Panorama

Omikron-Last verschiebt sich Ältere haben Höhepunkt der Welle noch vor sich

Für Gesundheitsminister Lauterbach ist die zentrale Aufgabe in der Pandemie der Schutz der Älteren.

Für Gesundheitsminister Lauterbach ist die zentrale Aufgabe in der Pandemie der Schutz der Älteren.

(Foto: picture alliance / ROBIN UTRECHT)

Die Infektionszahlen sinken seit einigen Tagen kontinuierlich, der Scheitelpunkt der Omikron-Welle sei erreicht, sagt der Gesundheitsminister. Für ältere Menschen aber gilt das nicht. Hier steigt die 7-Tage-Inzidenz weiter, ebenso die Zahl der Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen.

Deutschland hat nach Einschätzung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der Corona-Pandemie einen weiteren Wendepunkt erreicht. "Ich glaube, wir haben den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten", sagte er am Freitag in der Bundespressekonferenz. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte in seinem Wochenbericht am Abend zuvor eine ähnliche Einschätzung abgegeben, aber auch darauf hingewiesen, dass die Bedrohung für einige Menschen weiterhin hoch sei. Mit Blick auf die vergangene Woche hieß es dort: "In den höheren Altersgruppen stiegen die 7-Tage-Inzidenzen weiter deutlich an. Ebenso stieg die Zahl der Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen im Vergleich zur Vorwoche erneut an."

Während in den Altersgruppen der unter 15-Jährigen die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Menschen in der letzten Woche bereits deutlich sank, schien sie sich bei den 15- bis 34-Jährigen und den 35- bis 64-Jährigen zumindest zu stabilisieren. Für die 65- bis 79-Jährigen und die über 80-Jährigen hingegen zeichnet sich die erhoffte Trendwende in den Daten der letzten Woche noch nicht ab. Im Falle der über 80-Jährigen stiegen die Inzidenzwerte sogar um mehr als ein Viertel an.

Gesundheitsminister Lauterbach ist dennoch zufrieden mit der bisherigen Handhabung der Omikron-Welle. Die zentrale Aufgabe der bisherigen Maßnahmen sei der Schutz der Älteren gewesen. Dadurch weise Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrige Sterbezahlen auf. Lauterbach warnte aber auch: "Wir sind noch nicht wirklich in sicheren Gewässern." Die Zahlen könnten bei übertriebenen Lockerungen auch schnell wieder ansteigen. Die Bundesländer müssten zurückhaltend bleiben. "Das ist alles auf Kante genäht." Die beschlossenen Lockerungen seien das Höchstmaß dessen, was man sich erlauben könne.

Auch RKI-Vize-Chef Lars Schaade mahnte zu Vorsicht: Auch wenn der Höhepunkt der Omikron-Welle nun überschritten sei, bedeute das gerade für die Krankenhäuser noch keine Entspannung. "Der Scheitelpunkt für die Intensivstationen ist noch nicht erreicht." Das Infektionsrisiko bleibe hoch, ältere Menschen müssten weiter geschützt werden. "Die Pandemie ist noch nicht vorbei", sagte Schaade.

Der RKI-Wochenbericht berichtete in diesem Zusammenhang, die Zahl der auf Intensivstation behandelten Covid-19-Patientinnen und -Patienten sei wieder leicht angewachsen. Er beschreibt außerdem, dass "die Zahl der Krankenhaus-Neuaufnahmen auf einem konstanten Niveau bleibt bzw. zuletzt wieder ansteigt". Dieser Anstieg sei allerdings dank der gegen schwere Verläufe sehr wirksamen Impfung und der grundsätzlich geringeren Krankheitsschwere bei Infektionen durch die Omikron-Variante vergleichsweise gering. "Das höchste Hospitalisierungsrisiko liegt weiterhin mit großem Abstand in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen", ordnete das RKI ein.

Mit Blick auf das Alter der derzeit Infizierten lässt sich ein Muster erkennen, das sich schon in den vergangenen Wellen gezeigt hatte: Von den Infektionen sind zunächst vor allem jüngere Bevölkerungsschichten betroffen, darunter besonders in der Omikron-Welle viele Kinder und Jugendliche. Das Virus dringt jedoch mit fortschreitender Dauer der Infektionswelle auch in die besonders gefährdeten höheren Altersgruppen vor.

Die Altersgruppe der 5- bis 14-Jährigen etwa trug bisher einen Großteil des Infektionsgeschehens. Hier wurden vor zwei Wochen deutschlandweit noch 55.702 Neuinfektionen gemeldet - an einem einzigen Tag. Innerhalb der letzten 14 Tage ging die Zahl der entdeckten Ansteckungen deutlich zurück: Aktuell sind es noch 40.299, was einem Anteil von weniger als einem Fünftel aller gemeldeten Fälle entspricht. Vor zwei Wochen trugen die 5- bis 14-Jährigen noch mehr als ein Fünftel aller Fälle bei.

Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der in der Altersgruppe der über 80-Jährigen verorteten Fälle von 4.516 auf 6.108 an. Damit wuchs auch der Anteil am gesamten Infektionsgeschehen dieser oft besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe deutlich. Auch bei den 60- bis 79-Jährigen zeigt sich ein merklicher Zuwachs. Mit anderen Worten: Ältere Menschen tragen mit zunehmender Dauer der Omikron-Welle mehr Infektionslast. Der Druck verlagert sich vermehrt auf die Menschen, die besonders anfällig für schwere Erkrankungen sind.

Für die höheren Altersgruppen scheint der Scheitelpunkt der Infektionswelle noch nicht erreicht. Der Höchststand der Krankheitslast dürfte sich gar erst in einigen Wochen zeigen. Denn einerseits dauert es einige Zeit, bis aus Infektionen schwere Fälle werden, bis also die Corona-Patientinnen und -Patienten im Krankenhaus oder gar auf den Intensivstationen landen. Bis sich diese Fälle dann in den Statistiken niederschlagen, vergeht weitere Zeit.

Der RKI-Wochenbericht beobachtet für die letzten Wochen steigende Hospitalisierungsinzidenzen vor allem in der Altersgruppe der über 80-Jährigen. "Auch in den jüngeren Altersgruppen steigen die Hospitalisierungsinzidenzen wieder an, wenn auch auf niedrigem Niveau", so das RKI.

CoronavirusAlter der Intensivpatienten

Dass sich die Belastung durch die Omikron-Welle aus den jüngeren in die älteren Altersgruppen verschiebt, lässt sich nicht nur an Infektionszahlen und Hospitalisierungsinzidenzen zeigen. Besonders deutlich wird diese Entwicklung auf den Intensivstationen: Die Zahl der über 80-jährigen Covid-19-Patientinnen und -Patienten hat sich dort seit dem 22. Januar bis heute mehr als verdoppelt. Anstiege sind auch bei den 60- bis 69-Jährigen und den 70- bis 79-Jährigen zu verzeichnen.

Im selben Zeitraum sank die Zahl der intensivmedizinisch betreuten Covid-19-Kranken in den meisten jüngeren Altersgruppen oder blieb zumindest stabil - und das trotz einer beispiellosen Schwemme an Neuinfektionen.

Diese zunehmende Betroffenheit älterer Menschen von den Folgen der Omikron-Welle dürfte sich in den kommenden Wochen noch verstärken, da die Zahlen zu Krankenhausaufnahmen und insbesondere zu Verlegungen auf Intensivstationen die Entwicklung der Infektionszahlen meist mit einigen Wochen Verzug abbilden.

Quelle: ntv.de, lwe/rts

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