Panorama

Siegeszug von Chinas Popkultur Die Labubus sind ein bisschen hässlich - und deshalb so beliebt

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Es gibt mittlerweile über 300 Varianten der Labubu-Plüschmonster.

Es gibt mittlerweile über 300 Varianten der Labubu-Plüschmonster.

(Foto: picture alliance/dpa)

Riesenansturm mit Hunderten Fans bei der Premiere: Am Freitag hat der erste Labubu-Laden in Deutschland am Berliner Alexanderplatz eröffnet. Die chinesischen Plüschmonster mit dem fiesen Grinsen erobern die Welt. Warum? Sie passen perfekt in unsere unsicheren Zeiten, wie ein Experte sagt.

"Wir waren gestern Mittag um 13 Uhr hier, wir wollten erst gucken und dann hab' ich mich festgehalten und wollte nicht mehr weg", erzählt ein kleiner Junge stolz vor dem Einkaufszentrum nahe dem Berliner Alexanderplatz. Er hat mit seinem Papa über 20 Stunden im Regen angestanden, um eine der begehrten Labubu-Figuren zu ergattern. Zusammen mit Hunderten anderen Fans, die teils auch seit dem Abend vor der Eröffnung in der langen Schlange mit Regenschirmen und Campingstühlen gewartet haben.

In Berlin hat am Freitagvormittag der erste Pop-Mart-Laden in Deutschland eröffnet. Eine der Ersten, die rein durften, war Cynthia Schlater: "Es war chaotisch. Es war sehr warm, aber es hat sich alles gelohnt", berichtet sie bei RTL. Rein kam man nur mit Bändchen - raus mit vollen Tüten im Wert von teils mehreren Hundert Euro.

Die Labubus kommen aus China. Sie sind niedlich, plüschig und ein bisschen hässlich. Sie haben ein Fell, zwei flauschige Hasenohren, große, etwas grimmig guckende Augen - am prägnantesten ist ihr dämonisches Lächeln mit den spitzen Zähnen. Es gibt sie in unzähligen Versionen.

Weltweit ist ein Sammel-Hype ausgebrochen. Sie werden von Kindern bekuschelt und baumeln bei Promis wie Rihanna, Lizzo oder Dua Lipa an teuren Luxus-Handtaschen. Der Hersteller Pop Mart hat inzwischen 500 Läden in über 30 Ländern - allein 30 in den USA.

Einflüsse aus Japan

Ihre Heimat haben die Labubus in Hongkong: Der Illustrator Kasing Lung hat sie sich vor zehn Jahren ausgedacht und für seine Kinderbücher "The Monsters" gezeichnet - dort war Labubu eine Figur von vielen. Inspiriert wurde er von dem berühmten Kinderbuch "Wo die wilden Kerle wohnen" von Maurice Sendak. Und auch von Figuren aus der "Edda", das sind Bücher mit nordischen Mythen, auf denen die germanischen Göttersagen mit Odin und Thor basieren.

"Labubu ist eine Elfe, die sich durch dichte, dunkle Wälder bewegt und etwas trickstermäßig unterwegs ist wie Loki", sagt Fabian Peltsch im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Er ist Experte für chinesische Popkultur und schreibt für das Briefing China.Table. "Man sieht Einflüsse von japanischer Kawaii-Kultur, wie Hello Kitty. China ist auch sehr beeinflusst von südkoreanischer und taiwanischer Popkultur. In China und im ganzen ostasiatischen Raum gibt es einen großen Markt für solche Figuren. Sie werden seit Jahren gesammelt."

Wie sein Erfinder sei Labubu ein europäisch-asiatischer Mix. Geboren wurde Kasing Lung in Hongkong. Als Kind ist er mit seiner Familie in die Niederlande gezogen - heute lebt er in Hongkong und Belgien. 2019 hat er einen Lizenzvertrag mit dem chinesischen Hersteller Pop Mart unterschrieben. Aus seinen Zeichnungen sind die Plüsch-Wesen entstanden.

Limitierte Editionen sind schnell ausverkauft

International bekannt geworden sind die Figuren erst einige Jahre später, im April 2024: K-Popstar Lisa von der Girlgroup Blackpink hat ihre Luxus-Handtaschen von Khaite und Louis Vuitton mit Labubu-Anhängern verziert und gepostet. Andere Promis haben es nachgemacht. Selbst chinesische Staatsbeamtinnen verzierten ihre Täschchen mit Labubus, berichtet Peltsch.

Ein weltweiter Labubu-Hype ist ausgebrochen: Sie wurden zum Must-have-Modeaccessoire in Asien, den USA und Europa. Mittlerweile gibt es über 300 Varianten, in allen möglichen Farben und mit unterschiedlichsten Extras. "Das könnte der Anfang eines kleinen Popkultur-Siegeszugs von China sein", glaubt Peltsch. Während der Trend im Westen anziehe, sei er in China selbst mittlerweile etwas abgeflacht.

Das Erfolgsgeheimnis des Herstellers Pop Mart: Er verkauft die Puppen limitiert, die Editionen sind schnell ausverkauft. Außerdem gibt es sie nur verpackt in versiegelten Boxen. Wie in einem Überraschungsei weiß man also nicht, welches Monster man bekommt. Und es werden immer neue gekauft. Videos von "Unboxings" werden bei Tiktok millionenfach geklickt.

"Labubu hat sehr den Zeitgeist getroffen"

Was beim weltweiten Hype mithilft: Die kleinen Monster sehen nicht chinesisch aus - und sie sind gleichzeitig süß und hässlich. Damit würden sie gut zum aktuellen "Kidult"-Trend in China passen, sagt Peltsch: Spielzeug für Erwachsene, das an die Geborgenheit der Kindheit erinnert.

Beobachter sehen darin auch eine Verweigerungshaltung der Jugend. "Junge Menschen überall auf der Welt haben keine Lust mehr, perfekt zu sein. Sie streben nicht mehr danach, schön zu sein oder wollen sich nicht mehr diesem Diktat unterwerfen."

Die Jugendarbeitslosigkeit in China ist hoch, im Mai lag sie bei knapp 15 Prozent. Sie ist zwar etwas gesunken und auch niedriger als in vielen anderen Ländern, liegt aber immer noch über dem weltweiten Durchschnitt. Zum Vergleich: in Deutschland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei knapp 7 Prozent. Dazu kommt die Immobilienkrise. Außerdem häufen private Haushalte in China immer mehr Schulden an.

Gleichzeitig gebe es in China einen hohen gesellschaftlichen Druck, Karriere machen zu müssen, berichtet Peltsch im Podcast. "Der Labubu ist ein Ausdruck von: 'Ich mache da nicht mit, ich bin mir selbst genug, egal wie hässlich ich bin. Und ich grinse trotzdem'." Die Labubu-Kuschelmonster sind ein kleiner Luxus, den man sich leisten kann. "Labubu hat sehr den Zeitgeist getroffen. Das ist faszinierend, weil das bisher noch nie geklappt hat mit dem popkulturellen Export aus China."

Regierung wird gegensteuern

Die Preisspanne ist groß: In China kosten die Kuschelpuppen in den Pop-Mart-Läden umgerechnet etwa 8 bis 160 Euro. Online sind sie für etwa 12 Euro zu haben. Bei Auktionen von seltenen Editionen werden aber auch Zehntausende Euro geboten. In Deutschland bezahlt man im Netz etwa 20 Euro für eine Puppe, im Laden 20 bis 40 Euro.

Der Sammelwahn ist gut für die chinesische Wirtschaft. Und hilft vor allem auch dem Hersteller Pop Mart: Das Unternehmen erwartet allein für das erste Halbjahr ein Umsatzwachstum von 350 Prozent. Pop-Mart-Gründer Wang Ning ist mittlerweile laut Forbes der zehntreichste Mann Chinas.

Doch so viel Konsum wird der chinesischen Regierung langsam unheimlich. "Man ist natürlich froh, dass der Binnenkonsum angekurbelt wird", weiß China-Experte Peltsch. Die Regierung werde aber wahrscheinlich aufgrund des Suchtverhaltens eingreifen. "Weil bestimmte Exemplare seltener sind als andere, hat man den Drang, immer neue Boxen zu kaufen. Und das kann die Verschuldung der jungen Leute stark vergrößern."

Labubu wird nicht der letzte Schwung an Popkultur made in China sein - Wakuku könnte der nächste Trend sein, wie Peltsch prognostiziert. Es sind kleine Plüsch-Wesen mit großen Kulleraugen und einer dicken Augenbraue. Sammelfiguren, die auch in etlichen Varianten in Blind Boxes verkauft werden.

"Wieder was gelernt"-Podcast

Dieser Text ist eigentlich ein Podcast: Welche Region schickt nur Verlierer in den Bundestag? Warum stirbt Ostdeutschland aus? Wieso geht dem Iran das Wasser aus? Welche Ansprüche haben Donald Trump und die USA auf Grönland?

"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige. Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein wenig schlauer.

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Quelle: ntv.de

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