Die Ukraine als Arbeitsplatz Jeanette Hain wagt sich in "Die innere Zone"
31.07.2014, 12:18 Uhr
Eine große Stille und Poesie: Jeanette Hain in "Die innere Zone".
(Foto: dpa)
Jeanette Hains Karriere läuft derzeit bestens. Im September kommt die Grimme-Preisträgerin mit "Lügen und andere Wahrheiten" in die Kinos, es folgen "Winterkartoffelknödel" schließlich Til Schweigers "Honig im Kopf". Dazwischen macht sie Ungewöhnliches.
Jeanette Hain spielt an der Seite von Nikolai Kinski in dem avantgardistischen Science-Fiction-Film "Die innere Zone" des Schweizer Regisseurs Fosco Dubini. Die Handlung wurde von einem unterirdischen Atomreaktorunglück 1969 im schweizerischen Lucens inspiriert, das weithin vergessen ist. Hain spielt eine Wissenschaftlerin, die nach einem mysteriösen Störfall zu einem Tunnelprojekt gerufen wird. Marta soll drei Forscher ausfindig machen, die sich noch in dem kontaminierten Stollensystem befinden und seltsames Verhalten an den Tag legen. Doch auch sie selbst leidet nach einem Experiment an Halluzinationen und im Tunnel fällt es ihr zunehmend schwer, Realität und Wahn zu unterscheiden.
n-tv.de: Lassen Sie uns aus aktuellem Anlass mit dieser Frage beginnen: "Die innere Zone" wurde im vergangenen Jahr auch auf der Halbinsel Krim gedreht. Kurz darauf wurde das Gebiet von Russland annektiert. Welchen Eindruck haben Land und Leute auf Sie gemacht?
Jeanette Hain: Die Orte, an denen wir gedreht haben, wirkten für mich wie aus Zeit und Raum gekippt. Der Herzschlag dieser Region hatte eine große Stille und Poesie. Wir hatten während der Dreharbeiten nur mit einigen wenigen Menschen Kontakt und die waren ausgesprochen gastfreundlich, hilfsbereit und interessiert. Allerdings habe ich zu wenige Puzzlestücke dieses Landes kennengelernt, um mir ein Gesamtbild von der Ukraine machen zu können und Genaueres über die damaligen Lebensumstände der Bevölkerung sagen zu können.
"Die innere Zone" ist inhaltlich und visuell ein sehr ungewöhnlicher Film. Musste Regisseur Fosco Dubini bei Ihnen erst Überzeugungsarbeit leisten oder waren Sie umgehend von dem Projekt überzeugt?
Fosco und Donatello Dubini haben vor etwa zehn Jahren in der Schweiz, Jordanien und Usbekistan den Film "Die Reise nach Kafiristan" gedreht und mich als Annemarie Schwarzenbach besetzt. Dieser Dreh war ein Abenteuer und in dieser Zeit ist auch eine tiefe Freundschaft entstanden. Die beiden Brüder hatten immer schon eine mitreißende Art, ihre Ideen zu vermitteln, ob für Dokumentar- oder Spielfilme. Die Strukturen und die Inhalte dieser Projekte habe ich immer als einzigartig besonders und fantastisch verstrickt empfunden. Auch wenn ich kein großer Science-Fiction-Fan bin: "Die innere Zone" versprach vom ersten Moment an eine ungewöhnlich spannende Reise in das menschliche Seelenleben.
Der Film bleibt sehr abstrakt - was genau vor sich geht, wird nicht vollständig offengelegt. Haben Sie sich vom Regisseur genau über die Hintergründe aufklären lassen oder wollten Sie selbst ebenfalls in relativer Unwissenheit verharren?
Fosco Dubini, der nach dem Tod seines Bruders Donatello alleine an dem Projekt weitergearbeitet hat, hat mir über die Hintergründe des Atomreaktorunglücks 1969 im schweizerischen Lucens, von
dem ich bis dahin noch nichts gehört hatte, viel erzählt. Ebenso von den Theorien, die er gefunden und weiterentwickelt hat, wie sich dieser Unfall auf die Natur und die Menschen auswirkte. Jede Verästelung seines Gedankendickichts habe ich allerdings, ähnlich wie die Figur Marta, die ich verkörpere, nicht durchdrungen.
Für Marta verschwimmen ständig die Grenzen zwischen Realität und Halluzinationen, echten und falschen Erinnerungen. Haben Sie diese ständigen Bewusstseinswechsel vor besondere Herausforderungen gestellt?
Es hat mir schauspielerisch eine große Freude bereitet, mit Fosco eine Frau zu entwickeln, deren Grenzen, wie Sie es sehr treffend beschreiben, ständig zwischen Realität und Halluzination, echten und falschen Erinnerungen, die im Film auch als Echos bezeichnet werden, verschwimmen. Wir haben unter anderem Wochen lang in einem Versuchsstollen in der Schweiz gedreht. Diese Entdeckungsreise unter der Erde hat sich seelisch und körperlich auf eine sehr intensive Art in den Spielszenen bemerkbar gemacht.
War es da noch eine zusätzliche Belastung, dass der Film derart auf Ihren Schulter lastet? Sie sind omnipräsent, neben Marta gibt es nur vier weitere Sprechrollen.
Ich versuche mich bei jedem Film mit Haut und Haaren meiner Rolle hinzugeben, ob es zwei oder zwanzig Drehtage sind. Wie schon erwähnt hatten wir sehr besondere Drehorte und da kam es schon manchmal vor, dass man nach dem Drehtag, wenn einen der große Walfisch Berg wieder ans Tageslicht gespuckt hat, das Gefühl hatte, mit seinen Kollegen zusammen in demselben fantastischen Traum gewesen zu sein.
Sie sind derzeit ja bestens im Geschäft. Nach "Die innere Zone" kommen dieses Jahr noch drei weitere Filme mit Ihnen ins Kino.
Ich bin sehr gespannt auf diese drei Filme! Ich liebe die Schauspielerei. Sie bedeutet für mich großes Glück. Ich bin den Menschen, die mir diese herrlichen Geschichten geschenkt
haben, unendlich dankbar.
Mit Jeanette Hain sprach Nina Jerzy.
"Die innere Zone" kommt am 31. Juli in die deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de