Kino

Die Glücklichen starben "The Divide": Im Bunker lauert der Tod

Mit Pauken und Trompeten geht die Welt den Bach runter.

Mit Pauken und Trompeten geht die Welt den Bach runter.

(Foto: Universum Film)

Starr vor Schreck erlebt Eva am Fenster ihres Apartments den Augenblick des Weltuntergangs. Gewaltige Explosionen lassen New York in Feuer und Rauch aufgehen. In allerletzter Sekunde erreicht sie mit ein paar Nachbarn den Atomschutzbunker im Keller. Eingeschlossen und ohne jede Chance auf Rettung von außen, beginnt für die Überlebenden das Grauen erst richtig.

Nordkorea soll sie haben. Der Iran will sie. Indien hat sie bereits. Pakistan auch. Israel erst recht. Und auch Frankreich, Russland, Großbritannien und die USA. Bis auf Nagasaki und Hiroshima wurde die Atombombe aber nie als Waffe eingesetzt. Mit ihr zu drohen reicht - bisher. Doch urplötzlich bricht das Chaos los. Wolken aus Feuer und Rauch erblickt Eva (Lauren German; "Hostel 2"), als sie gebannt vor Schreck und starr vor Entsetzen aus ihrem Apartmentfenster blickt. Das kann nicht wahr sein. Das darf nicht wahr sein. Es ist es aber.

Eva sucht nach einem Ausweg in der ausweglosen Situation im Bunker.

Eva sucht nach einem Ausweg in der ausweglosen Situation im Bunker.

(Foto: Universum Film)

Draußen verabschiedet sich die Welt, im lauten Getöse unzähliger Explosionen geht sie unter. Ein Schrei. Ein Ruf. Und plötzlich rennt Eva los, hinter ihrem Ehemann Sam (Iván González; "Taxi 4") her. Sie stürzen gemeinsam in einem Pulk von Menschen die wankenden Treppen hinunter. Etage für Etage. Bis sie im Kellergewölbe angelangt sind und vor einer Stahltür stehen. Mit letzter Kraft flüchten sie hindurch, ehe sie von innen verriegelt wird. Der Weltuntergang soll draußen bleiben.

Mickey verliert nach und nach die Kontrolle über "seinen" Schutzbunker.

Mickey verliert nach und nach die Kontrolle über "seinen" Schutzbunker.

(Foto: Universum Film)

Im Bunkerkomplex, völlig außer Atem, beäugt sich die Gruppe der vermeintlich Geretteten. Neben Eva und Sam haben es auch noch die Halbbrüder Josh (Milo Ventimiglia; "Rocky Balboa") und Adrien (Ashton Holmes; "Der eiskalte Tod") sowie deren Kumpel Bobby (Michael Eklund; "Watchmen", "House Of The Dead") ins enge Dunkel geschafft. Auch Delvin (Courtney Vance; "D-Tox") sowie Marilyn (Rosanna Arquette; "Pulp Fiction") mit ihrer kleinen Tochter Wendi (Abbey Thickson) gehören zu den Überlebenden des Atomschlags, der, wie es ihnen ihr Retter und Herr des Bunkers, Hausmeister Mickey (Michael Biehn; "Terminator", "Alien", "The Abyss"), mehrfach deutlich macht, auf das Konto der Araber geht. Mickey, Ex-Feuerwehrmann, mimt den harten Hund und stellt gleich zu Beginn klar, dass in seinem Bunker nur einer den Ton angeben kann: er. Die Mitglieder der Gruppe stören sich anfangs nicht daran.

Trostlos

Die Dunkelheit im Bunker ist nicht das Schlimmste.

Die Dunkelheit im Bunker ist nicht das Schlimmste.

(Foto: Universum Film)

Das ändert sich, als plötzlich ihre Bunkertür gewaltsam geöffnet wird und ein Trupp schwer bewaffneter Männer mit Schutzanzügen hereinstürmt. Sie schießen erst und stellen dann die Fragen. Abgesehen haben sie es auf Wendi, die sie aus den Armen ihrer schreienden Mutter reißen und mitnehmen. Die Gruppe wehrt sich, so gut es geht, aber sie hat keine Chance. Einen der Männer können sie erledigen, aber Wendi ist fort.

Nun beginnt der Albtraum für die Gruppe erst richtig. Die Stimmung dreht. Paranoia greift um sich und der Überlebenstrieb siegt über das Sozialverhalten. Das Gesetz des Stärkeren regiert. Physisch und vor allem psychisch: Sam ist ein seelisches Wrack, weil er seiner Frau Eva keine wirkliche Hilfe ist. Die wiederum fühlt sich zum stillen Adrien hingezogen, der das ganze Gegenteil seines Stiefbruders und Maulhelden Josh und dessen vorlauten Kumpels Bobby ist. Delvin wiederum kriegt sich mit Mickey in die Haare. Und Marilyn? Ihr Lebenswille ist durch den Verlust ihrer geliebten Tochter gebrochen.

Gnadenlos

Exkursion mit gravierenden Folgen: Die Bunkertür wird nach dem Kurztrip von außen zugeschweißt.

Exkursion mit gravierenden Folgen: Die Bunkertür wird nach dem Kurztrip von außen zugeschweißt.

(Foto: Universum Film)

Als Josh sich im Schutzanzug nach draußen wagt und in einem Gewirr aus luftdicht versiegelten Gängen in eine Art Versuchslabor stolpert, dort die leblose Wendi vorfindet, wild um sich schießt und wieder zurück in den Bunker flüchtet, wird die Tür von außen verschweißt. Die nagende Ungewissheit, ob noch Chancen auf eine Rettung bestehen, ist einer gnadenlosen und trostlosen Gewissheit gewichen: Die Gruppe sitzt im Bunker fest - für den Rest ihres kläglichen Daseins.

Als Ersten erwischt es Delvin, der Mickey beim Bunkern von Lebensmitteln erwischt. Mickey bringt ihn kurzerhand "in Notwehr" um und besiegelt damit sein eigenes Schicksal: Er wird von Josh und Bobby überwältigt, gefesselt und gefoltert. Erst als sie ihm einen Finger abschneiden, gibt er den Zugangscode zum Geheimraum mit den Vorräten preis.

Bobby entsorgt eine Leiche - auf seine Art.

Bobby entsorgt eine Leiche - auf seine Art.

(Foto: Universum Film)

Nun haben Josh und Bobby das Sagen. Adrien wird geduldet, weil er ja auch irgendwie zur Familie gehört. Sam ordnet sich komplett unter. Marilyn wird Bobbys Sex-Sklavin. Nur Eva versucht in der unmenschlichen Gemengelage kühlen Kopf zu bewahren. Als Mickey ihr von einer im Vorratsraum versteckten Waffe erzählt, setzt sie alles auf eine Karte. Doch ihr Happy End hatte sie sich sicher anders vorgestellt.

Kompromisslos

"The Divide" ist bei Universum erschienen.

"The Divide" ist bei Universum erschienen.

(Foto: Universum Film)

Dem französischen Regisseur Xavier Gens ("Frontiers") ist mit "The Divide" ein gnadenlos direkter und atmosphärisch dichter Endzeitthriller gelungen. Im Vordergrund steht dabei nicht der atomare Schlag, der nur wenige Sekunden am Beginn des Films gezeigt wird. Er bildet nur die Ouvertüre. Den Hauptakt übernimmt die Endzeitstimmung auf kleinsten Raum, perfekt durch die Schauspieler in Szene gesetzt. Der Mensch als solcher, in die Enge gedrängt, mit dem baldigen eigenen Tod konfrontiert, sein Handeln in Extremsituationen - das ist es, was den Film ausmacht. Machtdynamik, Gruppenverhalten, Werteverfall, Zivilisationszerfall. Noch nie war eine Apokalypse ausweg- und aussichtsloser. Noch nie war sie menschlicher.

Die einzelnen Darsteller holen schauspielerisch das Letzte aus ihren Rollen heraus. Der schleichende körperliche Verfall sticht sofort ins Auge, ebenso der geistige. Glaubwürdig und nachvollziehbar erscheint "The Divide" dadurch. Und auch das macht den Film so erschreckend. Wie würde man selbst reagieren in einer solchen Situation? Das Menschliche in sich bewahren bis zum bitteren Ende? Oder noch einmal so richtig auf den Putz hauen? Schließlich gibt es das Morgen ja nicht mehr.

"The Divide" schafft es dadurch, sich im Gehirn des Zuschauers festzusetzen, auch weil der Score aufwühlend gelungen ist. Das dumpfe Grummeln im Magen hält noch Stunden nach dem Sehen an. Das größte Lob an einen Film, der keine Hoffnung vermittelt.

Quelle: ntv.de

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