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Trinkwasser teilweise verseucht Eine Salzwasserwelle rollt auf New Orleans zu

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Am Grund des Mississippi wurde eine Unterwasserschwelle gebaut, die das einlaufende Salzwasser zurückhalten soll.

Am Grund des Mississippi wurde eine Unterwasserschwelle gebaut, die das einlaufende Salzwasser zurückhalten soll.

(Foto: AP)

Eine Salzwasserwelle von der Golfküste bewegt sich auf New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana zu. Der Mississippi ist zu schwach, um sie zurückzuhalten. Das Trinkwasser könnte schon bald verseucht sein. Flussabwärts werden bereits provisorische Wasserpipelines gebaut.

Der Mississippi ist der viertlängste Fluss der Welt. Er entspringt im Norden der USA, in Minnesota, nahe der kanadischen Grenze. Über etwa 3770 Kilometer fließt er durch zehn US-Bundesstaaten, bis er im Golf von Mexiko in Louisiana mündet.

Normalerweise fließt das Wasser flussabwärts. Doch momentan ist es genau andersherum. Eine Salzwasserwelle bewegt sich seit diesem Sommer langsam flussaufwärts vom Golf von Mexiko in Richtung New Orleans, der größten Stadt im Bundesstaat, gelegen im Delta des Mississippi River. Dort könnte das Salzwasser in den nächsten Wochen die Süßwasserversorgung gefährden.

Viele Gemeinden im Südosten Louisianas sind auf den Fluss als Haupt-Frischwasserquelle angewiesen. Je weiter das Salzwasser flussaufwärts vordringt, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Zehntausende Menschen keinen Zugang mehr zu sauberem Wasser erhalten.

Biden erklärt Notstand

In mehreren Städten im Südosten ist das Trinkwasser sogar schon längst verdorben. Unter anderem in der Gemeinde Plaquemines. Seit Monaten sind hier tausende Menschen auf Wasser in Flaschen angewiesen, fürs Trinken, Kochen oder Baden. Im Juni seien die Chloridwerte im Wasser über Nacht sprunghaft gestiegen, berichtet Stadtrat Mitch Jurisch bei ABC News. "Das löste Panik aus".

Trinkwasser mit hohem Salzgehalt kann gefährlich für die Gesundheit sein, besonders für Menschen mit hohem Blutdruck, Babys oder Schwangere. Es ist aber auch schlecht für Pflanzen, die Leitungen und Maschinen. Ende September hat US-Präsident Joe Biden deshalb im Bundesstaat Louisiana den Notstand erklärt.

Ähnliche Salzwassereinbrüche ereigneten sich im Mississippi etwa alle zehn Jahre, unter anderem 1988, 1999, 2012 und 2022. Dieses Jahr also bereits das zweite Jahr in Folge. Voriges Jahr war der Wasserstand teilweise so niedrig wie noch nie.

"Brauchen mehr Wasser im Mississippi"

Dass Salzwasser aus dem Meer plötzlich im unteren Mississippi flussaufwärts fließt, hat mehrere Gründe. Zum einen die Dürre in diesem Jahr. Ein Großteil des riesigen Mississippi-Einzugsgebiets leidet unter extremen oder außergewöhnlichen Dürrebedingungen. 40 Prozent der USA sind von der Trockenheit betroffen.

Der Mississippi führt deshalb nicht mehr so viel Wasser. In den kommenden Wochen werde der Fluss historische Tiefststände erreichen, erklärte der Gouverneur von Louisiana, John Bel Edwards, Ende September. Die Strömung nimmt ab - der Fluss ist nicht stark genug, das Salzwasser fernzuhalten.

Helfen würde Regen. Der sei in der nächsten Zeit aber nicht in Sicht, nirgendwo am Flussverlauf, so der Gouverneur. "Was wir in Louisiana im Moment am meisten brauchen, ist mehr Wasser im Mississippi." Zwar sehe die Vorhersage eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge im Winter vor, aber das sei noch einige Monate entfernt.

Meeresspiegel steigt, Land versinkt

Der Mississippi wurde in der Vergangenheit extrem ausgebaut. Es wurden Dämme, Deiche und Stauseen gebaut. Das beeinflusst die Strömung. Damit Schiffe und Lastkähne besser durchkommen, wird der Fluss zudem regelmäßig ausgebaggert. Der Grund des Flusses liegt bis zu der Stadt Natchez tiefer als der Meeresspiegel - das Salzwasser kann deshalb leichter als früher eindringen.

Ein weiteres Risiko ist, dass der Meeresspiegel entlang der Golfküste steigt - bis zu dreimal schneller als im weltweiten Durchschnitt. Der drückt das Salzwasser in den Fluss. Gleichzeitig versinkt das Land selbst langsam im Meer. Eine ungünstige Kombination.

Um den Salzwasserkeil zu verlangsamen, hat die US-Armee im Juli einen Unterwasserdeich gebaut. Dieser wurde im Herbst noch mal um umgerechnet 8 Meter erhöht, so Oberst Colin Jones. "Wir gehen davon aus, dass die Leistung der erweiterten Schwelle das Fortschreiten des Salzwassers flussaufwärts um 10 bis 15 Tage verzögern wird."

"Kaufen Sie nicht mehr, als Sie brauchen"

Provisorische Pipelines entlang des Mississippi versorgen die Menschen am südlichen Mississippi mit Trinkwasser. Die Armee bringt mit Lastschiffen Millionen Liter Frischwasser zu den Wasseraufbereitungsanlagen. Gemeinden bauen Entsalzungsanlagen.

Die Menschen decken sich in den Geschäften mit Trinkwasser ein, obwohl die Regierung davon abrät. "Kaufen Sie nicht mehr, als Sie brauchen", sagte Gouverneur John Bel Edwards. Es gebe keinen Mangel an abgefülltem Wasser. Gleichzeitig appellierte er an die Menschen, die Wasserversorgungssysteme nicht übermäßig zu beanspruchen.

Bisher ist die Spitze der Salzwasserwelle etwa 120 Kilometer (75 Meilen) flussaufwärts vorgedrungen. Immerhin: Zuletzt ist das Salzwasser etwas langsamer vorwärtsgekommen. Auch dank des Unterwasserdamms.

Salzwasser könnte Metall ins Trinkwasser schwemmen

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Trotzdem gehen Experten jetzt davon aus, dass es New Orleans bis Ende November erreichen könnte, einen Monat später als erwartet.

Es wäre eine Katastrophe für die Stadt. Zehntausende Wasserleitungen bestehen aus Blei. Salzwasser könnte sie angreifen und giftige Metalle ins Trinkwasser schwemmen.

Immerhin gibt es aufgrund der neuesten Erkenntnisse aber Anlass zur Hoffnung: Demnach soll das Salzwasser nur einen Stadtteil von New Orleans erreichen und die Werte sollen so niedrig sein, dass sie nicht mehr schädlich sind. Der Salzgehalt soll durch das Mischen mit Frischwasser weiter gesenkt werden.

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Quelle: ntv.de

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