ESC 2014 - Wer hat Chancen? Zwischen Wacken und Fernsehgarten
13.03.2014, 08:44 Uhr
Allzweckwaffe: Die singende Moderatorin Barbara Schöneberger präsentiert den Vorentscheid in der Kölner Lanxess Arena ("Unser Song für Dänemark").
(Foto: imago/Strussfoto)
Das Jahr eins nach Cascadas nicht ganz optimalem 21. Platz in Malmö: Acht Teilnehmer treten in Köln beim deutschen ESC-Vorentscheid an, die Regeln hat die ARD nach den Diskussionen im Vorjahr wieder stramm gezogen: Das Publikum entscheidet. Hier sind die acht Kombattanten und ihre Erfolgsprognose.
1. Madeline Juno
Hätte es Lena nie gegeben, wäre das hier das Erfolgsmodell für den europäischen Sangeswettstreit - da könnte nicht einmal Stefan Raab was dagegen haben: Madeline Juno ist süße 18, hat seit vier Jahren an ihrem Debüt gewerkelt und das hört man. Der Schmacht sitzt an den richtigen Stellen, die Seufzer am Ende der Zeilen sind erfolgserprobt und, dass man das Refrainwort gerne drei-, viermal hysterisch rausposaunt, weiß man nicht erst seit Katy Perry. Ob aber das Eurovisionspublikum reif ist für einen Siegersong mit dem kontraproduktiven Titel "Error", muss der Abend in Köln zeigen. Die Offenbacherin mit dem Eulen-Tattoo auf dem Unterarm selbst hält den Ball flach, damit könnte sie richtig liegen.
Gewinnchancen: 50 Prozent.
2. The Baseballs
Originär amerikanische Sounds beim europäischen Wettsingen - das ist ja so eine Sache für sich. Texas Lightning können davon ein Lied singen. Oder eben nicht. Die Baseballs jedenfalls haben sich nicht etwa Country, sondern guten, alten Rock‘n Roll auf die Collegejacke gekritzelt und mit dem soll jetzt, nachdem die deutschen Charts ein ums andere Mal geknackt wurden, auch der Grand Prix erobert werden. Der Titel ihres Songs "Mo hotta Mo betta" klingt zunächst wie ein Update von "Wadde hadde dadde du", soll aber wohl so etwas wie "Heißer ist besser" bedeuten. Wenn es dem Publikum nicht mo egala ist, dann dürfen die Tollenträger auch noch ihren zweiten Song singen, der heißt dann "Goodbye Peggy Sue". Das klingt auch nicht eben nach der Neuerfindung von Buddy Hollys Brille, hat aber durchaus Schwung. Ob das reicht...
Gewinnchancen: 20 Prozent.
3. Das gezeichnete Ich
Der Berliner Multiinstrumentalist mit dem kryptischen Namen besingt das, was die Baseballs längst im Schrank haben, ein "Echo" nämlich. Ein Song, wie gemacht für die große Bühne: Zum ambientösen Fiep-Intro lassen sich prima Länderwimpel schwenken und die stampfende Bassdrum macht klar, dass die Strophe nichts anderes ist als das Vorspiel zum Feuerwerk. Stimme hoch im Chorus, Pyro-Effekte, den mitgereisten Fans verläuft die schwarz-rot-goldene Gesichtsschminke vor lauter Rührung - so geht Grand-Prix-Grandezza. Alles drin von Cascada-Gestampf bis Refrain-Pauken, zu denen man prima ein halbes Dutzend Folklore-Girlies über die Bühne jagen könnte. Lediglich, dass der letzte Refrain nicht noch einmal transponiert wird - wie konnte so ein Kardinalsfehler unterlaufen?
Egal, ... die Gewinnchancen liegen dennoch bei: 80 Prozent.
4. MarieMarie
"Man nannte ihn Doppel-Jim, weil er am Ende eines Satzes alles zweimal sagte. Zweimal sagte". Marie scheint mit Jim aus "Good Fellas" verwandt zu sein. Ihren Namen trägt sie gleich zweifach genoppt und schon bei der Suche nach zwei verschiedenen Songtiteln geht MarieMarie (ein Shakin‘-Stevens-Zitat?) die Puste aus. Candy gibt es hier nämlich auch gleich doppelt serviert: "Cotton Candy Hurricane" und "Candy Jar". Das klingt weniger klebrig-süß als man meinen könnte, mitreißend buchstabiert sich jedoch ganz sicher anders. Ganz sicher anders.
Gewinnchancen: 10 Prozent.
5. Elaiza
Die drei jungen Damen konnten bei einem Klubkonzert in Hamburg die Wildcard erobern und sind die große Unbekannte in der Grand-Prix-Formel. Bass, Akkordeon und Frauenstimme - zumindest ist das Konzept übersichtlich und was macht man am besten, wenn sich über die vielen osteuropäischen Siegertitel der vergangenen Dekaden ärgert? Genau - man klingt einfach selbst so. "Is it right" etwa könnte man sich auch prima von ein paar 90-jährigen Omis aus Jakutsk gesungen vorstellen und "Fight Against Myself" klingt, als hätte Lena Meyer-Landruts Englischlehrerin einen Song für einen Kusturica-Film aufgenommen. Kann man machen.
Gewinnchancen: 25 Prozent.
6. Oceana
Die Hamburgerin hat bereits einen erfolgreich zerspielten EM-Song im Gepäck ("Endless Summer") und auch ihre sonstige Musikerinnen-Vita kann sich sehen lassen. Mit Lionel Richie war sie unterwegs und mit Peter Fox, ihre beiden Songs für den Wettbewerb hat sie in L.A. mit Dre Harris aufgenommen, und dass der bereits dem Material von Alicia Keys und Robin Thicke den richtigen Schliff gegeben hat, hört man. Vielleicht steht diese Qualität, ebenso natürlich auch der vollblütige Vortrag der Sängerin mit dem coolen Afroschopf, sich selbst im Weg. Ist doch unüberhörbar, dass Tracks wie "Thank You" und "All Night" einfach nicht verzweifelt und siegeshungrig, sondern viel zu selbstbewusst in sich selbst ruhend klingen. Daher haben die wohl besten Songs im Wettbewerb dann doch nur ...
... Gewinnchancen: 30 Prozent.
7. Santiano
So geht es auch: In Ehren ergraute Mucker wollen es noch einmal wissen und entdecken bei der Suche nach einem altersädaquaten Erfolgsmodell den guten, alten Shanty. Das passt nicht nur in ihrer Heimat Flensburg wie Arsch auf Eimer, dazu schüttelt man sich auch bestens in Wacken das Bier schaumig oder überprüft im ZDF-Fernsehgarten den Sitz der Wasserwelle. Ob das auch auf Kurs Europa erfolgversprechend ist? Im Prinzip ja, würde Radio Eriwan sagen, gäbe es da nicht den Wermutstropfen, dass Sänger Andreas Fahnert nicht mit antreten darf (akute Hörsturzgefahr) und: noch einen letzten Mitstreiter im Teilnehmerfeld.
Gewinnchancen: 60 Prozent.
8. Unheilig
Lassen wir die Erfolgsbilanz des Mannes mit der tiefsten Stimme seit Ivan Rebroff und Bruce Low für sich sprechen: Ein Bambi, ein Comet, ein Deutscher Musikautorenpreis, eine Goldene Kamera, zwei DIVAs, vier Echos und so weiter und so fort und vor allem: ein Sieg im Bundesvision Song Contest (2010). Da mag sich die Konkurrenz noch so sehr das Stimmchen zersingen, der ESC-Teilnehmer für Deutschland dürfte in diesem Jahr blaublütig sein. Oder?
Gewinnchancen: 90 Prozent.
Quelle: ntv.de