Keine Zeit zu verplempern Kim Wildes Balanceakt
30.03.2018, 18:56 Uhr
Kim Wilde braucht Balance in ihrem Leben.
Mit Kim Wilde kann man sich unterhalten, als würde man mit einer alten Freundin im Pub sitzen. Sie redet gern über das Alter, Männer, Essen und Yoga, aber natürlich auch über ihr neues Album. Und besonders gerne auch über außerirdisches Leben.
Na klar, wir könnten jetzt damit anfangen, dass Kim Wilde ein Ufo gesehen hat. Und es würde sie nicht einmal stören, denn sie redet ja darüber. Sogar ganz gerne. Aber hier soll es ja in erster Linie darum gehen, dass diese gestandene Achtziger-Ikone ein neues Album rausgebracht hat, das "Here Come The Aliens" heißt. Und somit schließt sich der Kreis natürlich, wir können doch gleich über die Ufo-Sache sprechen. Aber nicht, ohne vorher erwähnt zu haben, dass Kim Wilde bereits die deutschen Album-Charts erobert hat: Das von ihrem Bruder Ricky Wilde produzierte Album steigt auf Platz 11 in die deutschen Charts ein, in der Schweiz entert Wilde die Top 10. Und zum ersten Mal nach über 25 Jahren platziert die Blondine wieder ein Album in den UK Album Charts. Kein Wunder eigentlich, denn mit "Here Come The Aliens" kombiniert Kim Pop und Rock und setzt einen weiteren Meilenstein in ihrer aufregenden Karriere.
Ja, sie hat sich in den letzten Jahren viel mit Pflanzen beschäftigt, Kinder großgezogen und auf sich aufgepasst. Sie ist nicht unbedingt eine Gesundheits- oder Fitnessfanatikerin, vor allem ist sie keine Bekehrerin. Die wilden Zeiten hat sie hinter sich gelassen, um das Leben einer mehr oder weniger normalen Hausfrau zu leben. Wie bitte? "Doch, du würdest mich ja nicht erkennen, wenn ich einfach so auf die Straße gehe", erzählt sie im Interview mit n-tv.de. "Es dauert drei Stunden, ehe Kim Wilde aussieht wie Kim Wilde." Das ist ein ganz kleines bisschen "fishing for compliments", aber ihr auch ansonsten sehr trockener britischer Humor unterstreicht glaubhaft, dass man es hier weder mit einer Tussi zu tun hat noch mit einer Frau, die in irgendeiner Form mit ihrem Alter oder ihrer Kunst hadert. Kim Wilde wirkt wie eine, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht und die genau weiß, was sie tut. Und was sie getan hat.
57 Jahre hat sie bereits auf dem nicht vorhandenen Buckel, sie strahlt Freude und Vitalität aus, sie lässt ihre Kinder, "denen ich nur ganz ganz selten wirklich peinlich bin, meinem Sohn mehr als meiner Tochter, die tauscht sogar ihre Klamotten mit mir", gerade in die Welt hinaus und sie begeistert sich noch immer für sehr kurze Röcke, sehr blonde Haare und redet überaus gerne über "das Alter": "Ich will ganz einfach immer nur noch das Beste von allem. Das beste Essen, den besten Drink, den besten Tag, die beste Nacht, das beste Album, das ich machen kann. Es reicht mir ehrlich gesagt nicht mehr, wenn die Dinge so 'okay' sind, sie müssen schon unglaublich großartig sein. " Sie lacht. "Das klappt natürlich nicht jeden Tag, aber ich strebe danach. Denn eines ist mir klar geworden: ich habe keine Zeit zu verplempern."
Kim und die Männer
Sie spricht recht nasal - sie ist ein bisschen erkältet und trinkt deswegen literweise Ingwertee. "Ich glaube, ich habe mir beim Hot Yoga etwas eingefangen. In der Hitze fliegen ja eine Menge Bakterien herum", sagt sie lachend und nippt an ihrem Heißgetränk. "Aber ich brauche das, um mich fit zu halten. Yoga ist gut für den Kopf und für den Körper", resümiert sie. "Wenn man älter wird, dann muss man in beides investieren." Das scheint ihr gut zu gelingen - selten sitzt man einem derart reflektierten Künstler gegenüber. Vor allem, wenn dieser Künstler gern mal als Bravo-Starschnitt über den Betten von Millionen Jugendlichen hing. "Those were the days", lacht sie, "aber ich vermisse das gar nicht. Ich bin jemand, der sich im Jetzt wohlfühlt."
Ihre Hits wie "Kids In America", "Cambodia"oder "Keep Me Hangin' On" könnten die Mittfünfziger von heute auch auswendig daherbeten, wenn man sie zu nachtschlafender Zeit antippen und auffordern würde: "Sing! Jetzt!" Die damalige Pop-Prinzessin allerdings hob nach all den Erfolgen nicht ab. "Mir ging das ehrlich gesagt alles viel zu schnell damals", erzählt sie. "Von null auf hundert." Und als der Trubel allzugroß werden sollte, begab sie sich für ein paar Jahre ins Private: Sie heiratete, bekam zwei Kinder, entwickelte sich zu einer extrem beliebten und anerkannten TV-Gärtnerin und feierte erst 2006 in Deutschland und den Niederlanden ein Comeback.
Immer an ihrer Seite: Bruder Ricky. Mit ihm textete sie auch die neuen Songs. Ricky ist aber nicht der einzige Mann in ihrem Leben, der eine große Rolle spielt. Auch ihr Ehemann ist seit Jahrzehnten an ihrer Seite. Über Ricky sagt sie: "Wir können uns blind aufeinander verlassen, wir sind aufgewachsen wie Zwillinge, mit einem geringen Altersabstand. Mit der gleichen Passion für Musik. Manchmal müssen wir uns nur angucken und alles ist klar. Ohne ihn wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin." War er nie eifersüchtig? "Auf meinen Erfolg? Niemals, er hat sich immer für mich gefreut und er wollte nie in den Vordergrund. Aber das ist ja genauso sein Erfolg. Auf der Tour ist er bei mir, er spielt Gitarre. Und das Beste ist: Wir können uns immer zum Lachen bringen."
Warum nun das neue Album zum jetzigen Zeitpunkt, was hat sie angetrieben? "Ich brauche die Balance. Ich zünde nie ein Kerze an, sondern zwei. Ich habe Symmetrie im Garten, und nun dachte ich, gegen Ende meiner Karriere (sie lächelt) wäre es an der Zeit, an die alten Erfolge anzuschließen. Fehler habe ich übrigens genug gemacht, ich würde jetzt gerne umsetzen, was ich über die Jahre gelernt habe." Sie genießt ihr Leben, das ist eindeutig: "Ich fühle mich wohl in meiner Haut. In meinen Zwanzigern habe ich mir über alles und jeden Sorgen gemacht, jetzt kann ich viel besser genießen. Natürlich habe ich auch Gegenwind, aber ich kann damit besser umgehen." Und wie schafft sie die Balance zwischen Pop-Mama und Ehefrau, zwischen Geliebter und Kumpel? Kim Wilde wirkt nämlich so, als hätte sie den Schlüssel zum Tor für ein ausgeglichenes, glückliches Leben gefunden. "Ich bin total geerdet, durch das Gärtnern, die Kinder, dadurch, dass mein schönstes Hobby mein Beruf ist", strahlt sie. "Ich war und bin natürlich nicht perfekt, vor allem nicht als Mutter, aber ich glaube, dass ich alles ganz gut hingekriegt habe. Meine Kinder werden das eines Tages auch so sehen." Sie lacht.
Wie wichtig ist ihr Schönheit? "Ich bin ein lucky girl: Ich habe die gute Haut meiner Großmutter geerbt. Das hilft in diesem Business (lacht). Ich habe vor Langem aufgehört, zu rauchen. Und ich trinke momentan gar keinen Alkohol, das tut mir wirklich gut. Und ich hätte nie gedacht, dass ich das je sagen würde, denn ich habe Champagner geliebt."
Und jetzt soll die Klammer sich aber schließen - wir kommen zurück zu den Ufos: "Ich bin fasziniert von diesen Geschichten, das gebe ich zu, schon immer. Aber ich habe sie wirklich erlebt. Ganz ehrlich, so wie es auf meinem Cover aussieht, ist es natürlich nicht, ich will nicht entführt werden (lacht). Auch wenn ich glaube, dass schon viele entführt wurden. Aber diese Erscheinung war echt, es stand in den Zeitungen, viele andere haben es auch gesehen, und ich war da mit Freunden und meinem Mann. Und jetzt werden alle sagen, ja, die Kim hatte ein paar Gläser Pinot Grigio zu viel intus, aber das war so nicht." Kim Wilde in der Nähe von London von Aliens entführt? Das kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen - und dennoch sagt sie, und man will ihr unbedingt glauben: "Ich hatte keine Angst. Wir haben uns nur gewundert, was dieses irre Helle da am Himmel ist, es war riesig." Und um es nochmal zu bekräftigen: "Ich war mit meinem extrem fiebrigen Sohn an diesem Tag im Krankenhaus gewesen, damals herrschte die Schweinegrippe und wir waren sehr besorgt. Ich hatte auf keinen Fall getrunken! Aber das Ding bewegte sich, sehr schnell, und ein zweites Teil tauchte auf, kleiner." Könnte es sein, dass man uns beobachtet? "Ja, warum nicht? Und zum Glück gibt es Videos davon und Fotos, denn meine eigenen Kinder haben mir anfangs nicht geglaubt. Aber ich bin überzeugt davon, dass da draußen eine Menge abgeht."
Jetzt geht erstmal eine Menge ab bei Kim Wilde, und zwar hier auf der Erde. Sie geht auf Tour, ihre neuen Songs verarbeiten das Thema "Aliens", es sind ausgewogene zwölf Pop-Stücke, darunter so tanzbare wie "Pop Don't Stop" und "Kandy Krush", aber auch sensiblere Stücke. Anyway - let's face it: das Sahnhäubchen auf der Tour wird sein, wenn Mrs. Wilde ihre alten Kracher spielt. "Das mache ich gerne, wirklich, ich liebe diese Songs. Sie haben mich zu der gemacht, die ich bin."
Mit Kim Wilde sprach Sabine Oelmann
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Here Come The Aliens – Tour 2018
02.10.2018 DE – München, Muffathalle
03.10.2018 CH – Zürich, Volkshaus Zürich
04.10.2018 DE – Mannheim, Capitol
06.10.2018 DE – Köln, Live Music Hall
07.10.2018 DE – Bremen, Pier 2
08.10.2018 DE – Bochum, Zeche
09.10.2018 DE – Hamburg, Große Freiheit 36
11.10.2018 DE – Schwalmstadt, Festhalle
12.10.2018 DE – Hannover, Capitol
13.10.2018 DE – Berlin, Huxleys Neue Welt
15.10.2018 DE - Frankfurt/Main, Batschkapp
16.10.2018 DE – Stuttgart, Theaterhaus
17.10.2018 DE – Nürnberg, Hirsch
19.10.2018 AT – Wien, Ottakringer Brauerei
Quelle: ntv.de