
Nein, es lag nicht daran, dass Christian Lindner hinter Armin Laschet verblasst wäre. Hier feiern die beiden im vergangenen Juni vier Jahre Schwarz-Gelb in NRW.
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In fast allen Bundesländern hat die FDP am Sonntag zugelegt - ausgerechnet in Nordrhein-Westfalen jedoch nicht. Dort regiert sie seit vier Jahren mit CDU-Chef Armin Laschet. Auf den ersten Blick scheint es, als schade ihr das Regieren mit der CDU. Doch so ist es nicht.
Eines fällt auf am Ergebnis der Bundestagswahl vom vergangenen Sonntag: Die FPD hat zwar bundesweit zugelegt, und zwar um 0,7 Punkte auf 11,5 Prozent. Aber diese Zugewinne verteilen sich höchst unregelmäßig auf die Bundesländer.
Bundesländer, in denen die FDP besonders gut abgeschnitten hat, sind zugleich solche, in denen sie seit mindestens zwei Legislaturperioden nicht mehr an der Regierung beteiligt ist - das gilt für Baden-Württemberg - oder in denen sie zuletzt nicht im Landtag vertreten war, in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, dem Saarland und Sachsen. Nutzt es der FDP also, wenn sie nicht regiert?
Verluste musste die FDP nur in drei Bundesländern hinnehmen, darunter ausgerechnet zwei, in denen sie seit Jahren mit der CDU regiert: Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Auffällig ist besonders die Situation in NRW. Hier regieren die Liberalen in einer Koalition, die von den Beteiligten stets als harmonisch gelobt wird - so sehr, dass Unionskanzlerkandidat und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Sommer mit FDP-Chef Christian Lindner den vierten Jahrestag der Koalitionsvertragsunterzeichnung zelebrierte, um Schwarz-Gelb als Modell für den Bund darzustellen.
Auf den ersten Blick könnte man das Wahlergebnis der FDP in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein als Hinweis darauf interpretieren, dass es sich für die FDP auszahlen könnte, lieber nicht zu regieren als mit der CDU zu regieren, denn in Rheinland-Pfalz, wo die Freidemokraten seit 2016 an einem Ampel-Bündnis beteiligt sind, legten sie bei der Bundestagswahl um 1,3 Punkte zu - nicht sensationell, aber besser als in NRW und besser als im Bundesschnitt.
2017 war die FDP in NRW besonders stark
Solche Interpretationen wären allerdings verfehlt, sagt der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Lucas Constantin Wurthmann. Gerade in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein habe die FDP bei der Bundestagswahl 2017 besonders stark abgeschnitten. Beides sind die Heimatländer der FDP-Politiker Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, die vor allem dort besonders mobilisiert hätten. 2017 ging es für die FDP um viel: Die Legislaturperiode davor hatte die Partei außerhalb des Parlaments verbracht, umso engagierter war ihr Wahlkampf vor vier Jahren. In NRW holte sie damals mit 13,1 Prozent das beste Ergebnis aller Bundesländer, Schleswig-Holstein lag mit 12,6 Prozent auf Platz drei.
Wurthmann weist auf einen zweiten Punkt hin: In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein handele es sich um die ersten großen Wahlen seit den jeweiligen Landtagswahlen. In beiden Bundesländern waren die Landtage ein paar Monate vor der Bundestagswahl 2017 bestimmt worden. "Es könnte sein, dass ein paar FDP-Wähler von 2017 sich jetzt dafür entschieden haben, der FDP einen Dämpfer zu geben." In Rheinland-Pfalz sei dies möglicherweise bereits bei der Landtagswahl im vergangenen März passiert: Da verlor die FDP im Vergleich zur Landtagswahl 2016 0,7 Punkte.
Über den Zustand der schwarz-gelben Koalition in Nordrhein-Westfalen sage das Wahlergebnis jedenfalls nichts aus, so Wurthmann. Die FDP habe in der Landesregierung genug Raum, sich inhaltlich zu profilieren. "Schon mit der nordrhein-westfälischen Corona-Politik, die ja diametral gegen das stand, was in Bayern gemacht wurde, konnte die FDP eins zu eins ihre reine Lehre durchsetzen." Die NRW-FDP habe zwar das Problem, dass ihr Charakterköpfe fehlten. Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp sei außerhalb der FDP kaum bekannt, Bildungsministerin Yvonne Gebauer dagegen werde wie alle Kultusministerinnen und -minister von der Bevölkerung sehr kritisch gesehen.
Aber man dürfe nicht übersehen, dass auch die aktuellen Ergebnisse der FDP in Schleswig-Holstein und NRW im historischen Vergleich sehr gut seien, sagt der Politikwissenschaftler. Wichtiger als die Verluste in NRW, Schleswig-Holstein und auch Bremen sei, dass die FDP in der Fläche gewonnen habe, gerade auch in Ostdeutschland, wo es die Liberalen traditionell eher schwer hätten. "Das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt, dass die FDP langfristig die Perspektive hat, in allen Landtagen vertreten zu sein", meint Wurthmann.
Derzeit gibt es in den Landtagen von Brandenburg, dem Saarland und Sachsen keine FDP-Abgeordneten - in Mecklenburg-Vorpommern seit dem vergangenen Sonntag wieder. "Da befindet sich die FDP auf einem guten Weg."
Quelle: ntv.de