Debatte über "Laborthese" Drosten reagiert empört auf Vertuschungs-Vorwürfe
04.02.2022, 14:49 Uhr
Drosten geht davon aus, dass Sars-CoV-2 aus dem Tierreich stammt.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
In einem Interview behauptet der Hamburger Forscher Wiesendanger, Christian Drosten und andere Virologen hätten die Öffentlichkeit über den Ursprung des Coronavirus in die Irre geführt. Das lässt Drosten nicht auf sich sitzen - bei Twitter reagiert er auf die Vorwürfe.
Der Virologe Christian Drosten hat sich empört über die Äußerungen des Hamburger Forschers Roland Wiesendanger im Magazin "Cicero" gezeigt, in denen dieser Drosten und weitere Virologen der gezielten Täuschung zum Ursprung der Corona-Pandemie bezichtigt. "Cicero bietet einem Extremcharakter die Bühne und provoziert persönliche Angriffe gegen mich durch suggestive Fragen", kritisierte Drosten via Twitter. Belastbaren Tatsachenbehauptungen werde ausgewichen, so der Wissenschaftler von der Berliner Charité. "Das ist kein Interview, sondern ein Vorkommnis."
Zuvor war neben dem Interview mit dem Nanowissenschaftler Wiesendanger im "Cicero" auch eines mit ihm in der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) erschienen. In beiden führte der Forscher in mehreren Punkten seine Theorie aus, Sars-CoV-2 stamme aus einem Labor in Wuhan. Führenden internationalen Virologen wie Drosten, die von einem Ursprung des Virus aus dem Tierreich ausgehen, warf er bewusste Irreführung und Vertuschung vor.
Nachzeichnung einer Telefonkonferenz
Die neusten Vorwürfe von Wiesendanger beziehen sich auf einen E-Mail-Verkehr, der Anfang Januar im US-Kongress veröffentlicht wurde. In den E-Mails wird eine Telefonkonferenz führender Virologen nachgezeichnet, die kurz nach Beginn der Pandemie darüber diskutieren, was der Ursprung von Sars-CoV-2 sein könnte.
Laut den Notizen äußerten sie demnach Zweifel an einem natürlichen Ursprung des Virus. So soll der Immunologe Bob Garry von der Tulane School of Medicine im US-Bundesstaat Texas gesagt haben, dass er sich "überhaupt nicht vorstellen kann, wie so etwas in der Natur möglich sein soll". Der Entdecker des Sars-Rezeptors, Mike Farzan, schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass der Ursprung von Sars-CoV-2 im Labor liegen könnte, auf 60 bis 70 Prozent ein.
Bei der Telefonkonferenz waren den Angaben zufolge auch Anthony Fauci, der Corona-Berater von US-Präsident Joe Biden, und Christian Drosten anwesend. Der Berliner Virologe hatte wenige Tage nach dem Gespräch gemeinsam mit anderen führenden Virologen eine öffentliche Erklärung im Wissenschaftsmagazin "Science" unterzeichnet, wonach die Labortheorie eine Verschwörungstheorie sei.
Laborunfall? "Extrem unwahrscheinlich"
Eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war in einem Bericht zur Herkunft des Coronavirus zu dem Schluss gekommen, die Theorie, das Virus könne mit einem Labor-Vorfall zu tun haben und sei somit künstlichen Ursprungs, sei "extrem unwahrscheinlich". Wiesendanger, der an der Universität Hamburg arbeitet, vertritt schon länger eine gegensätzliche Position.
Wiesendanger sorgte vor rund einem Jahr mit einer Untersuchung für Schlagzeilen, in der er zum Ergebnis kam, dass sowohl Zahl als auch Qualität der Indizien für einen Labor-Unfall am virologischen Institut der Stadt Wuhan als Ursache der Pandemie sprächen. In der Kritik stand nicht zuletzt die Methodik der Arbeit - als Quellen nutzte er beispielsweise auch Youtube-Videos.
Quelle: ntv.de, chr/mbe/dpa