gibt es seit jeher. Im Moment liegt halt der Fokus drauf und auf einmal sind alle empört, aber das ist schon immer da gewesen. Was ich mit meiner Kunst erreichen will, ist, eine Beziehung dazu zu entwickeln. Die Leute denken immer, das sei so derbe weit weg – aber das glaube ich eben nicht. Im Endeffekt sind wir alle abhängig von Weltumständen. Wenn sich in Europa das Klima irgendwann ändert, dann wollen wir hier vielleicht auch weg. Und dann gucken wir mal, wer die Türen auf oder zu macht und wer uns wieder nach Hause schickt.
Sie selbst sind in Deutschland geboren, in Afrika aufgewachsen und später nach Deutschland zurückgekehrt. Auch das Thema Zuhause spielt auf Ihrem Album eine Rolle.
Ja, aber jetzt gar nicht unbedingt auf mich bezogen. Es geht eher um die Frage, wo der Mensch seinen Platz findet. Es passiert gerade sehr viel, das Klima verändert sich, die Systeme ordnen sich neu und wir wissen ja alle eigentlich gar nicht so richtig wo es hin geht. Und innerhalb dieses Chaos suchen wir unser Zuhause, ob das ein Haus ist oder einfach eine Befindlichkeit. Wir Menschen sind suchende Wesen und überall wo man ist, trifft man Leute, die Anerkennung und ein Zuhause suchen, Stabilität und ein gutes Leben.
Mit dem Ende des Lebens setzen Sie sich in dem Song "Come Down To The River" auseinander, ein Klagelied, in dem es um eine Frau geht, die die Stimme ihres verstorbenen Mannes aus einem Fluss hört. Ist der Tod ein Thema, das Sie beschäftigt?
Ich habe zum Glück noch nie einen Menschen durch den Tod verloren, aber das wird natürlich auf mich zukommen, das lässt sich nicht vermeiden. Ich habe auch mit vielen Menschen gesprochen, die eine geliebte Person verloren haben, seien es die Eltern, Kinder oder Partner. Was mich schon immer fasziniert hat, ist diese Kraft der Hinterbliebenen. Dafür habe ich eine starke Bewunderung. Wobei die Frau in meinem Song an den Punkt kommt, an dem sie nicht mehr ohne diesen anderen Menschen kann und ihm folgen will.
Also kein Happy End ...
Nein, ich habe eben ein Faible für Themen, die nicht in Hollywood besprochen werden. Natürlich ist es eher schwierig, sich damit zu beschäftigen, aber diese Dinge sind ein fester Bestandteil von unserem Leben und je mehr wir sie reinlassen und zum Beispiel über den Tod sprechen, desto präsenter wird auch das Leben. Ich habe dadurch, dass ich mich mit solchen Themen beschäftige, eine unglaubliche Lust auf das Leben bekommen. Empathie ist etwas, das man üben kann – und dadurch kann man dann bei sich selber den Hebel umlegen.
Mit Y’akoto sprach Nadine Lischick
Das Album "Moody Blues" erscheint am 22. August 2014 - bei Amazon bestellen
Quelle: ntv.de