Linke kritisiert Grexit-Spekulation Berlin erwartet Vertragstreue von Athen
04.01.2015, 14:59 Uhr
Tritt Griechenland aus dem Euro aus? Berlin scheint das mittlerweile gelassen zu sehen.
(Foto: dpa)
Bisher hat die Bundesregierung sich nicht zu dem Bericht geäußert, sie könne sich ein griechisches Euro-Aus vorstellen. Und doch pocht sie auf Athens Verpflichtungen. Die Linke wiederum greift die Regierung scharf an und wirft ihr eine Erpressung Griechenlands vor.
Die Bundesregierung erwartet, dass Griechenland auch im Falle eines Sieges des linksgerichteten Oppositionsführers Alexis Tsipras bei der vorgezogenen Parlamentswahl Ende Januar seinen Verpflichtungen nachkommen wird. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter sagte: "Griechenland ist in der Vergangenheit seinen Verpflichtungen nachgekommen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland auch weiterhin seinen Verpflichtungen nachkommen wird."
Der Sprecher reagierte damit auf einen Bericht des "Spiegel", demzufolge die Bundesregierung bereit ist, Griechenland notfalls aus der Eurozone ausscheiden zu lassen. Demnach halten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) einen Austritt des Landes aus der Gemeinschaftswährung inzwischen für verkraftbar. In der Regierung würden Szenarien erwogen, ob und wie Griechenland den Euro verlassen, aber in der Europäischen Union bleiben könnte.
Ein griechischer Austritt aus der Eurozone sei dem Bericht nach unausweichlich, sollte Tsipras nach der Wahl die Regierung übernehmen und einen haushaltspolitischen Kurswechsel vollziehen. Seine Partei Syriza liegt in Umfragen knapp vor den Konservativen. Der Parteichef hatte für den Fall eines Wahlsieges angekündigt, die im Zusammenhang mit den internationalen Finanzhilfen auferlegte Sparpolitik abmildern zu wollen. Zuletzt waren seine Äußerungen jedoch gemäßigter.
"Organisierte Verantwortungslosigkeit"
Das Bundesfinanzministerium wollte den Bericht nicht kommentieren. Allerdings hieß es dort, dass die Aussagen Schäubles von vor wenigen Tagen zu Griechenland weiter Geltung hätten. Der Minister hatte Griechenland vor einer Aufgabe seines Reformkurses gewarnt und erklärt: "Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig."
Linke-Chef Bernd Riexinger warf der Bundesregierung unterdessen Erpressung und eine gezielte Destabilisierung Griechenlands vor. "Die Bundesregierung lanciert mit dieser gezielten Indiskretion eine Bombe, die in Griechenland die Krise eskaliert", sagte er dem "Handelsblatt". "Mit dieser Art öffentlicher Erpressung wird Griechenland gezielt vor den Wahlen destabilisiert."
Solche Meldungen könnten in Griechenland einen Ansturm auf die Banken provozieren, so Riexinger. "Das ist organisierte Verantwortungslosigkeit." Die Kanzlerin sei jetzt in der Pflicht, "unverzüglich und unmissverständlich" ihre Haltung zur Integrität der Eurozone klar zu stellen.
AfD-Chef Bernd Lucke sieht sich dagegen durch den Bericht über die geänderte Haltung der Bundesregierung bestätigt. "Ich begrüße die späte Einsicht von Frau Merkel und Schäuble, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euro verkraftbar wäre", sagte der Vorsitzende der eurokritischen Alternative für Deutschland. Kritisch sieht einen griechischen Euroaustritt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der vor Risiken für die Stabilität des Euroraums warnte.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP/rts