Musik

Pop und Pein Ingrid Michaelsons Leben danach

Darf's ein bisschen was anderes sein?

Darf's ein bisschen was anderes sein?

Hätte Ingrid Michaelson keine Karriere als Sängerin und Songschreiberin angestrebt, wäre aus der New Yorkerin fraglos auch eine mehr als passable Komödiantin geworden. Immer wieder lockert die 34-Jährige, die in Nordamerika vor sieben Jahren mit der prominent in der TV-Arztserie "Grey's Anatomy" platzierten Mädchenhymne "The Way I am" bekannt wurde, ihre Show in einer Friedhofskapelle mitten in Hollywood mit lustigen Sprachbeiträgen auf. Höhepunkt: ihre Schilderung, wie sie einmal bei einer Preisverleihung neben den Clintons saß, reichlich angeheitert war und Hillary volltextete. "Lights Out" nun aber, Michaelsons fünftes Album, ist eine vergleichsweise ernste Angelegenheit, deshalb auch die Wahl des außergewöhnlichen Auftrittsortes.

n-tv.de: Ingrid, wie morbide bist du?

Hat das Schlimmste hinter sich: Ingrid Michaelson.

Hat das Schlimmste hinter sich: Ingrid Michaelson.

Ingrid Michaelson: Eigentlich gar nicht so sehr. Es ging mir mehr um die Atmosphäre, ursprünglich wollte ich meine gesamte zweimonatige Nordamerikatour in Kirchen spielen, das war dann aber zu teuer und auch organisatorisch ein Alptraum. Zugleich ist es so, dass Leben und Tod die wesentlichen Themen des Albums sind, deshalb passt das mit den Friedhöfen schon sehr gut.

"Afterlife" heißt deine Single, was ja nichts anderes ist als eine positivere Umschreibung von "Tod".

Ja, das ist wahr. Die Kernidee des Songs ist: Du bist an einem dunklen Ort, die bösen Geister jagen dich, in deiner Verzweiflung siehst du ein Leuchten und folgst dem Licht aus der Düsternis. Wahrscheinlich ist "Afterlife" eines der fröhlichsten Todeslieder aller Zeiten. In den Konzerten singe ich es immer ganz zum Schluss, und die Leute verlassen die Show laut singend und euphorisch.

Warum hast du dich überhaupt mit dem Tod auseinandergesetzt?

Im vergangenen Jahr, als ich die Lieder schrieb, ging es mir beschissen. Ich hatte es am Magen, der Hals war chronisch entzündet, was für eine Sängerin ein Desaster ist, ich war richtig am Boden. Außerdem erkrankten meine Eltern beide schwer und unser Hund starb. Ich war total hilflos, umhüllt von mentaler Pein und körperlichem Schmerz.

Wie geht es jetzt?

Bei mir ist alles wieder in Ordnung, die Eltern sind nicht gesund, aber haben ihre Leiden soweit im Griff und wir haben einen neuen Hund, Joe.

Du singst mit deinem Mann Greg Laswell, der ebenfalls Musiker ist, das schöne Duett "Wonderful Unknown". Handelt der Song von euch als Paar?

So halb. Das Lied dreht sich um ein Paar, das sich in der Jugend kennenlernt und im Alter noch zusammen ist. Greg und ich haben uns erst in den Zwanzigern kennengelernt und vor drei Jahren geheiratet, als wir um die 30 waren. Ich wollte, dass er da mitsingt, weil ich die Idee süß finde, den gesamten Lebensweg miteinander zu gehen. Ich glaube auch, dass das geht. Meine Eltern zum Beispiel, die sind immer noch glücklich zusammen.

Täuscht eigentlich der Eindruck, dass "Lights Out" ein für deine Verhältnisse sehr poppiges Album ist?

Sie glaubt an die ewige Liebe.

Sie glaubt an die ewige Liebe.

Teil, teils. Es gibt ein paar echt schräge Songs, aber es gibt auch ein paar echt eingängige kleine Hymnen. Ich habe zum ersten Mal mit verschiedenen Songwritern und gleich sechs Produzenten gearbeitet. Ich wollte mich öffnen, und das ist dabei herausgekommen. Ich bin der Ansicht, dass die Grenzen zwischen Mainstream-Pop und Alternative-Pop verwischen. Beyoncé hat ein echt anspruchsv olles Werk veröffentlicht, während meine sogenannten Indiepop-Freundinnen Tegan and Sara jetzt wunderbaren Synthie-Pop machen.

"Girls chase Boys" ist ein fröhliches Lied darüber, dass es egal ist, ob man Frau, Mann oder beide liebt. Mich hat der Song musikalisch wie textlich an "Girls & Boys" von Blur erinnert. War das Absicht?

Verdammt, du hast mich ertappt. Nein, Absicht war das nicht. Der Blur-Song kam raus, als ich ein Teenager war, er ist wohl irgendwo in meiner hinteren Hirnhälfte hängengeblieben und hat "Girls chase Boys" versehentlich inspiriert. Ihr Europäer merkt auch einfach alles (lacht).

Mit Ingrid Michaelson sprach Steffen Rüth

Das Album "Lights Out" ist seit dem 13.Juni erhältlich - hier bei Amazon bestellen

Quelle: ntv.de

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