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Viele Unwettertote vermutet Spaniens Rettungskräfte gehen in Tiefgaragen auf Leichensuche

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Am Einkaufszentrum Bonaire laufen die Pumpen, doch noch ist unklar, worauf die Rettungskräfte in der Tiefgarage treffen.

Am Einkaufszentrum Bonaire laufen die Pumpen, doch noch ist unklar, worauf die Rettungskräfte in der Tiefgarage treffen.

(Foto: REUTERS)

Die gewaltigen Wassermassen überraschen in der vergangenen Woche die Menschen in Spanien in ihrem Alltag. Als tödliche Falle erweisen sich die Tiefgaragen von Wohnhäusern oder Einkaufszentren. Noch immer steht dort das Wasser und die Rettungskräfte vermuten darin getötete Menschen. Sie wissen nur nicht, wie viele es sein werden.

Die Rettungskräfte in Spanien befürchten, dass ihnen bei den Aufräumarbeiten noch schreckliche Funde bevorstehen. Unter anderem werden derzeit mehrere Tiefgaragen in den Orten rund um Valencia untersucht. Medienberichten zufolge könnten die Räume, in denen normalerweise Einkaufswillige und Einwohner ihre Autos abstellen, bei den schweren Überschwemmungen zu Massengräbern für Hunderte Opfer geworden sein.

Im Einkaufszentrum Bonaire in Aldaia, einem Vorort von Valencia, kommt unter anderem ein Team spezialisierter Sporttaucher zum Einsatz. Mit Booten und Robotern bewegen sie sich durch die beiden Parkdecks des Einkaufszentrums, das eines der größten des Landes ist. Nachdem die Abwässer abgepumpt sind, sollen die Bereiche nach Menschen abgesucht werden. Schon jetzt wurden Hunderte verlassene Autos entdeckt. Viele befürchten, dass das, was die Suchteams nach der Beseitigung des Wassers entdecken werden, unglaublich schrecklich sein wird. Obwohl die Pumpen ununterbrochen laufen, sind noch nicht alle Parkdecks abgepumpt.

"Wir wissen nicht, was wir finden werden", sagte Aldaias Bürgermeister Guillermo Luján im Sender TVE. Er befürchte aber "Schreckliches". Viele Menschen hatten keine Zeit mehr, auf die Warnungen zu reagieren und könnten bei dem Versuch ums Leben gekommen zu sein, der Katastrophe im Auto zu entkommen. Bestätigt sind bisher mehr als 200 Tote, es werden jedoch noch 2000 Menschen vermisst. In die Region wurden fast 10.000 Soldaten und Polizeikräfte entsandt, um bei der Suche zu helfen.

Schwieriges Operationsgebiet

Dass in den Tiefgaragen Menschen ums Leben gekommen sind, ist sicher. Die Frage, die die Rettungskräfte umtreibt, ist, wie viele es sind. Die Toten ausfindig zu machen, ist extrem schwierig. Die Räume sind voller Schutt, ausgelaufenem Öl, Diesel und Benzin. Hinzu kommen Gegenstände, die durch das Wasser völlig unberechenbar umhergetrieben wurden. Wegen der Verschmutzungen ist im Wasser so gut wie nichts zu erkennen.

Verkehrsminister Oscar Puente erklärte, die Rettungskräfte hätten zuerst "die besser zugänglichen" Orte "an der Oberfläche" abgesucht. Es gebe aber noch viele überflutete Erdgeschosse, Keller und Tiefgaragen, die noch nicht abgesucht worden seien. Es sei davon auszugehen, "dass sich dort noch Tote befinden".

Allein das Einkaufszentrum Bonaire hat 5700 Parkplätze. Die Juristin Cristina Vano hat bereits ehrenamtlich die Autos kontrolliert, die auf den ebenerdigen Parkflächen zurückgeblieben waren. Wenn sie in den Fahrzeugen keine Leiche entdecken konnte, hat sie das Auto mit einem X aus Klebeband gekennzeichnet. Vermutet sie einen Toten, ruft sie die Polizei. Vano sagte dem TV-Sender Sky, was in den Tiefgaragen zu erwarten ist, sei vollkommen unklar. "Die Polizei in Aldaia sprach davon, dass wir vielleicht 80 Personen finden würden - ich hoffe, es werden weniger sein. Es ist wirklich traurig, aber wir erwarten viel."

Sorge vor neuem Regen

Augenzeugen berichten von weit mehr als 100 Autos, die sich noch in der Tiefgarage befinden. Auch andere Tiefgaragen, die innerhalb kürzester Zeit mit Wasser vollgelaufen waren, wurden bisher noch nicht vollständig durchsucht. Schon unmittelbar nach den extremen Regenfällen waren in der Tiefgarage eines Wohnhauses in Valencias Vorort La Torre acht Menschen gestorben, weil sie versucht hatten, ihre Autos nach oben zu fahren.

Der spanische Wetterdienst warnte zudem vor neuen starken Regenfällen im Hochwassergebiet. Den ntv-Meteorologen zufolge steigt das Schauer- und Gewitterrisiko ab Donnerstag wieder von Tag zu Tag. In Teilen der Region Valencia galt am Sonntagabend erneut Alarmstufe rot. Am Montag wurde die Warnstufe auf Orange herabgesetzt.

Die sintflutartigen Regenfälle am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche ließen Flüsse anschwellen, Straßen und Erdgeschosse von Gebäuden unter Wasser setzen und Autos und Mauerstücke in Schlammfluten mitreißen. Es war die schlimmste Hochwasserkatastrophe in Europa seit fünf Jahrzehnten.

Quelle: ntv.de, sba mit AFP

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