Mögliche Vertreibung aus Ukraine Bund bereitet sich auf Fluchtbewegung vor
23.02.2022, 18:43 Uhr
Ukrainische Grenzbeamte an einem Kontrollpunkt. Rumänien signalisierte bereits Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Im Falle eines Krieges in der Ukraine droht eine massive Fluchtbewegung in Europa. Mögliches Ziel ist dabei auch Deutschland. Die Bundesregierung macht sich auf "alle denkbaren Szenarien" gefasst. Der Städte- und Gemeindebund fordert bereits die Reaktivierung von Erstaufnahmeeinrichtungen.
Angesichts der russischen Aggression in der Ukraine bereitet sich auch Deutschland auf eine mögliche Fluchtbewegung von dort gen Westen vor. Auf die Frage, ob womöglich auch Deutschland im Falle einer großangelegten Invasion zu einem wichtigen Fluchtziel werden könne, antwortete der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, in Berlin: "Das ist heute, jedenfalls aus Sicht des Bundesinnenministeriums, noch nicht seriös abschätzbar, aber natürlich sind wir auf denkbare Szenarien vorbereitet und natürlich sind wir darüber auch mit den Ländern im Kontakt, was Aufnahmekapazitäten angeht."
Zur Koordination möglicher Hilfe stehe man zudem mit mehreren EU-Staaten, darunter auch die baltischen Staaten, sowie mit der Europäische Kommission in Kontakt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte am Montag gesagt, Deutschland bereite sich derzeit vor allem darauf vor, den Ländern um die Ukraine mit humanitärer Unterstützung zu helfen. "Und wenn Flüchtlinge in unser Land kommen, denen natürlich auch", fügte die SPD-Politikerin hinzu. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte das direkt an die Ukraine grenzende Polen als vermutlich wichtigstes Fluchtziel genannt, daneben aber auch Italien, Deutschland und Frankreich.
Städte- und Gemeindebund fordert finanzielle Mittel
Auch der Städte- und Gemeindebund fordert Vorkehrungen für eine mögliche Fluchtbewegung aus der Ukraine. "Wir erwarten eine enge Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um ausreichend Zeit für eine umfassende Vorbereitung zu bekommen", sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem "Handelsblatt". Zu den notwendigen Vorbereitungen gehöre es, Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder wiederaufleben zu lassen und notwendige finanzielle Mittel bereitzustellen.
Die Vereinigten Staaten befürchten bei einem Krieg in der Ukraine, dass bis zu fünf Millionen Menschen flüchten müssen oder vertrieben werden. "Wenn Russland diesen Weg weitergeht, könnte es nach unseren Schätzungen eine neue Flüchtlingskrise auslösen, eine der größten, mit der die Welt heute konfrontiert ist - mit bis zu fünf Millionen weiteren vertriebenen Menschen", sagte die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield vor der UN-Vollversammlung in New York.
Rumänien hatte zuvor angekündigt, mehr als eine halbe Million Menschen aus der Ukraine aufnehmen zu können. Er rechne nicht mit so vielen Menschen, sagte Verteidigungsminister Vasile Dancu am Dienstag. Aber sein Land sei bereit, mehr als 500.000 Flüchtlinge aufzunehmen. "Das ist die Zahl, auf die wir vorbereitet sind." Der EU-Mitgliedstaat Rumänien hat eine 650 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine.
Die Kinderhilfsorganisation World Vision bereitet sich bereits auf mögliche Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine nach Rumänien vor. Das dortige Büro soll vor allem das Wohlergehen von Kindern sicherstellen, teilt World Vision mit. "Falls nötig, sollen auch Binnenflüchtlinge in der Ukraine über lokale Partner versorgt werden."
Quelle: ntv.de, mdi/dpa/AFP/rts