Panorama

Abschuss geschützter Arten Aus Afrika kommt Widerstand gegen die Trophäenjagd

385584146.jpg

Zwischen 2016 und 2021 wurden Trophäen von 138 getöteten Flusspferden nach Deutschland eingeführt.

(Foto: picture alliance / imageBROKER)

Artikel anhören
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Informationen zu unserer Vorlesefunktion finden Sie hier.
Wir freuen uns über Ihr Feedback zu diesem Angebot. 

Artenschützer in Afrika sind verärgert: Auf einer Jagdmesse in Dortmund werden Trophäen-Safaris in Afrika beworben. Beide Seiten werfen sich neokoloniales Denken vor.

Afrikas Artenschutzorganisationen empören sich über Europas größte Jagdmesse, die nächste Woche in Dortmund abgehalten wird. Der Grund: Auf der Veranstaltung "Jagd und Hund" in der Westfalenhalle werden in Hochglanzmagazinen und auf großen Werbeplakaten Trophäenjagden in Afrika angepriesen: Elefanten in der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun erlegen, auf Wildtierhatz nach Namibia reisen - ein teures Hobby, denn die entsprechenden Abschlusslizenzen in den jeweiligen Ländern kosten zehntausende Euros.

"Unser Ziel ist es, eine wahrhaft afrikanische Perspektive zu vermitteln", heißt es in einem offenen Brief der führenden afrikanischen Artenschutzorganisationen und der Welt an den Bürgermeister von Dortmund: "Afrikaner haben eine tiefe Abneigung gegen den neokolonialen Charakter der Trophäenjagd", so die Initiatorin des Briefes, Stefania Falcon von Wild Animal Protection Forum South Africa (WAPFSA).

Auf Druck internationaler Naturschutzorganisationen wurden in den meisten afrikanischen Ländern drakonische Strafen auf die Wildtierjagd eingeführt. In vielen Ländern droht eine lebenslange Haftstrafe, wenn jemand ein geschütztes Wildtier erlegt. Gleichzeitig dürfen reiche, meist westliche Jäger mit viel Geld teure Abschusslizenzen erwerben und die ergatterten Stoßzähne, Felle oder andere Trophäen mit nach Hause nehmen - in den Augen der Afrikaner eine gewaltige Ungerechtigkeit.

Einfuhr von Trophäen geschützter Arten noch immer möglich

Es ist nicht das erste Mal, dass die größte Jagdmesse Europas in Kritik gerät. Die Veranstaltung wird seit über 40 Jahren mit weit über 80.000 Besuchern und rund 800 Ausstellern in Dortmund abgehalten. Nach den US-Amerikanern sind bei Jagdreisen nach Afrika vor allem deutsche Jäger Spitzenreiter. Zwischen 2016 und 2021 wurden Trophäen von 3779 Tieren international geschützter Arten nach Deutschland eingeführt, darunter 142 Leoparden, 138 Flusspferde, 140 Braunbären, 119 Elefanten, 103 Löwen - also Tiere, deren Bestände als "gefährdet" gelten.

Für den Import benötigt man eine Genehmigung des Bundesamtes für Naturschutz. Dies prüft ebenso die Ausfuhrgenehmigungen aus denjenigen Ländern, wo das Tier geschossen wurde. Seit 2021 fordern weltweit führende Artenschutzorganisationen von der Bundesregierung jedoch, diese Einfuhr ganz zu unterbinden.

Einige europäische Länder haben den Import solcher Trophäen bereits verboten. Nach großer Aufregung stoppte Frankreich 2015 als erstes Land Europas die Einfuhr von Löwentrophäen. 2016 erließen die Niederlande einen Importstopp aus Trophäen aller gefährdeten Arten. In Großbritannien wird derzeit über ein entsprechendes Gesetz debattiert, in Belgien hat das dortige Parlament die Regierung aufgefordert, einen Importstopp einzuführen. Finnland hat im Dezember ein entsprechendes Gesetz erlassen.

"Importverbote stellen eine Verletzung von Menschenrechten dar"

Weltweite Tierschutzverbände, darunter eine Ethikfachgruppe der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature), haben im vergangenen Jahr die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke aufgefordert, einen Importstopp einzuführen. Daraufhin hatte das Ministerium im April 2022 angekündigt: "Auf Basis artenschutzfachlicher Maßgaben wollen wir die Importe von Jagdtrophäen geschützter Arten möglichst insgesamt reduzieren." Im Einzelfall solle der Import von solchen Trophäen ganz verboten werden, insbesondere dann, "wenn Zweifel an Nachhaltigkeit und Legalität der Jagd bestehen", so das Ministerium.

Gegen diese Ankündigung gehen nun Deutschlands Jäger auf die Barrikaden. Der Internationale Jagdrat (CIC) in Deutschland und der Deutsche Jagdverband (DJV) erklären in einer gemeinsamen Pressemitteilung: Ein Einfuhrverbot sei quasi "neokoloniales" Denken: "Es ist das Recht souveräner Staaten, ihre eigenen natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen", argumentieren die Jäger. "Die Jagd auf spezielle Tierarten wie beispielsweise den Eisbären kann völkerrechtlich verbrieftes Recht indigener Menschen wie der Inuit sein - Importverbote stellen somit eine Verletzung von Menschenrechten dar." Bis zu 90 Prozent der Jagdeinnahmen würden in den Schutz von Lebensräumen und die Beschäftigung der Menschen vor Ort fließen.

Die Naturschutzorganisation IUCN widerlegt diese Behauptung. IUCN hat berechnet, dass die lokale Bevölkerung afrikaweit im Durchschnitt jährlich umgerechnet nicht einmal 2 Eurocent pro Person aus dem Jagdtourismus verdient, wenn überhaupt. In vielen Ländern finden die Jagden erst gar nicht in staatlichen Schutzgebieten statt, sondern auf privatem, umzäunten Farmland - hier profitiert weder die afrikanische Staatskasse noch die Bevölkerung.

Im Dezember hat die Weltgemeinschaft auf der Artenschutzkonferenz in Kanada einen Rettungsschirm für die Artenvielfalt beschlossen und angekündigt, sie wolle 30 Prozent des Planeten als Schutzgebiete ausweisen. Deutschland ist dabei einer der größten Geldgeber dieses Plans. Trophäenjagd gleichzeitig in Dortmund zu bewerben, mache vor diesem Hintergrund keinen Sinn, so Afrikas Artenschutzverbände.

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen