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Islamisten als größte Gefahr Deutsche fühlen sich immer unsicherer

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Fast alle Deutschen halten islamistische Gruppen für eine große Gefahr für Deutschland. Immer wieder sorgen Anschlagspläne für Großeinsätze der Polizei, wie am Kölner Dom rund um Weihnachten.

Fast alle Deutschen halten islamistische Gruppen für eine große Gefahr für Deutschland. Immer wieder sorgen Anschlagspläne für Großeinsätze der Polizei, wie am Kölner Dom rund um Weihnachten.

(Foto: picture alliance / Panama Pictures)

Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung schwindet. Die Inflation, der Krieg in der Ukraine oder die Situation im Nahen Osten bereiten den Menschen laut einer neuen Studie große Sorgen. Vor allem wird die Spaltung in West und Ost an vielen Stellen sehr deutlich.

Die Bevölkerung in Deutschland fühlt sich zurzeit so unsicher wie seit Jahren nicht. Nur noch 61 Prozent der Deutschen fühlen sich im Land sicher, zeigt der aktuelle Sicherheitsreport des IfD Allensbach, der seit 2011 auf der Basis repräsentativer Bevölkerungsumfragen erhoben wird. In den vergangenen Jahren lag der Anteil der Bevölkerung, der sich in Deutschland sicher fühlt, immer über 70 Prozent, im Pandemiejahr 2020/21 sogar bei 82 Prozent. Besonders gering ist das Sicherheitsgefühl in Ostdeutschland und in den schwächeren sozialen Schichten.

Die Mehrheit der Befragten sieht mehrere Gruppen, von denen zurzeit große Gefahren ausgehen, vor allem islamistische Gruppierungen, arabische Clans, Rechtsextremisten, "Reichsbürger" und Verschwörungstheoretiker.

44 Prozent sehen auch eine Gefährdung durch AfD-Anhänger. Das Gefährdungspotenzial der AfD wird in der westdeutschen Bevölkerung deutlich größer wahrgenommen als in den östlichen Bundesländern. "West- und Ostdeutschland driften zurzeit auseinander. Das ist ein Problem, dem viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird", sagte IfD-Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher.

Fast die Hälfte der Bundesbürger ist überzeugt, dass die Kriminalität in Deutschland durch den Zuzug von Flüchtlingen deutlich steigt. Dieser Anteil liegt wesentlich höher als 2016, als nur 37 Prozent der Bevölkerung von einem signifikanten Anstieg der Kriminalitätsrate ausgingen. Jeder Dritte fühlt sich persönlich durch die Flüchtlingssituation am eigenen Wohnort weniger sicher als früher. Dies gilt überdurchschnittlich für die Bevölkerung in Ostdeutschland und vor allem die schwächeren sozialen Schichten.

Glaube an Ukraine-Sieg schwindet

Der Ukraine-Krieg beunruhigt nach wie vor die große Mehrheit der Bevölkerung. 48 Prozent fühlen sich durch den Krieg sogar persönlich bedroht; damit hält sich das persönliche Bedrohungsgefühl im Vergleich zum Vorjahr stabil auf hohem Niveau. Der Kriegsausgang ist nach Überzeugung der Mehrheit nach wie vor unsicher. 34 Prozent gehen davon aus, dass Russland den Ukraine-Krieg für sich entscheiden wird, nur 10 Prozent erwarten einen positiven Ausgang für die Ukraine, 56 Prozent trauen sich keine Prognose zu. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Siegeserwartungen zugunsten von Russland deutlich verschoben.

Angesichts der kontroversen Diskussion in den Vereinigten Staaten über die Unterstützung der Ukraine stellt sich die Frage, wie Deutschland reagieren sollte, wenn die USA ihre Unterstützung zurückfahren. Nur 31 Prozent der Bevölkerung hielten es in diesem Fall für richtig, dass Deutschland dem US-amerikanischen Beispiel folgt und seine Unterstützung ebenfalls reduziert; 29 Prozent votieren für eine unveränderte Unterstützung, weitere 20 Prozent für eine Ausweitung der deutschen Hilfen.

"Die Ergebnisse des aktuellen Sicherheitsreports sind ernüchternd: Die Zuversicht der Deutschen, dass die Ukraine den Krieg für sich entscheidet, schwindet deutlich. Und nur 20 Prozent der Deutschen sind bereit, die Ukraine stärker zu unterstützen. Das ist ein alarmierendes Signal in dieser entscheidenden Phase des Krieges", betonte der Mit-Herausgeber des Sicherheitsreports, Klaus Schweinsberg.

Inflation als größte Sorge

Neben der großen Zahl von Flüchtlingen und dem Krieg in der Ukraine betrachten 76 Prozent der Bevölkerung vor allem weiter die Inflation mit großer Besorgnis. Neuerdings hinzugekommen sind auch die Bedrohungen aus dem Nahen Osten, die unberechenbare Weltlage und wachsende Risiken für die innere Sicherheit. Die Mehrheit macht sich darüber hinaus große Sorgen wegen der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, der Entwicklung der Energie- und speziell der Heizkosten, der politischen Stabilität in Deutschland und dem Risiko, dass Deutschland in militärische Konflikte hineingezogen werden könnte.

Nach wie vor gilt vor allem Russland als Friedensgefährder Nummer eins. 75 Prozent der Bevölkerung zählen Russland zu den Ländern, von denen in den nächsten Jahren die größte Bedrohung für den Frieden in der Welt ausgeht. 54 Prozent verbinden auch mit dem Iran große Gefahren für den Frieden, 52 Prozent mit China und knapp jeder Zweite mit Nordkorea.

Bürger sehen Zeitenwende nicht

Die ostdeutsche Bevölkerung nimmt auch hier eine andere Position ein als die westdeutsche: Sie sieht weitaus weniger Russland als ein Land an, von dem große Gefahren für den Frieden ausgehen; auch Weißrussland, Nordkorea und China verbindet die ostdeutsche Bevölkerung weitaus weniger mit Gefahren für den Frieden, dagegen weit überdurchschnittlich die USA: 24 Prozent der gesamten Bevölkerung, aber 40 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung sind der Meinung, dass auch die USA zu den Ländern gehören, von denen besonders große Gefahren für den Frieden ausgehen. Umgekehrt zählen 75 Prozent der Bevölkerung Russland zu den Ländern, von denen besonders große Gefahren ausgehen, aber nur 53 Prozent in Ostdeutschland.

Angesichts der zahlreichen Krisen und Risiken fordert die Bevölkerung höhere Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen. Das gilt insbesondere für Naturkatastrophen, den Schutz kritischer Infrastruktur wie die Energie- und Wasserversorgung, aber auch die Ausstattung der Polizei und der Bundeswehr. Alle diese Vorhaben werden von mehr als zwei Dritteln der Bevölkerung unterstützt. 89 Prozent fordern bessere Schutzmaßnahmen gegen Naturkatastrophen, 79 Prozent mehr Investitionen in die Ausstattung der Polizei, 72 Prozent auch mehr Investitionen in die Ausstattung der Bundeswehr.

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Allerdings haben 60 Prozent der Deutschen den Eindruck, dass es bisher keine Fortschritte bei der Ausstattung der Bundeswehr gibt. Und 39 Prozent glauben inzwischen auch nicht mehr an Fortschritte. Die Skepsis ist in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gewachsen. "Bundeskanzler Scholz hat eine Zeitenwende bei der Bundeswehr angekündigt und die Mehrheit der Bürger fragt sich, wo und wie die eigentlich stattfindet. Die Unterstützung für Investitionen in die Bundeswehr ist in der Bevölkerung auf einem Höchststand und die Regierung nutzt diesen Rückenwind nicht. Das ist nicht nur politisch töricht, sondern verantwortungslos angesichts der realen Bedrohung aus Russland", kritisierte Klaus Schweinsberg

Der Sicherheitsreport ist eine Studie des IfD Allensbach im Auftrag des Centrums für Strategie und Höhere Führung. Er stützt sich nach eigenen Angaben auf insgesamt 1018 Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahren. Die Befragung wurde zwischen dem 5. und 18. Januar 2024 durchgeführt.

Quelle: ntv.de

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