Panorama

Erster Flugschreiber geborgen Germanwings-Maschine zerschellte an Fels

Aus der Luft wurden Wrackteile und Trümmer an einem Berghang bei Seyne in den Bergen der französischen Alpen gesichtet.

Aus der Luft wurden Wrackteile und Trümmer an einem Berghang bei Seyne in den Bergen der französischen Alpen gesichtet.

(Foto: dpa)

Auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf stürzt eine Germanwings-Maschine mit 150 Menschen an Bord ab. Mindestens 67 Deutsche sind unter den Toten. Die Absturzursache ist bisher unklar - der Flugschreiber könnte erste Hinweise geben.

Beim Absturz der Germanwings-Maschine in Frankreich sind 150 Menschen an Bord ums Leben gekommen, darunter mindestens 67 Deutsche. Das teilte der Chef der Lufthansa-Tochter, Thomas Winkelmann, mit. Erste Fotos der Wrackteile konnten aus der Luft gemacht werden. Sie deuten darauf hin, dass die Maschine an einem Felsen zerschellt ist. Die genaue Unglücksursache ist indes unklar. Einer der Flugschreiber wurde inzwischen am Ort des Absturzes geborgen. Er könnte Aufschluss geben über den bisher unklaren Verlauf des Absturzes.

Die Zahl der verunglückten Deutschen könnte sich noch ändern, da nicht in jedem Einzelfall die Nationalität geprüft werde, sagte Germanwings-Chef Winkelmann. Unter den Passagieren waren demnach auch 16 Schüler aus dem nordrhein-westfälischen Haltern, zwei Babys sowie die beiden Piloten und vier Flugbegleiter. Laut spanischen Medien waren zwischen 42 und 45 spanische Staatsbürger an Bord der Maschine.

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Die Wucht des Aufpralls macht nach Ansicht des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve wenig Hoffnung auf Überlebende unter den Insassen. Nach seinen Angaben sind Hunderte von Soldaten der Gendarmerie sowie etwa ebenso viele Feuerwehrleute, zehn Helikopter und ein Militärflugzeug rund um den Absturzort in den südostfranzösischen Alpen im Einsatz.

Der Unglücksort liegt in einem schwer zugänglichen, verschneiten Gebiet in den französischen Alpen in der Region Barcelonette. Das Flugzeug liegt nach Angaben eines französischen Abgeordneten komplett in Trümmern. "Das Flugzeug ist total zerstört", schrieb Christophe Castaner, Abgeordneter der Region Alpes-de-Haute-Provence, bei Twitter. Er habe die Unfallstelle gemeinsam mit Cazeneuve überflogen. "Entsetzliche Bilder in dieser Berglandschaft. Es bleibt nichts außer Trümmern und Körpern."

Ein Anwohner aus der Region Alpes-de-Haute-Provence habe die Trümmer von einem Gebirgspass aus gesehen, berichtet die Zeitung "La Provence". "Von da oben konnte ich die Trümmer sehen. Ich habe keinen Zweifel, dass das Flugzeug gegen die Felswand geprallt ist", zitiert die Zeitung den Einwohner.

Kanzlerin sagt alle Termine ab

Die letzten Stunden von Flug 4U9525

6.48 Uhr: Die Unglücksmaschine der Germanwings hebt in Düsseldorf Richtung Barcelona ab.

8.57 Uhr: Die Airbus A320 landet in Barcelona.

10.01 Uhr: Flug 4U9525 startet in Barcelona in Richtung Düsseldorf.

10.45 Uhr: Die Maschine erreicht die reguläre Reiseflughöhe von 38.000 Fuß.

10.46 Uhr: Nach nur einer Minute verlässt der Flieger wieder die Reiseflughöhe und setzt zum Sinkflug an.

10.53 Uhr: Auf Höhe von 6000 Fuß bricht der Kontakt zum Radar ab. Kurz darauf stürzt 4U9525 ab.

Die Katastrophe löste weltweit Entsetzen aus. Frankreichs Staatschef François Hollande sprach von einer "Tragödie". Er telefonierte nach Angaben des Elysée-Palastes mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und sicherte ihr seinen "Beistand" zu. Die Bundeskanzlerin sagte vorerst alle Termine ab. "Es ist ein Schock, der uns in Deutschland in tiefe Trauer stürzt", sagt Merkel. Sie kündigte an, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verkehrsminister Alexander Dobrindt auf dem Weg zum Unfallort seien.

Die Kanzlerin selbst will morgen gemeinsam mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zur Unglücksstelle reisen. Bundespräsident Joachim Gauck, der mitten auf einer Südamerikareise befindet, sagte den letzten Teil seiner Staatsbesuche ab. Er wollte ursprünglich diesen Mittwoch und Donnerstag Uruguay besuchen.

Letzter Check der Maschine erst gestern

Der Airbus A320 gehörte zu den älteren Modellen der Flotte. Nach Informationen der Website Airfleets.net war sie am 6. Februar 1991 an die Lufthansa ausgeliefert worden. Zwischenzeitlich war der Jet mit 147 Sitzplätzen und der Kennung D-AIPX unter dem Städtenamen "Mannheim" unterwegs. Ihren Jungfernflug hatte sie am 29. November 1990.

Helfer haben die ersten Wrackteile erreicht.

Helfer haben die ersten Wrackteile erreicht.

(Foto: dpa)

Nach Angaben der Fluggesellschaft war die Maschine mit aktuellster Computertechnik ausgestattet. Ein Technik-Problem, wie es kürzlich bei einer Lufthansa-Maschine aus derselben Airbus-Familie bekanntgeworden war, sei daher bei dem Unglücksflieger nicht zu erwarten. Das sagte der Leiter des Flugbetriebs bei Germanwings, Stefan-Kenan Scheib.

Scheib wollte sich nicht dazu äußern, warum die Maschine vor dem Unglück in einem achtminütigen Sinkflug war. Es könne "viele, viele Gründe" dafür geben. Das sei "wilde Spekulation". Wichtig sei nun unter anderem der Fund der sogenannten Blackboxes, also der Flugschreiber. Die deutsche Pilotengewerkschaft, Vereinigung Cockpit e.V., teilte mit, mit Hilfe ihrer Experten die Unfalluntersuchung zu unterstützen. "Wir sind tief erschüttert, unsere Gedanken sind bei den Angehörigen. Wir appellieren an die Öffentlichkeit, sich mit Spekulationen zurückzuhalten, da diese besonders schmerzhaft für die Hinterbliebenen und einer objektiven Unfalluntersuchung nicht dienlich sind", sagte Pressesprecher Jörg Handwerg.

Laut Germanwings-Chef Winkelmann war der Pilot seit mehr als zehn Jahren für Germanwings und Lufthansa geflogen. Auf dem Modell Airbus habe er über 6000 Flugstunden absolviert. Die Maschine, die mit der Flugnummer 4U9525 unterwegs war, sei noch am Montag einem letzten Routinecheck unterzogen worden. Heute morgen sei das Flugzeug um 6.48 Uhr zunächst mit 122 Passagieren von Düsseldorf nach Barcelona geflogen, bevor sich die Maschine um 10.01 Uhr wieder auf den Weg zurück nach Düsseldorf gemacht habe.

Geschwindigkeit wie bei Landeanflug

Einen terroristischen Hintergrund schließen die deutschen Behörden jedoch derzeit aus. Derzeit gibt es unterschiedliche Informationen über den Hergang, den auch Germanwings-Chef Winkelmann noch nicht aufklären konnte. Die französische Luftfahrtbehörde DGAC erklärte, die Luftraumkontrolle habe beschlossen, Alarm zu schlagen, nachdem es keinerlei Kontakt mehr zu der Besatzung und dem Flugzeug gegeben habe. Zuvor hatte die DGAC erklärt, von der Maschine sei um 10.47 Uhr ein Notsignal gesandt worden. Der Funkkontakt riss laut Germanwings um 10.53 Uhr ab.

Zuvor war die Maschine über dem Mittelmeer auf ihrer regulären Reiseflughöhe von knapp 12.000 Metern geblieben. Dann sank sie zunächst langsam und mit der Zeit immer schneller, bis das Signal verloren ging. Das geht aus Daten hervor, die die Website planefinder.net auf Twitter veröffentlicht hat. Zuletzt sei eine Höhe von knapp 2100 Metern registriert worden, meldet Flightradar24. Die Maschine sei mit einer Geschwindigkeit von etwa 900 bis 1200 Meter pro Minute heruntergegangen. Das sei vergleichbar mit dem Standard bei Landeanflügen.

Es ist die erste Flugzeugkatastrophe in Frankreich seit dem Absturz einer Air-France-Concorde kurz nach ihrem Start in Paris am 25. Juli 2000. Damals starben 113 Menschen, darunter 97 Deutsche. Es ist zudem das schwerste Flugzeugunglück seit mehr als 40 Jahren auf dem französischen Festland. Beim Absturz einer DC-10 der türkischen Fluggesellschaft Turkish Airlines waren am 3. März 1974 nördlich von Paris 346 Menschen ums Leben gekommen.

Krisenhotlines

Das Auswärtige Amt hat nach dem Absturz einen Krisenstab eingerichtet. Angehörige könnten sich unter der Krisenhotline 030 - 5000 3000 informieren, teilte ein Sprecher mit. Das Außenministerium stehe in engstem Kontakt mit den französischen Behörden.

Auch der Flughafen Düsseldorf hat eine Hotline für Angehörige eingerichtet. Unter der Rufnummer 0800 - 1133 5577 können diese sich informieren, teilte der Flughafen mit.

Quelle: ntv.de, nsc/bdk/rts/AFP/dpa

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