Heftige Kritik an Berlin-Treffen Bildungsgipfel bloß eine "Show"?
14.03.2023, 10:57 UhrAm Bildungsgipfel der Bundesregierung wird heftige Kritik geübt. Von "Show" ist die Rede, es gebe "keine gemeinsame Arbeitsgrundlage" und es bleibe bei "Gerede im Grundsätzlichen". Kälter könnte die Schulter nicht sein, die die Länder Bildungsministerin Stark-Watzinger zeigen.
Vor dem Bildungsgipfel der Bundesregierung an diesem Dienstag üben mehrere Bundesländer und ein großes Bündnis aus Stiftungen, Verbänden und anderen Gruppen Kritik an der Veranstaltung. Mehrere Länder haben vor dem Treffen auf Einladung von Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger eine fehlende vorherige Abstimmung über die Themen bemängelt. Die nordrhein-westfälische Schulministerin Dorothee Feller sagte der "Rheinischen Post", die Länder seien "im Vorfeld nicht inhaltlich durch den Bund einbezogen" worden. Damit gebe es "keine gemeinsame Arbeitsgrundlage". Nordrhein-Westfalen werde deshalb nur auf Arbeits-, nicht aber auf Ministerebene vertreten sein, so die CDU-Politikerin. Laut "Tagesspiegel" haben überhaupt nur zwei Landesbildungsminister ihr Kommen zugesagt.
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien, ebenfalls CDU, kritisierte eine unzureichende Vorbereitung durch den Bund. Alle Voraussetzungen, um gut miteinander arbeiten zu können, "liegen leider nicht vor", sagte sie im Radiosender NDR Info. "Und deshalb liegt der Verdacht nah, dass hier eher lustlos der Koalitionsvertrag abgearbeitet werden soll."
Prien verwies darauf, dass konkrete Themen eigentlich auf dem Tisch lägen, die dringend bearbeitet werden müssten. Dazu gehörten die Lehrerausbildung, die Fortsetzung des Digitalpakts und das Startchancenprogramm, bei dem bundesweit 4000 benachteiligte Schulen finanziell unterstützt werden sollen. "Deshalb finde ich dieses Gerede auf einem solchen Gipfel, was so im Grundsätzlichen verharrt, das hilft einfach keinem einzigen Schüler, keiner einzigen Schülerin und auch keiner Lehrkraft weiter", sagte Prien.
"Ein solcher Gipfel nicht ausreichend"
Das Bildungsministerium erklärte auf Anfrage von ntv.de, eine "unmittelbare Beteiligung aller 16 Ländervertreter" sei "aufgrund des Auftaktcharakters" nicht vorgesehen gewesen. Auch wenn eine Einladung an alle "bewusst gewählt" worden sei. Der Gipfel sei eine Einladung, über neue Formen der Zusammenarbeit zu diskutieren.
Kritik an dem zweitägigen Treffen kam auch von Lehrerverbänden. Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, bezeichnete das Format des Treffens in den Zeitungen der Funke Mediengruppe als "enttäuschend". Es seien so große Veränderungen notwendig, dass ein solcher Gipfel nicht ausreichend sei, um vorwärtszukommen.
Der Deutsche Lehrerverband nannte die Erwartungen an das Treffen "bescheiden". Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger forderte in den Funke-Zeitungen, "dass der Bund klarstellt, wann und mit welcher Haushaltsausstattung die im Koalitionsvertrag der Ampel verabredeten Bildungsprojekte umgesetzt werden." Zudem dürfe der Bildungsgipfel keine "singuläre Showveranstaltung" bleiben, sondern müsse den Anfang bilden für einen permanenten Diskurs über bessere Bildung mit allen Beteiligten. Meidinger bekräftigte außerdem die Forderung nach einem Sondervermögen Bildung in Höhe von 100 Milliarden Euro.
Die Vorsitzende des Bundeselternrates sagte dem "Tagesspiegel": "Wir hatten eine bestimmte Erwartung, nämlich einen richtigen Gipfel." Sie hatte sich eine "tiefe inhaltliche Bildungsdebatte" gewünscht und eine Vereinbarung am Ende des Gipfels. "Aber nun wird nur eine oberflächliche Plattform geschaffen, um sich auf zwei Panels kurz öffentlich auszutauschen."
Großes Bündnis ruft zu Reformen auf
Angesichts massiver Probleme an den deutschen Schulen und Kitas ruft ein großes Bündnis aus Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften die Bundes- und Landesregierungen dringend zu tiefgreifenden Reformen auf. Zentrale Herausforderungen seien der sich auf Jahre abzeichnende Lehrkräftemangel, verfehlte Mindeststandards beim Lernerfolg, der schleppend verlaufende digitale Umbau sowie ungleiche Bildungschancen zwischen Kindern aus reichen und armen Familien.
Eine komplexe Bürokratie und die holperige Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen verhinderten zurzeit aber oft spürbare Verbesserungen, heißt es weiter in dem vor dem Bildungsgipfel der Bundesregierung am Dienstag veröffentlichten Appell. Mit dabei sind unter anderem neun große Stiftungen sowie der Lehrerverband und die Gewerkschaften GEW und Verdi.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa