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Talk bei "Hart aber fair" "Wintertourismus in den Alpen hat sich verändert"

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"Der Permafrost verschwindet": Extrembergsteiger Reinhold Messner.

"Der Permafrost verschwindet": Extrembergsteiger Reinhold Messner.

(Foto: WDR/Dirk Borm)

Die Klimakrise wirkt sich auf den Tourismus aus. In der ARD-Talkshow "Hart aber fair" reden die Gäste über mögliche Konzepte, wie wir auch weiterhin einen schönen Urlaub verbringen können - in den Alpen und im Rest der Welt.

Wer in diesem Winter einen Skiurlaub in den Alpen machen wollte, hat möglicherweise Pech gehabt. Denn die immer wärmeren Winter beeinflussen auch den Skitourismus in den Alpen. Im Dezember gab es für kurze Zeit erstaunlich viel Schnee. Dann hatten wir einen sehr warmen Januar, im Februar wurde es kurzfristig wieder kalt und es gab beste Bedingungen für Skiläufer. Doch das wird sich ändern. Experten gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren mit Schnee nur noch in einer Höhe ab 2000 Metern zu rechnen ist. Wie sich der Tourismus in den nächsten Jahren verändern wird, ist am Montagabend das Thema bei "Hart aber fair" in der ARD.

In den vergangenen Jahren seien die Gletscher in den Alpen immer kleiner geworden, berichtet Extrembergsteiger Reinhold Messner. Dafür ist die Erderwärmung verantwortlich. Die bewirkt vor allem, dass der Permafrost in den Alpen verschwindet. "Das ist eine Art gefrorener Lehm, der die Berge zusammenhält", sagt er. Wenn Permafrost verschwindet, kommt der Boden ins Rutschen. Dadurch lösen sich Stücke aus den Bergen und stürzen in die Tiefe. Diese Stücke können so groß wie Häuser sein.

Im vergangenen Sommer brach im österreichischen Bundesland Tirol im Fluchthorn-Massiv ein ganzer Berggipfel ab - mit Gipfelkreuz. Der zuständige Leiter der örtlichen Bergrettung in Galtür erklärte damals in einem Interview, die Bergspitze habe eine Größe von 100 Metern gehabt. Bei dem Bergsturz war eine riesige Steinlawine den Berg hinabgedonnert. Glücklicherweise kam niemand dabei ums Leben. Messner berichtet von einer Katastrophe in den Dolomiten. Dabei habe sich von einem Berg ein Brocken von 400 Metern gelöst. Vermutlich meint er die Katastrophe am Torre Venezia im April 2020.

Noch sind Bergstürze in diesem Riesenausmaß selten. Aber das wird sich ändern, sagen Experten - mit Auswirkungen auch auf den Wintersport. "Ich glaube, dass wir in einer Zeit angekommen sind, in der wir uns Gedanken machen müssen, ob so etwas noch tragbar ist", sagt der ehemalige Skirennläufer Christian Neureuther bei "Hart aber fair". Und Martina von Münchhausen, Expertin für nachhaltigen Tourismus beim World Wide Fund for Nature, fügt hinzu: "Die Alpen sind nicht nur ein Vergnügungs- oder Freizeitpark, um da Ski zu laufen, sondern die Alpen sind eine der hochsensiblen Regionen auf der Welt." Doch es gibt Alternativen zum reinen Skitourismus.

Alpentourismus das ganze Jahr

Tatsächlich haben einige Alpen-Tourismusregionen in den vergangenen Jahren neue Konzepte entwickelt. Sie setzen nicht mehr auf den reinen Wintersport. Stattdessen bieten sie Wandertouren, Spazierwege oder Wellnessurlaub. "Sanfter Tourismus", so nennen sie das.

Doch das wird nicht reichen. Reinhold Messner fordert: "Wir müssen die Gäste weiter verteilen." Außerdem setzt er sich für bessere Zugverbindungen ein, um vor allem in den Dolomiten kilometerlange Staus zu verhindern. Und er sagt: "Wir müssen endlich verstehen, was die Leute suchen, wenn sie ins Gebirge kommen: die Stille, die Erhabenheit, die Ruhe. Und das finden sie nicht mehr."

Schon jetzt hat sich der Wintertourismus in den Alpen deutlich verändert, hat Messner festgestellt. Er beobachtet immer mehr Winterwanderer. Und für diese Zielgruppe hat er ein neues Angebot geschaffen, sagt Messner: "Ich habe ein fünfteiliges Museum auf die Beine gestellt über den Spannungsbogen zwischen der Menschennatur und der Bergnatur. Die Menschen sollen verstehen, was eigentlich Berge sind. Sie sollen die Berge greifen und begreifen, um sie auch schützen zu können." Messner betreibt inzwischen mehrere Museen. Das wichtigste dürfte jenes in Schloss Sigmundskron bei Bozen in Südtirol sein.

Nachhaltiger Tourismus europaweit

Doch nicht nur in den Alpen macht man sich Gedanken über nachhaltigen und sanften Tourismus. Häufig geht es einfach nur darum, sich der Urlauberströme zu erwehren. So muss man in Zukunft Eintritt zahlen, wenn man die Altstadt von Venedig besuchen möchte, in Dubrovnik dürfen nur noch zwei Kreuzfahrtschiffe pro Tag anlegen und in Südtirol gilt eine Begrenzung der Übernachtungsmöglichkeiten.

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Doch es geht auch anders, berichtet Bayerns Tourismusministerin Michaela Kaniber von der CSU bei "Hart aber fair". Der Freistaat ist auf das Geld der Touristen angewiesen. Darum sind zunächst der Tegernsee und der Schliersee zu smarten Tourismusregionen geworden. Die Regionen leben vor allem vom Tagestourismus. Mithilfe einer App können Urlauber freie Parkplätze finden. Ist das anvisierte Reiseziel überlastet, schlägt sie Alternativen vor.

Damit nachhaltiger Tourismus jedoch wirklich klappt, braucht es vor allem die Reisenden selbst, findet Kaniber. Es sei wichtig, wenn die Menschen die Natur erleben wollen. "Aber der Respekt vor der Almwirtschaft, vor den Wildtieren und der Natur muss auch gelernt werden", sagt sie.

Quelle: ntv.de

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