TV-Doku sammelt Indizien Männern gelang wohl die Flucht von Alcatraz
14.10.2015, 14:43 Uhr
Die Anglin-Brüder 1962.
(Foto: REUTERS)
Bisher galt die Gefängnisinsel Alcatraz als absolut ausbruchssicher. Wer es trotzdem versuchte, bezahlte mit seinem Leben. Aber nun legt eine US-Dokumentation den Schluss nahe, dass drei Männern das Unmögliche doch gelungen ist.
Am 11. Juni 1962 flüchten John und Clarence Anglin aus ihren Zellen auf der Gefängnisinsel Alcatraz in der Bucht von San Francisco. An ihrer Seite ist auch der Bankräuber Frank Morris, der wohl den Fluchtplan erdachte. Später rekonstruieren die Ermittler den Ausbruch folgendermaßen: Drei Monate lang kratzt das Trio mit Löffeln den Zement aus der Mauer.
Durch die entstandenen Öffnungen erreichen Morris und die Anglin-Brüder einen Lüftungsschacht, der sie bis aufs Dach führt. Von dort gelangen sie in den Hof und gehen zum Wasser. Für die Überfahrt zum Festland nutzen sie ein Floß, dass sie aus gestohlenen Regenmänteln gebastelt haben. Damit die Wärter keinen Verdacht schöpfen, deponieren sie in ihren Betten Köpfe aus Pappmaschee und tatsächlich bleibt die Flucht der Männer mehrere Stunden unentdeckt.
Auf ihrer Überfahrt ertrinken die drei Ausbrecher, so jedenfalls die Theorie der Ermittler, obwohl ihre Leichen bis heute nicht gefunden wurden. Dessen ungeachtet werden sie weiter auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher geführt. Nun lassen allerdings Informationen aus der Familie der Anglin-Brüder den Schluss zu, dass sie nicht nur lebend das Festland erreichten, sondern hinterher ein neues Leben begannen.
Grüße, Fotos, Knochen
In einer Dokumentation des TV-Senders "History" behaupten David und Ken Widner, ihre Onkel hätten mindestens bis Mitte der 1970er Jahre in Freiheit gelebt. Dafür legen sie auch mögliche Beweise vor. Zum einen habe die Mutter der Anglin-Brüder auch nach dem Ausbruch Weihnachtskarten von ihren Söhnen erhalten. Handschriftliche Gutachten ergaben eine Übereinstimmung mit Karten, die John und Clarence Anglin eindeutig aus Alcatraz geschrieben hatten. Allerdings sind die anderen Weihnachtsgrüße nicht frankiert und datiert, so dass sich nicht eindeutig feststellen lässt, in welchem Jahr sie geschickt wurden.
Etwas konkreter wird es mit einem Foto, dass die Familie Anglin vorlegt. Darauf sollen Clarence und John in den 1970er Jahren in Brasilien zu sehen sein, wo sie angeblich eine Farm besaßen. Auf dem Foto stehen zwei Männer an einem großen Stein, im Hintergrund verläuft eine Straße. Beide Männer tragen Sonnenbrillen und weisen deutliche Ähnlichkeit mit Polizeifotos auf, mit denen ihr Alterungsprozess simuliert worden war.
Das Bild wurde angeblich von Fred Brizzi aufgenommen, der mit den Anglin-Brüdern zusammen aufgewachsen war. Brizzi will die Ausbrecher in Rio de Janeiro in einer Bar getroffen haben. David und Ken Widner vermuten, dass die Bilder die Familie beruhigen sollten. Allerdings wurde Brizzi beim Schmuggeln von Drogen erwischt und dafür verurteilt, so dass die Fotos erst 1992 bei der Familie Anglin ankamen.
Wurde der Mythos Alcatraz besiegt?
Außerdem gibt es noch Ergebnisse einer DNA-Probe. Dazu wurden die sterblichen Überreste eines weiteren Anglin-Bruders exhumiert. Er war bei einem Fluchtversuch aus einem anderen Gefängnis durch einen Stromschlag ums Leben gekommen. Als die gewonnenen Erbinformationen mit dem Material aus bei Alcatraz gefundenen Knochen verglichen wurden, ergab sich keinerlei Übereinstimmung. Diese Information lässt mehrere Schlüsse zu: Der unbekannte Tote könnte Morris sein, der keine Verwandten hatte, mit deren Material man einen DNA-Test machen könnte. Die Knochen der Anglin-Brüder wurden nie gefunden. Oder aber, sie haben die Flucht überlebt und den Mythos Alcatraz besiegt.
Der US-Marshal Art Roderick, der 20 Jahre lang versuchte, die Flucht aufzuklären, zeigte sich elektrisiert von den neuen Erkenntnissen. Der "New York Times" sagte er: "Dies ist absolut der beste nachprüfbare Hinweis, den wir je hatten." Roderick will das neue Beweismaterial jetzt zehn mit dem Fall vertrauten Personen vorlegen. Sollten sich alle Annahmen bestätigen, könnten sich die Ausbrecher mit einem einmaligen Erfolg brüsten. Alle anderen Fluchtversuche aus dem Hochsicherheitsgefängnis scheiterten, die Gefangenen wurden wieder gefasst, erschossen oder ertranken.
Quelle: ntv.de, sba