Kino

The Kinks de Luxe Mehr als eine "Hitband"

Wer einmal Ray Davies interviewt hat, hat einen der ganz, ganz Großen des britischen Rock and Roll getroffen: Bescheidenheit, Witz, Zynismus, Heimatliebe und ein wenig Traurigkeit, dass er mit seiner Band nicht jenen Status erreicht hat wie Beatles, Rolling Stones oder Who. Obwohl es die Kinks mehr als verdient hätten. Denn: The Kinks ... sind die Kings.

Da saß er mir nun vor Jahren gegenüber, der Mann, dessen Bruder Dave im "front room" des elterlichen Hauses in der Nummer 6 der Denmark Terrace im Londoner Stadtteil Muswell Hill die Verkleidung des kleinen, grünen Gitarrenverstärkers mit einer Stricknadel der Mutter durchstochen hatte und auf diese Weise das später legendäre Riff von "You Really Got Me" so richtig schräg klingen ließ. Ausgedacht hatte es sich Ray, gespielt hat es im Original Dave, mit dem er sich vor Urzeiten überworfen hat. Schade. Ich hatte vor Ray all meine Kinks- und Ray-Davies-Solo-Tonträger ausgebreitet. Ray meinte, Mann, Du hast sie ja alle. Sicher. Jene, die damals, 2006, verfügbar waren.

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Nunmehr liegen sechs Langspielplatten der Band als Doppel-CDs in De-Luxe-Editionen vor, die das Herz der Freunde guter Musik höher schlagen lassen. Vom ersten Album mit dem unprätentiösen Titel "Kinks" aus 1964, "Kinda Kinks" und "The Kink Kontroversy", welche ein Jahr später auf den Markt kamen. Dazu "Face To Face", aus1966, "Something Else By The Kinks" aus dem Jahr darauf und "Arthur (Or The Decline And Fall Of The British Empire)", das zwei Jahre später erschien. Dazwischen fehlen ein paar LPs, danach wären noch so einige fällig. Das Album "Muswell Hillbillies" mit Oden an die eigene Herkunft jedenfalls soll im September veröffentlicht werden.

Von herzerfrischend bis historisch

Die Platten widerspiegeln trotz der – noch – fehlenden Puzzleteile die Entwicklung von einer herzerfrischend kruden Rhythm & Blues-Combo hin zu einer Truppe, welche alltägliche oder schließlich sogar historische Zusammenhänge in konzeptuelle Musikformen kleidete. Das Komische bei den Kinks ist, dass ihre Langspielplatten weniger erfolgreich waren als ihre Singles oder EPs, das waren sogenannte "extended plays" mit vier Titeln auf einer 45er Scheibe. Beispiel: Die zwei Minuten vierzehn Sekunden des unvergänglichen "You Really Got Me" waren eine Nummer 1 in den UK Charts, in den USA kletterte die Nummer auf Platz 7. Das Album "Kinks", ihr erstes aus 1964, schaffte es daheim auf Platz drei, in den Vereinigten Staaten gerade einmal auf Nummer 29. Dabei waren die anderen Tracks nicht minder gut. Eine richtige Erklärung dafür gibt es nicht. Master Ray meinte einmal, man hätte seine Band stets nur (nur?) als Hitband wahrgenommen, nicht als Macher einer Langspielplatte. Aber bestanden denn die ersten LPs von Beatles, Stones, Who, Beach Boys etc. nicht aus anderem denn aus aneinandergereihten Songs? Sei’s drum.

Ray Davies 1995 bei einem Konzert in der Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland.

Ray Davies 1995 bei einem Konzert in der Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Aber: Auch ein Konzeptalbum ist in der vorliegenden Serie erschienen. Das erste der Kinks: "Arthur (Or the Decline and Fall of the British Empire)". Aus 1969! Da waren die "Pet Sounds" der Beach Boys (1966), die "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" der Beatles (1967) und das "Ogden’s Nut Gone Flake" der Small Faces (1969) längst in die Annalen des Pop and Roll eingegangen. Manch einer meint, "Arthur" wäre der Beginn des "Goldenen Zeitalters" der Kinks. Aber, ach: Es war eher der Beginn eines – glücklicherweis’ zeitweilig – dunklen Zeitalters: Von zwölf Songs sind drei unvergesslich: "Victoria", die Hymne auf eine Queen, die das Vaterland und ein ganzes Imperium von Cornwall bis Australien zusammenhielt, "Shangri-La", ein Song, welcher die Annehmlichkeiten eines wohlverdienten Pensionärsdaseins pries und schließlich der Titelsong. Fast alles aus der Feder eines einzigen Mannes, der zu Recht als Pop-Chronist des Alltagslebens der Engländer und ihrer Geschichte gilt.

Der King moderiert die Kinks

Der Kick der De-Luxe-Editionen sind die Songs, die nicht auf den Originalausgaben vorhanden waren. EPs wie "Kinks Kinksize" oder "Dedicated Kinks" sind den jeweils in Mono und Stereo reeditierten Alben angehängt. Dazu kommen sämtliche Singles samt B-Seiten aus den fraglichen Jahren, Alternativversionen und Mitschnitte von Auftritten in der legendären BBC-TV-Serie "Top Of The Pops", in denen der der einstige King der Moderatoren Alan Freeman die Ansagen – so sagte man damals – macht. Der King moderiert die Kinks, die eigentlich die Kings der "British Invasion" sind. A must have. Oder sagt man besser: Ein Muss-Hab?

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Quelle: ntv.de

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