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Rübsamen-Schaeff bei ntv Covid-Pillen helfen "sehr sicher" auch gegen Omikron

Helga Rübsamen-Schaeff ist Virologin, Chemikerin und Unternehmerin. Sie sitzt in mehreren Aufsichtsräten, unter anderem der Firma Merck. Rübsamen-Schaeff ist seit 2018 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Helga Rübsamen-Schaeff ist Virologin, Chemikerin und Unternehmerin. Sie sitzt in mehreren Aufsichtsräten, unter anderem der Firma Merck. Rübsamen-Schaeff ist seit 2018 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

(Foto: ntv)

Die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff plädiert dafür, eine "zweite Verteidigungslinie" gegen Corona aufzubauen - in Form von wirksamen Medikamenten gegen das Virus direkt nach einer Infektion. Dass diese Pillen, die bald auch in Deutschland zum Einsatz kommen, auch gegen Omikron helfen, sei so gut wie sicher.

ntv: Verglichen mit der Vorwoche steigen die Zahlen nicht mehr. Wie beurteilen Sie diesen Trend?

Helga Rübsamen-Schaeff: Na ja, das ist ja schon mal gut, wenn sie nicht steigen. Der Abfall ist aber bisher nur sehr gering, ich würde das jetzt noch nicht überinterpretieren. Andererseits glaube ich schon, dass die Menschen inzwischen vorsichtiger geworden sind und unnötige Kontakte meiden. Zudem greifen in den Ländern mit hoher Inzidenz die getroffenen Maßnahmen allmählich.

Was weiß man inzwischen über Omikron? Anthony Fauci aus den USA hat gesagt, es sei etwas ermutigend, was man höre, sie mache offenbar nicht so sehr krank. Wie schätzen Sie das ein?

Es ist zu früh, das zu sagen. Wir wissen, dass Omikron in der äußeren Hülle des Virus massive Veränderungen hat, die zum einen dazu führen können, dass das Virus ansteckender ist. Es breitet sich offensichtlich auch schnell in den USA aus. Die andere Sorge ist, dass das Virus auch krankmachendere Eigenschaften bekommen könnte. Das wissen wir aber noch nicht.

Was können wir machen, um die Ausbreitung dieser Variante hier bei uns einzudämmen?

Impfen, was die Nadel hält, kann ich nur sagen! Denn auch wenn die Impfstoffe wahrscheinlich nicht mehr optimal sind, ist es besser, als nichts zu tun. Also ich kann nur noch einmal dazu aufrufen, zu boostern oder auch die Erstimpfung zu nehmen, wer immer das kann.

Was halten Sie in dem Zusammenhang von einer allgemeinen Impfpflicht?

Es scheint sich allmählich die Erkenntnis durchzusetzen, dass wir eine allgemeine Impfpflicht brauchen, wenn wir nicht in einer Endlosschleife verharren wollen. Und dann wäre es natürlich besser, je schneller sie kommt.

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte soll am 16. März kommen. Wann kommt denn dann die allgemeine? Kommt das nicht zu spät?

Das halte ich beides für zu spät. Wir müssen jetzt handeln. Wer immer es kann, soll sich jetzt natürlich freiwillig impfen lassen. Aber wenn wir sehen, dass bestimmte Menschen da doch noch etwas Druck brauchen, um diesen Schritt zu gehen, dann sollte auch diese Impfpflicht schnell kommen.

Merck und auch Pfizer haben Pillen gegen Covid-19 entwickelt. Helfen die auch gegen Omikron?

Ich kenne keine experimentellen Daten aus dem Labor dazu, aber ich gehe fest davon aus. Der Impfstoff greift an der äußeren Hülle des Virus an; die Medikamente greifen aber an zwei Enzymen des Virus an, die es braucht, um sich zu vermehren. Das sind völlig andere Angriffspunkte. Wenn die Hülle sich ändert, weil das Virus versucht, den Impfstoffen wegzulaufen, dann hat sich diese enzymatische Aktivität noch nicht geändert. Daher kann man theoretisch sehr sicher davon ausgehen, dass diese Medikamente wirken.

Werden diese Medikamente bei uns schon eingesetzt oder wann kommen sie auf den Markt?

Die müssen erstmal zugelassen werden. Ich weiß, dass sie bei der EMA eingereicht sind. In Großbritannien ist das Medikament von Merck schon zugelassen, da waren die Briten mal schneller. Und in den USA hat das Gremium, das die Behörde berät, auch empfohlen, die Substanz von Merck zuzulassen. Ich denke, es ist eine Frage von wenigen Wochen, bis auch bei uns eine Zulassung erfolgen wird.

Wem helfen diese Medikamente?

Das sind nicht die Medikamente, die ich einsetzen muss, wenn jemand schon schwer krank ist. Wenn die schwere Krankheit auftritt, hat das Virus schon sein Werk getan. Da nützt es auch nicht mehr viel, ein Medikament gegen das Virus einzusetzen. Diese Medikamente sind Tabletten, die man zu Hause einnehmen kann, und die früh nach der Infektion eingesetzt werden, damit das Virus sich im Körper nicht so ausbreiten kann und ich gar nicht erst krank werde. Es soll also die Intensivstation freihalten und deswegen ist es ganz wichtig, dass diese Medikamente so schnell wie möglich kommen.

Hätte man mehr in die Forschung an solchen Medikamenten investieren müssen?

In der Geschichte der Virologie gibt es zwei Beispiele, wo nur Medikamente geholfen haben. Das ist HIV, da gibt es bis heute keinen Impfstoff, und Hepatitis C. Deswegen bin ich ein ganz starker Verfechter davon, dass wir auch bei Corona eine zweite Verteidigungslinie neben dem Impfstoff brauchen. Und das sind Medikamente. Die USA haben 3,2 Milliarden Dollar für die Entwicklung antiviraler Medikamente ausgegeben. Eines davon stammt von der Firma Pfizer, die ja auch den Biontech-Impfstoff vertreibt. Die würden das nicht machen, wenn sie nicht überzeugt wären, dass wir diese zweite Verteidigungslinie brauchen.

Mit Helga Rübsamen-Schaeff sprach Doro Steitz

Quelle: ntv.de

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