Muss man gehört haben Noel Gallagher und ein Beutel voller Effekte
24.02.2015, 18:48 Uhr
Im März live in Deutschland: Noel Gallagher.
(Foto: dpa)
Die Karrieren der zerstrittenen Britpop-Brüder aus Manchester könnten kaum unterschiedlicher verlaufen. Während Liam Gallagher gerade seine Band Beady Eye aufgelöst hat und Däumchen dreht, kommt Noel mit einem neuen Album von Format um die Ecke.
Die schlechte Nachricht für Nostalgiker zuerst: Eine Oasis-Reunion wird mit dieser Platte eher nicht wahrscheinlicher. Der Titel "Chasing Yesterday" mag da trügerisch daherkommen, aber ganz abgesehen davon, dass Nachbar Paul Weller, von Haus aus kein Freund von musikalischen Wiedervereinigungen, ihm "die Fensterscheiben einschmeißen würde, hat Noel hier, so scheint's, endgültig seinen Groove als Solist gefunden.
Und hat bei dezenter, nun ja, nennen wie er es "Weiterentwicklung", so viele Trademarks seiner einstigen Band im Köcher, dass das Original eh kaum noch einer braucht.
Bei sich selbst geklaut

Es waren einmal zwei Brüder, die machten Musik: Liam (l) und Noel auf einer Pressekonferenz 1999.
(Foto: dpa)
Mit "Lock all the Doors" etwa hat Gallagher direkt in die Kiste mit den alten Oasis-Demos gegriffen. Aus dem Jahre 1992 stammt das Original, jetzt hat der Mann aus Manchester den Song rundgemacht. Die Strophe klaut er bei sich selbst ("Morning Glory"), der Chorus macht auf mit einem dieser typischen Bögen zum Faust-in-den-Himmel-recken und Luftgitarre spielen, das Solo gniedelt formidabel zwischen Neil Young und Tom Petty nach einer Fish&Chips-Diät. Für solch schmissiges Zeug hat man Oasis einst geliebt. Und natürlich auch für diese Balladen, diese Midtempo-Schunkler, die niemand sonst derart passgenau auf der Nahtstelle zwischen Kitsch und Kunst hinbekam.
Und auch diese Kunstform feiert hier fröhliche Urständ. "The Dying of the Light" etwa ist eines jener formidablen Mini-Dramen zwischen Lagerfeuer und Stadionrang, die Single "Ballad of the Mighty I" vereint Gallagher dazu mit einer weiteren Legende made in Manchester, mit dem einzigartigen Johnny Marr. "Ich wollte ihm den Rohmix schicken, aber er lehnte das ab", erzählt Gallagher. "Er wollte es nicht vorher hören, sondern erst im Studio unmittelbar darauf reagieren." Marr kam, hörte und lieferte ab. "Er tauchte mit zwei Gitarren und einem Beutel voller Effektgeräte auf. Und ehrlich, es war unglaublich. Er ist irgendwo da oben, über uns allen," kommt Gallagher kaum aus dem Schwärmen heraus.
Klauen ist zitieren
In der Tat bildet der Song einen ziemlichen runden Abschluss dieser Platte. Dass Gallagher sich auch hier deutlich zitiert, und praktisch eine Neuauflage von "AKA What a Life", lediglich ohne brauchbaren Refrain, zusammengebaut hat? So f***in' what. Was andere immer schon "klauen" nannten, hieß im Hause der Gallaghers von je her "zitieren", ob nun bei den Beatles oder eben sich selbst.
Und die Oasis-Reunion? Die einstigen Intimfeinde von Blur haben gerade in einer Pressekonferenz mit viel Bohei ein neues Album angekündigt. Genügend Reibung, nicht nur zwischen den Brüdern, sondern auch extern wäre also vorhanden. Das Timing könnte kaum besser sein.
Einen Preis hat Noel in einem Interview auch gerade genannt und der hat es in sich: 500 Millionen Pfund müssten locker gemacht werden, damit Noel sich noch einmal mit Bruderherz auf die Bühne stellt. Bis das soweit ist, bieten die High Flying Birds einen exquisiten Ersatz.
Im März kommen "Noel Gallagher’s High Flying Birds" für zwei Konzerte nach Deutschland:
16. März Max-Schmeling-Halle - Berlin
19. März Mitsubishi Electric Halle - Düsseldorf
Quelle: ntv.de