Kino

Würdest du alles für die Wahrheit riskieren? "Invader": Es war ein Massaker!

Pablo muss erst im Irak um sein Leben kämpfen, dann auch in seiner spanischen Heimat.

Pablo muss erst im Irak um sein Leben kämpfen, dann auch in seiner spanischen Heimat.

(Foto: Senator)

Bei einem Einsatz im Irak töten Pablo und Diego drei Zivilisten. Pablo wird schwer verletzt und verliert sein Gedächtnis. Wieder in Spanien erfährt er, dass elf Zivilisten starben, darunter auch ein kleines Mädchen. Er beginnt nachzuforschen und stößt in ein Wespennest aus Intrigen, Verschwörung und Vertuschung - und die USA mischen kräftig mit.

Am Dienstag, den 30. Juli 2013, wurde der Wikileaks-Informant Bradley Manning von einem Militärgericht im Heeres-Stützpunkt Fort Meade nahe Washington verurteilt. Der bis 2010 bei der US-Armee tätige Computerspezialist und Nachrichtenoffizier wurde in 20 von 22 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Den schwerwiegendsten Vorwurf der Feindesunterstützung ließ das Gericht aber fallen, dafür hätte er zum Tode verurteilt werden können. Das Strafmaß dafür, dass er unzählige geheime Dokumente aus seiner Zeit im Irak-Krieg an Wikileaks lieferte, steht allerdings noch aus, als Höchststrafe drohen 90 Jahre Haft. Unter den Dokumenten ist auch ein Militärvideo, das als erstes geheimes Kriegsdokument unter dem Titel "Collateral Murder" auf Wikileaks veröffentlicht worden war und einen tödlichen Angriff US-amerikanischer Soldaten auf Zivilisten zeigt. Mehrere von ihnen starben, ebenso zwei Journalisten. Zwei Kinder wurden verletzt. Mannings Fall erregte in der Öffentlichkeit weltweit großes Aufsehen.

Auch im neuen Film des spanischen Regisseurs Daniel Calparsoro ("Kalter Asphalt") dreht sich alles um ein gefilmtes Kriegsverbrechen. Die Nähe zu Mannings Fall ist zwar verblüffend, aber Calparsoro hat ihn nach eigenen Aussagen nicht zum Vorbild genommen. Er zeigt dennoch auf erschreckend direkte Weise, wie schnell man vom gefeierten Helden zum gejagten Buhmann wird und um sein nacktes Überleben kämpfen muss.

Aus drei mach elf

Auf der Flucht schlittern Pablo und Diego immer tiefer in den Schlamassel.

Auf der Flucht schlittern Pablo und Diego immer tiefer in den Schlamassel.

(Foto: Senator)

Pablo (Alberto Ammann) und Diego (Antonio de la Torre) sind Militärärzte der spanischen Armee während des Irak-Einsatzes. Als ein Konvoi mit spanischen Soldaten von Rebellen angegriffen wird, überleben die beiden verletzt. Pablo und Diego können sich zu einem alleinstehenden Wohnhaus retten. Doch dort gerät die Lage außer Kontrolle: Pablo wacht erst zwei Wochen darauf in einem spanischen Krankenhaus wieder auf. An seinem Bett seine junge Frau Angela (Inma Cuesta). Pablo kann sich an nichts mehr erinnern.

Angela und Pablo versuchen ihr normales Leben weiterzuleben.

Angela und Pablo versuchen ihr normales Leben weiterzuleben.

(Foto: Senator)

Wieder zu Hause und seine kleine Tochter Pilar (Sofia Oria) in die Arme schließend, schießen ihm Gedankenblitze durch den Kopf. Bruchstückhaft kehren Teile seiner Erinnerungen wieder zurück und hinterlassen wie scharfe Rasierklingen tiefe Wunden in seiner Seele: Pablo hat getötet. Er hat eine Familie ausgelöscht. Drei Menschen starben durch seine Hand. Aber er und Diego werden als Helden der spanischen Armee gefeiert. Pilar bringt ihm Pralinen aus der Schule mit, die Blumensträuße und -grüße kann er nicht mehr zählen. Aber das schlechte Gewissen plagt ihn. Er muss mit Diego reden.

Baza arbeitet für das Innenministerium, kann Politiker aber auf den Tod nicht ausstehen.

Baza arbeitet für das Innenministerium, kann Politiker aber auf den Tod nicht ausstehen.

(Foto: Senator)

Als der nicht ans Telefon geht, fährt Pablo zu ihm und stellt ihn zur Rede. Doch sein Freund und Leidensgenosse hält sich bedeckt. Er hat eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben, die ihm eine einträgliche Entschädigung verspricht. Auch Pablo bekommt dieses Angebot, der zwielichtige Baza (Karra Elejalde) unterbreitet es ihm. Aber Pablo lehnt gegen den Willen seiner Frau ab - erst muss er herausfinden, was wirklich passiert ist.

Auf eigene Faust geht er auf Recherchetour und findet schnell heraus, dass es nicht nur drei, sondern elf Tote damals gewesen sind. Als er Diego erneut aufsucht, wird Pablo von einem schwarzen Audi verfolgt. Er entkommt und als er wieder und wieder auf Diego einredet, offenbart der seinem alten Kumpel ein Geheimnis - das Geheimnis, was damals wirklich passiert ist. Das Problem dabei ist: Es geht um ein Massaker, eine ganze Familie wurde hingerichtet, ohne triftigen Grund, auch ein kleines Mädchen in Pilars Alter. Die Schuldigen waren US-Soldaten, die Diego und den schwerverletzten Pablo in Sicherheit gebracht haben. Allerdings hat Diego mit Tränen in den Augen und starr vor Angst das Massaker mit seinem Handy gefilmt. Nun will Spaniens Regierung als treuer Lakai der USA die ganze Sache vertuschen - und geht dabei über Leichen.

"Invader" ist als DVD und Blu-ray bei Senator erschienen.

"Invader" ist als DVD und Blu-ray bei Senator erschienen.

(Foto: Senator)

Pablo nimmt das Video an sich und versucht, seine Familie in Sicherheit zu bringen. Doch Baza ist schneller und so muss sich Pablo fragen: Wie weit würdest du für die Wahrheit gehen? Würdest du dafür auch das Leben deiner Familie riskieren?

Die Frage nach der Moral

Manning dürfte sich sicher ähnliche Fragen gestellt haben. Die Antwort liegt auf der Hand - sie ist bei Wikileaks hinterlegt. Auch bei "Invader" siegt die Moral, so viel sei verraten. Und gerade das macht den Film brisant und deshalb auch sehenswert. Die Story ist es, die den Film trägt. Die Action mit zahlreichen Explosionen und sehenswerten Verfolgungsjagden etwa durch die Straßen der galizischen Hafenstadt La Coruña, im äußersten Nordwesten Spaniens direkt am Atlantik gelegen.

Hinzukommt eine glasklare Optik, die immer wieder auf Großaufnahmen zurückgreift und so das Schauspiel der Hauptdarsteller in den Vordergrund rückt - etwa, wie Pablo mit sich und seinem Gewissen ringt. Ammanns schauspielerische Klasse zieht dabei in den Bann. Und auch sein großer Gegenspiele Elejalde (Baza) trumpft als Fiesling groß auf, vor allem am Ende des Films.

Ein Satz Bazas bleibt dabei im Ohr des Zuschauers hängen und hallt noch lange nach: "Diese Scheiß-Politiker sind die absolut größten Wichser von allen." Das dürften auch die Freunde und Unterstützer von Bradley Manning ohne mit der Wimper zu zucken sofort unterschreiben.

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Quelle: ntv.de

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