Rock of Ages Musical-Satire mit Tom Cruise
14.06.2012, 11:27 Uhr
Der Star und die Reporterin (Malin Akerman) des "Rolling Stone" kommen sich näher.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Er wurde zerrissen, bevor der Film startete - aber das schert den fast Fünfzigjährigen schon lange nicht mehr: Wenn es aber um seine Kinder ginge, dann würde er einschreiten. Die allerdings können sich ihren alten Vater jetzt in einer Rolle angucken, wie wir den Strahlemann Cruise sonst gar nicht kennen: als zerrütteten Rock-Star mit begnadeten Bauchmuskeln.
Eine Frau - eine sexy Frau - fasst ihm an den Hosenbund, eine andere haucht in sein Ohr, er guckt lasziv aus geschminkten Augen und seine Pistolen-Tattoos sind auf diesen Punkt in der Mitte seines Körpers gerichtet, der die beiden Frauen am meisten zu interessieren scheint.
Was haben sie ihn vorher zerrissen: Ob er noch ganz sauber sei, sich in seinem Alter "oben ohne", mit Sixpack und waghalsigen Tattoos auf dem Cover einer Zeitschrift abbilden zu lassen? Ob es denn sein müsse, dass ausgerechnet Tom Cruise diese Rolle spielt? Ob er denn überhaupt singen könne ... und so weiter. Dabei haben sich in der Verfilmung des Musicals "Rock of Ages" von Regisseur Adam Shankman noch ein paar mehr Figuren am Set versammelt, die man nicht unbedingt dort vermuten würde.
Neben Tom Cruise brillieren außerdem noch Catherine Zeta-Jones (die immerhin schon einen Oscar für ihre Darstellung eines glamourösen Show-Girls im Musical "Chicago" bekommen hat) und Alec Baldwin in einer für ihn nicht unbedingt typischen Rolle. Überhaupt - die Besetzung ist ein Hit, wie auch die Musik, die von Def Leppard, Poison, Twisted Sister über Whitesnake, Foreigner bis zu Joan Jett reicht. Und es wird viel gesungen. Zum Beispiel eben auch von Tom Cruise: Wenn er "I Want To Know What Love Is" anstimmt, weiß man zwar nicht, ob man weinen oder lachen soll, aber man muss ihn bewundern für seinen Mut zur Lächerlichkeit.
Denn wie er sich da auf der Bühne windet, stets betrunken und vollgedröhnt, auf dem besten Weg zu einer Iggy-Pop-Persiflage, hat viel Komisches: Mit schwarz lackierten Fingernägeln à la Seal, Pelzjacke und einer langen Mähne, seinem - man kann es nicht anders sagen - ständig zwischen Geilheit und Selbstmitleid schwankenden Blick, dem kleinen, fiesen Affen in Uniform an seiner Seite, der ihm wahlweise den nächsten Whisky reicht oder unliebsame Besucher mit Gegenständen bewirft - das hat was!
Cruise in der Rolle des Stacee Jaxx, umringt von halbnackten Groupies, beweist Mut zur Selbstironie, und seine gestelzten Posen kommen wirklich überraschend gut. Muskulös und durchtrainiert, so kennt man den ihn - aber so völlig neben sich? Das ist neu bei Mr. Perfect, und er scheint hier tatsächlich über den Dingen zu schweben.
Basierend auf dem gleichnamigen Broadway-Musical erzählt Shankman ("Hairspray") die Story von der süßen Sherrie und dem nicht minder reizenden Drew, die ihr Glück suchen im Los Angeles der 1980er Jahre. Sherrie wird von Country-Sängerin Julianne Hough ("Burlesque") gespielt und Filmdebütant Diego Boneta gibt den smarten Drew, dem eine große Karriere bevor steht. Allerdings - wie üblich in einem Musical - erst, nachdem er so einige Klippen des Lebens umschifft hat. In bester "Footloose"-Manier, manchmal an "Streets Of Fire" erinnernd und im Grunde eine "Romeo & Julia"-Geschichte mit Happy End, bleibt "Rock Of Ages" sicherlich ein wenig oberflächlich - aber hey, so waren sie doch, die Achtziger.
Ich will nur euer Bestes
Großartig sind Alec Baldwin ("Departed"), Paul Giamatti ("Sideways") und Russell Brand, den wir vorwiegend als Ex-Mann von Katy Perry kennen, der in diesem Fall aber zusammen mit Baldwin ein hübsches Paar abgibt. Überzeugend ist die selbstironische Art von Alec Baldwin. Als abgehalfterter Barbesitzer changiert er zwischen einer Karikatur und einer bemitleidenswerten Figur. Giamatti ist ein mit allen Wassern gewaschener Musik-Agent, der nur das Beste seiner Schützlinge im Sinn hat: das mit ihnen zu verdienende Geld. Schmierig sorgt er für Auftritte, Geld und Drogen. Und auch für Frauen.
Die Handlung ist schnell erzählt, schließlich geht es hauptsächlich um die Musik: Sherrie ist das, was man in den USA ein small town girl und bei uns ein Mädchen vom Lande nennen würde, nur eben sehr sexy (wenn man auf super blond und super süß mit super süßlicher Stimme steht). Aus einer Kleinstadt in Oklahoma zieht es die hübsche, bei ihrer Großmutter aufgewachsene Möchtegern-Sängerin ins glamouröse Los Angeles, wo sie endlich auf die Bühne will. Am Sunset Strip trifft sie Drew, der in einer Bar ackert und gern Rockstar wäre. Er besorgt ihr einen Job im "Bourbon Room". Dort hat Club-Chef Dennis (Baldwin) gerade alle Hände voll zu tun: Angekündigt ist das letzte Konzert der Band "Arsenal" mit Frontmann Stacee Jaxx , das seinen maroden Laden nochmal vor dem finalen Todesstoß retten soll.
Während viele in Hollywood diesem Ereignis entgegenfiebern, formiert sich aber auch Widerstand: Patricia Whitmore (Zeta-Jones), die Frau des bigotten Bürgermeisters, scharrt besorgte Mütter und andere Spießerfrauen mit Haarreifen und Schulterpolstern um sich, die dem unsittlichen Treiben der Hardrocker ein Ende bereiten wollen. Zeta-Jones spielt diese Rolle tatsächlich mit Verve, meist trägt sie ein biederes, aber knallrotes Kostüm, und wenn sie die Beine in die Luft schmeißt und voller Inbrunst durch die Kirche tanzt, dann merken wir doch bei all ihren Aktionen: Sie hat noch eine Rechnung zu begleichen mit Stacee Jaxx, diesem unwiderstehlichen Womanizer.
Eine gute Zeit
Gleichzeitig müssen wir mit sorgenvoller Miene dabei zusehen, wie das Glück des jungen Paares an den unerbittlichen Umständen des Showgeschäfts zu zerbrechen droht. Doch da selbst für den kaputten Star Stacee Jaxx noch Hoffnung am Horizont zu lodern scheint, die Boy-Band-Musik als das betrachtet werden darf, was sie ist, nämlich eher eine Randnotiz in der Geschichte der musikalischen Unterhaltungsindustrie und der Untertitel des Films "Nothin' but a good time" verspricht , fassen wir mal zusammen: Eine Story mit Musik, Darsteller in skurrilen Kostümen in schlimmsten Neon-Farben und mit üblen Frisuren kann durchaus funktionieren und zu guter Laune führen - wenn man sich drauf einlässt.
"Rock Of Ages" startet am 14. Juni in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de, soe