Politik

CSU fordert Transitzonen "Die grüne Grenze ist kein Gegenargument"

"You are here": Orientierung für Flüchtlinge in einer Versorgungsstation am Bahnhof von Passau.

"You are here": Orientierung für Flüchtlinge in einer Versorgungsstation am Bahnhof von Passau.

(Foto: picture alliance / dpa)

Von Transitzonen an den deutschen Außengrenzen ginge ein klares Signal aus, sagt der CSU-Politiker Stephan Mayer. Und zwar dieses: "Es hat keinen Sinn mehr, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen." Den Gegenvorschlag der SPD hält er für ungeeignet.

n-tv.de: Kann es sein, dass das wichtigste Ergebnis des Treffens von Ministerpräsident Seehofer und Bundeskanzlerin Merkel ist, dass die Union nicht mehr intern streitet, sondern gemeinsam die SPD attackiert?

Der CSU-Politiker Stephan Mayer ist innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.

Der CSU-Politiker Stephan Mayer ist innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.

(Foto: picture alliance / dpa)

Stephan Mayer: Es ist ein deutlicher Fortschritt, dass es jetzt ein gemeinsames Positionspapier von CDU und CSU gibt. Die klare Botschaft ist, dass es ein Hauptziel sein muss, die hohen Flüchtlingszahlen schnellstmöglich deutlich zu reduzieren. Viele Forderungen der CSU sind in dieses Papier eingeflossen. Das ist mit Sicherheit die positivste Botschaft vom vergangenen Wochenende.

Allerdings müssen Sie die SPD noch von den Transitzonen überzeugen. Wo gibt es die zentralen Unterschiede zum SPD-Vorschlag der Einreisezentren?

Die Transitzonen wären an der deutschen Außengrenze angebracht, das ist der entscheidende Unterschied. Das Ziel muss doch sein, die Personen außer Landes zu schaffen oder besser gar nicht erst ins Bundesgebiet einreisen zu lassen, die offenkundig kein Recht auf Asyl haben – weil sie aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen oder weil sie aus einem Staat stammen, in dem keine politische Verfolgung stattfindet wie Bangladesch oder Pakistan, oder weil sie nicht bereit sind, ihre Identität preiszugeben. Ich habe starke Zweifel, dass die Idee der SPD uns diesem Ziel näher bringt. Die Gefahr bei den Einreisezentren ist doch, dass die Leute schon im Land sind, wenn ihr Asylverfahren abschlägig entschieden wird.

Die Transitzonen sollen analog zum Flughafenverfahren organisiert werden. An Flughäfen geht es jedoch um sehr viel weniger Menschen auf einem sehr gut kontrollierten Raum. Wie soll das an den Landesgrenzen funktionieren?

Das Transitzonenverfahren ist ja nicht für jeden Einreisewilligen vorgesehen, sondern nur für die, bei denen die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, als Flüchtling oder Asylbewerber anerkannt zu werden. Zweitens ist die grüne Grenze kein sinnvolles Gegenargument. Wenn das Transitzonenverfahren eingerichtet und intensiv kontrolliert würde, ginge davon ein klares Signal aus, insbesondere an die Flüchtlinge, die sich derzeit in der Türkei, in Jordanien und im Libanon aufhalten: Es hat keinen Sinn mehr, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen.

Aber die syrischen Flüchtlinge dürften doch auch nach der Einrichtung von Transitzentren bleiben.

Zunächst einmal ist es ein wichtiges Signal, dass wir unsere Grenzen effektiv schützen und kontrollieren. Zum anderen sind Menschen in Ländern wie der Türkei und Jordanien bereits sicher. Ein Recht auf freie Wahl des Zufluchtsstaates kennt weder das EU-Recht noch das humanitäre Völkerrecht.

Wären große Transitzonen überhaupt logistisch zu stemmen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass dies gut zu organisieren wäre. Wir haben in Bayern ja bereits in Feldkirchen bei Straubing und in Erding größere Zentren. Das läuft sehr ordentlich. So groß die Belastung ist und so brisant die Stimmung in der Bevölkerung ist, so sehr muss man doch auch immer wieder darauf hinweisen, dass die Bundes- und die Landesbehörden insbesondere in Südostbayern sehr effektiv zusammenarbeiten und diese große Herausforderung wirklich exzellent stemmen.

Die zentrale Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten war bislang, die Zahl der Flüchtlinge schnell zu begrenzen. Wie schnell kann das überhaupt gehen?

Ich halte es für illusorisch, dass man es schafft, den Flüchtlingsstrom in absehbarer Zeit zum Erliegen zu bringen. Aber die klare Erwartungshaltung der Bevölkerung und insbesondere auch der Kommunalpolitiker in Südbayern ist, schnell zu einer deutlichen Reduzierung zu kommen. Alle Maßnahmen, die wir auf Bundesebene beraten und hoffentlich bald verabschieden, müssen diesem Ziel Rechnung tragen. Es ist auf Dauer nicht hinnehmbar, dass täglich zwischen fünf- und zehntausend Flüchtlinge über die bayerisch-österreichische Grenze zu uns kommen.

Formal kann in Deutschland niemand Asyl beantragen, der aus einem Mitgliedstaat der EU einreist – also praktisch niemand, der auf dem Landweg nach Deutschland kommt. Eigentlich müssten alle Flüchtlinge nach Österreich zurückgeschoben werden. Wie müsste ein Asylrecht aussehen, bei dem Anspruch und Wirklichkeit nicht so stark auseinanderklaffen?

Jetzt geht es zunächst erst einmal darum, schnellstmöglich diese epochale Herausforderung in den Griff zu bekommen. Danach muss man sich Gedanken machen, welches europäische Asylrecht wir benötigen, um künftig derartige Situationen zu vermeiden. Eine Lehre, die man jetzt schon ziehen kann, ist, dass das Dublin-System gut für normale Zeiten geeignet ist, aber nicht das richtige Instrument, um massenhafte Zuströme von Flüchtlingen zu bewältigen. Das sage ich nicht nur aus deutscher Sicht, sondern auch aus Sicht der exponierten Länder an den Außengrenzen der EU wie Griechenland, Italien oder Ungarn. Nach der Bewältigung dieser Krise müssen wir zu einem dauerhaften Quotensystem kommen, das eine gerechte und solidarische Verteilung der Asylbewerber und Flüchtlinge über die gesamte Europäische Union ermöglicht.

Mit Stephan Mayer sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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