"Mein Sohn braucht keine Mutter" Doku zeigt Ronaldos wundersame Welt
09.11.2015, 15:37 Uhr
Vater und Sohn: Ronaldo und Ronaldo junior sind die Hauptakteure der Dokumentation.
Cristiano Ronaldo arbeitet beharrlich an seiner Selbstvergöttlichung. Eine Dokumentation zeigt ihn jetzt als einsamen Mann mit großem Ego. Und als Vater, der seinen eigenen Sohn mit Liebe überhäuft, ihm die Mutter aber verwehrt.
Für viele ist er einer der Schönsten auf dem Rasen. Doch Cristiano Ronaldo kann nicht nur gut aussehen, sondern auch verdammt gut Fußball spielen. Ronaldo ist Freistoßkönig, überragender Dribbler, Instinktfußballer und Torjäger. Er war dreimal Weltfußballer des Jahres, ist vierfacher Träger des Goldenen Schuhs und steckt ein Wochengehalt von 775.000 Euro ein. Seine Fans lieben ihn, seine Kritiker halten ihn für eine Heulsuse.
Ronaldo gilt nicht nur als furchtbar arrogant, nicht wenige halten ihn mittlerweile auch für größenwahnsinnig. "Für viele ist Lionel Messi der Beste, aber in meinem Kopf bin ich es", sagte er jüngst dem "Kicker". Er räumte auch ein, dass Bescheidenheit nicht zu seinen Tugenden zählt und dass er "Feinde" braucht.
Jetzt kommt eine Dokumentation über "CR7" in die Kinos, die intime Einblicke in das Leben des Superstars verspricht. Regisseur des Films ist Anthony Wonke, der sich als Dokumentarfilmer in Kriegsgebieten einen Namen gemacht hat. Er begleitete Ronaldo 14 Monate lang - sogar bis unter die Dusche. Im Film versucht er eine Antwort zu finden auf die Frage, warum Ronaldo so ist, wie er ist.
Echte Freunde? Fehlanzeige
Wonke begleitete den Superstar vom Champions-League-Finale 2014 über die Fußball-WM in Brasilien bis zu seiner erneuten Wahl zum Weltfußballer. Wie Ronaldo auf diese Auszeichnung hinfiebert, wie er betet, dass er den Preis bekommt und nicht sein ärgster Konkurrent Lionel Messi, zeugt vom Verlangen, immer noch ein Stück größer werden zu müssen. Und so trägt die Dokumentation passenderweise den Titel: "Ronaldo - die Welt zu seinen Füßen".
Über weite Strecken kommt der Film wie ein zu lang geratener Werbeclip daher. Doch zwischen Hochglanzbildern, Best-of-Sequenzen und säuselndem Soundtrack schwingt auch immer auch eine leise Ahnung von der Eintönigkeit seines Luxus-Lebens mit. Einem Leben, das nach immer neuen Höhepunkten lechzt und süchtig nach Ruhm ist. "Gewinnen ist das Wichtigste für mich, so einfach ist das", sagt Ronaldo. Über 107 Millionen Facebook-Freunde hat der Fußballstar. Echte Freunde tauchen im Film jedoch nicht auf.
"Im Fußball habe ich nicht viele Freunde. Personen, denen ich vertraue? Nicht viele. Die meiste Zeit bin ich alleine." Er sei ein einsamer Mensch, sagt Ronaldo. Sein bester Freund sei sein Sohn Cristiano junior. Die beiden leben in einer Art Symbiose. "Welches Auto nehmen wir heute?", fragt der Real-Madrid-Kicker den Knirps in der Garage voller Luxuskarossen. Zweifelsohne dürfte es Ronaldos Sprössling in seinem Leben an nichts fehlen. Oder doch? Der Junge wächst ohne Mutter auf, und wenn es nach Ronaldo geht, wird er auch nie eine bekommen: "Mein Sohn braucht keine Mutter", sagt er, "nur mich". Bis heute weiß niemand außer Ronaldo, wer die Mutter ist. "Irgendwann werde ich ihm das erklären. Ich bin sicher, er versteht es."
Ronaldo war ein ungewolltes Kind
Dabei stammt Ronaldo selbst aus schwierigen Familienverhältnissen. Sein Vater war arbeitslos und trank sich in ein frühes Grab. Als seine Mutter Dolores mit dem späteren Fußballstar schwanger wurde, hatte sie bereits drei Kinder zu versorgen. In ihrer Verzweiflung wollte sie das ungeborene Kind abtreiben. Als Ärzte den Eingriff ablehnten, riet eine Freundin ihr dazu, Alkohol zu trinken, damit das Kind sterben würde. Sie tat es nicht. Sie zog Ronaldo mehr oder weniger alleine auf und schickte ihn mit 12 Jahren auf ein Fußball-Internat in Lissabon. Für Ronaldo war das die einsamste Zeit seines Lebens.
Seinen eigenen Sohn überhäuft er deshalb mit Liebe und Aufmerksamkeit. Es ist offenbar Ronaldos Weg, die unglückliche Beziehung zu seinem Vater zu kompensieren. "Ich habe meinen Vater nie wirklich gekannt", sagt Ronaldo im Film. "Er war eigentlich jeden Tag betrunken. Und wenn er betrunken war, war es schwierig, ein richtiges Gespräch mit ihm zu führen", erzählt der Fußballer. Es schmerzt ihn, dass der Vater nicht erlebt, wie erfolgreich er heute ist.
Außer seiner Mutter, dem Bruder und seinen Schwestern ist nur einer allgegenwärtig - sein Agent Jorge Mendes. Die ritualhafte Verehrung treibt er auf die Spitze: "Ich bin besessen von dir! Ich kämpfe jeden Tag für dich! Du hast es verdient, denn du bist viel mehr, als ich jemals für dich tun kann", sagt Mendes an Ronaldos Geburtstag.
Die Dokumentation zeigt einen selbstverliebten Gockel, der im Inneren doch nur ein ganz normaler Mensch, ein fürsorglicher Vater und treuliebender Sohn ist. Und irgendwie mag man ihn, weil man versteht, warum er so ist, wie er ist.
(Uraufgeführt wird die Dokumentation heute Abend im Wembley-Stadion in London. Um 20 Uhr soll es losgehen.)
Quelle: ntv.de, dsi