B-Movie? Komödie? Oder ..? Mit Bond im Spagat: Cowboys & Aliens
24.08.2011, 09:13 Uhr
Trio Infernale: Olivia Wilde, Daniel Craig und Harrison Ford in "Cowboys & Aliens".
(Foto: Paramount Pictures Germany)
"Ich habe ein Luxusproblem", bekennt James-Bond-Darsteller Daniel Craig im Interview mit n-tv.de. Und er meint damit nicht seinen neuen Film. Auch wenn der Titel "Cowboys & Aliens" das dem gesunden Menschenverstand nahelegen könnte.
In der Musik würde man das wohl als Mashup, Bastard Pop oder Crossover bezeichnen: die Kombination altbekannter Inhalte beziehungsweise die Verbindung mehrerer Stile quer über alle Genre-Grenzen hinweg. Denn: Nichts anderes passiert, wie der Titel schon erahnen lässt, bei "Cowboys & Aliens". Der Streifen bringt zusammen, was nach allen bekannten Regeln der Kunst eigentlich nicht zusammengehört. Er ist Western und Science-Fiction-Film in einem. Er ist "Star Wars", "Indiana Jones", "Alien" und "Für eine Handvoll Dollar" zugleich. Und, dank Daniel Craig in der Hauptrolle, auch noch ein wenig James Bond. Nur dass Craig im Wilden Westen selbstredend Whisky trinkt und keinen Wodka Martini.
Dass ein solch cineastischer Stile-Mix durchaus seine Risiken birgt, war allen Beteiligten bewusst. Cowboys & Aliens? "Das klingt erst einmal wie ein B-Movie oder eine Komödie", räumt Regisseur Jon Favreau im Gespräch mit n-tv.de unumwunden ein. "Die Leute sind verwundert. Oder abgestoßen. Oder aber, es macht sie neugierig", fügt der 44-Jährige hinzu, der in Hollywood auch als Autor und Schauspieler bekannt ist, sich aber zuletzt vor allem durch seine Regie-Arbeit bei den beiden Comic-Verfilmungen von "Iron Man" einen Namen gemacht hat.
"Da ist irgendetwas falsch"
Warum sollte es Daniel Craig oder Harrison Ford anders gehen als Lieschen Müller? "Ich habe etwa 30 Seiten gelesen und dachte mir: Oh, da ist irgendetwas falsch", beschreibt der ewige "Han Solo" und "Indy" Ford die Situation, als er das Script zu dem Film das erste Mal in Händen hielt. "Aber das lag daran, dass ich durch den Titel voreingenommen war. Ich dachte, das wäre irgendeine alberne Sache. Aber das war es nicht." Und so ließ sich Ford ebenso von dem Projekt überzeugen wie Craig, für den nach eigenem Bekunden ein Traum in Erfüllung ging. "Nicht nur der, einen Western zu drehen", sagt Craig, "sondern auch der, mit Harrison zu drehen, von dem ich ein großer Fan war und bin." Dass an ihm irgendwie das James-Bond-Image haftet, auch wenn er mit Hut und Cowboystiefeln über die Leinwand reitet, bereitet dem Briten keine Sorgen: "Ich habe ein Luxusproblem. Als ich mich auf Bond einließ, war mir klar, dass das einen Einfluss darauf haben würde, was ich sonst noch mache."

Freund oder Feind? Woodrow Dolarhyde (Harrison Ford) und Jake Lonergan (Daniel Craig).
(Foto: Timothy White / Paramount Pictures Germany)
Das Wichtigste, damit der Film trotz des auf den ersten Blick abstrusen Brückenschlags zwischen Rinderzüchtern und Außerirdischen funktionieren kann, war für Craig, diesen "straight" zu inszenieren. So sei der Streifen zuvorderst ein Western. Daher habe man entgegen allen Trends den Film auch nicht in 3D gedreht, ergänzt Regisseur Favreau. "Bei 3D geht es um die Technik, nicht um die Menschen. In diesem Film musste es aber um die Menschen und den klassischen anamorphen Look gehen", ist er überzeugt. Zwar habe er grundsätzlich ganz und gar nichts gegen die neue Technologie und wolle bei anderen Stoffen in Zukunft auch mit ihr arbeiten, aber bei "Cowboys & Aliens" hätte 3D den Film seiner Ansicht nach ruiniert. "Ich glaube, man hätte dann nicht das Gefühl gehabt, einen Western zu sehen", sagt Favreau.
Kein Softie
Tatsächlich ist die gelungene Adaption der Western-Ästhetik alter Revolverhelden-Schinken der größte Trumpf des Streifens. Und seine Darsteller, allen voran Daniel Craig. Beides kommt bereits in der Eingangssequenz zur Geltung. Die Kamera fängt in bester Sergio-Leone-Manier ein Wüsten-Panorama ein. Schließlich landet sie auf Craig, der dort ausgemergelt und verletzt, verdreckt und ohne Schuhe im Staub liegt. Hätte er nicht so eine seltsame und futuristisch anmutende Metall-Manschette um den Arm - nichts würde darauf hindeuten, dass dieser Film etwas anderes als ein astreiner Western sein könnte.

Ein Raumschiff in der Westernstadt - wo gibt's denn sowas?
(Foto: Zade Rosenthal / Paramount Pictures Germany)
Die Art und Weise, wie er zu Schuhen, einem Hut und einem Revolver kommt, stellt gleich von Anfang an mal eines klipp und klar: Der Mann in der Wüste ist alles andere als ein Softie. Doch ansonsten wissen weder er selbst noch die Zuschauer etwas über seine Identität. Erst später im Film bekommt er einen Namen: Jake Lonergan. Und er bekommt Ärger - mit dem Sheriff ebenso wie mit dem zwielichtigen Viehbaron Woodrow Dolarhyde (Harrison Ford). Mal ganz abgesehen von der undurchschaubaren Ella (Olivia Wilde), die über ihn mehr zu wissen scheint als er selbst.
Doch schon bald müssen sie alle erfahren, dass ihre Probleme untereinander nur allzu irdisch sind - die eigentliche Bedrohung, mit der sie zu kämpfen haben, ist nicht von dieser Welt. Lonergan gewinnt nach und nach nicht nur die Erinnerung an sein früheres Leben zurück, sondern kommt auch dem Geheimnis der Manschette um seinen Arm auf die Schliche. Jetzt gilt es, den außerirdischen Feind zurückzuschlagen. Und zwar alle gemeinsam, oder ..?
Ein schmaler Grat
Ein Western-Urgestein wie John Wayne dreht sich bei "Cowboys & Aliens" womöglich in seinem Grab herum. Doch Clint Eastwood mag in einem schwachen Moment vielleicht durchaus zugeben, dass Craig ein ganz passabler Epigone ist. Der Brite hat sich für die Rolle des Jake Lonergan ordentlich heruntergehungert. "Einfach, weil ich dachte, die Menschen um 1870 hatten nicht die beste Ernährung. Die Cowboys, die ich kenne, sind alle drahtig, dünn und stark", erklärt er zur Begründung. Und nebenbei hatte er offenbar auch noch Zeit, sich um seinen weiblichen Counterpart zu kümmern. "Daniel hat mir beigebracht, wie man mit einem Gewehr umgeht. Das von James Bond zu lernen, war echt cool", schwärmt jedenfalls Olivia Wilde.

Rätselhaft und verführerisch: Ella (Olivia Wilde).
(Foto: Zade Rosenthal / Paramount Pictures Germany)
Vor allem jedoch glänzt Craig durch seine schauspielerische Leistung, die belegt, dass er mittlerweile wirklich zu den Top-Darstellern Hollywoods zu zählen ist. Der 43-Jährige meistert den schmalen Grat zwischen skrupellosem Bösewicht und draufgängerischer Heldengestalt so gut, dass er im Lauf des Films tatsächlich zusehends die Gedanken an Bond vertreibt, Harrison Ford beinahe so alt aussehen lässt, wie er ist, und der Story gehörig auf die Sprünge verhilft.
Grüße von Old Shatterhand
Denn die ist natürlich schon ein wenig verquast. Und das trotz oder gerade wegen Steven Spielberg. Der Altmeister scheint in jüngster Zeit seiner Vorliebe für Außerirdische wieder verstärkt zu frönen. So ist "Cowboys & Aliens" nach "Super 8" der zweite Film binnen weniger Wochen im Kino, in dem es um eine extraterrestrische Bedrohung geht und bei dem Spielberg zum Produzententeam gehörte. Beinahe könnte man meinen, Einzelteile des Aliens aus "Super 8" seien dem Recycling-Kreislauf zugeführt worden und feierten nun in "Cowboys & Aliens" ihre Wiederauferstehung. So ähnlich sind sich die Monstergestalten in beiden Streifen.

"Cowboys & Aliens" läuft ab 25. August 2011 in den deutschen Kinos.
(Foto: Zade Rosenthal / Paramount Pictures Germany)
Statt "Fünf Freunde"-Charme wie "Super 8" liefert "Cowboys & Aliens" Wildwest-Flair. Großes Popcorn-Kino ist das allemal, und der Genre-Spagat gelingt besser, als der Titel befürchten lässt. Doch es ist wie in der Musik. Meist ist das Original besser als der Remix. Und so hätten Favreau und sein Ensemble wohl auch ohne das ganze Alien-Tamtam die scheinbar ausgetrampelten Western-Pfade neu planieren können. Doch davor schreckt man in Hollywood in diesen Tagen offenbar zurück. Ausnahmen wie "True Grit" von den Coen-Brüdern bestätigen die Regel. Schade eigentlich, denn Craig gäbe sicher auch einen schnieken Old Shatterhand ab. Auch wenn er, auf die deutschen Karl-May-Verfilmungen angesprochen, offenbart: "Es gibt deutsche Western? Nein, das wusste ich nicht."
Quelle: ntv.de