
Bei einer Anti-Pegida-Demo in München am 22. Dezember. Ganz so deutlich sagte Bundeskanzlerin Merkel es nicht.
(Foto: picture alliance / dpa)
In der Auseinandersetzung mit Pegida und AfD setzt die CDU auf Abgrenzung, während die CSU Verständnis für "Ängste und Befürchtungen" zeigt. Was widersprüchlich wirkt, ist eine wohlüberlegte Strategie.
CDU und CSU reagieren sehr unterschiedlich auf die Herausforderung von rechts. Bundeskanzlerin Angela Merkel nennt es selbstverständlich, dass Deutschland Flüchtlinge aufnehme. Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann plant dagegen, die "Rückführung" von abgelehnten Asylbewerbern "deutlich zu verstärken". Das ist nur auf den ersten Blick widersprüchlich.
Bei ihrer jährlichen Klausurtagung in Wildbad Kreuth wollen die CSU-Bundestagsabgeordneten in wenigen Tagen ein Papier beschließen, in dem schnellere Asylverfahren gefordert werden. Darin finden sich natürlich auch die einschlägigen Signalsätze. "Wer aus rein wirtschaftlichen Gründen das Recht auf Asyl als Einwanderungsrecht missbraucht, muss Deutschland zügig wieder verlassen." Und: "Eine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme lehnen wir ab." Scharfe Kritik übt die CSU-Landesgruppe am Winter-Abschiebestopp von Schleswig-Holstein und Thüringen: "Dies ist nicht im Sinne des Rechtsstaats." Die Begründung für diese Forderung zeigt, dass es der CSU um eine Antwort auf die AfD und die Pegida-Demonstrationen geht: Es gebe in der Bevölkerung "Ängste und Befürchtungen, die wir ernst nehmen".
Vergleichbare Zitate gibt es von Spitzenpolitikern der CDU nicht - im Gegenteil. Kurz vor Weihnachten sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber, bei der AfD gebe es ein Gedankengut, das sonst bei der NPD zu Hause sei. Und die Kanzlerin wurde in ihrer Neujahrsansprache ungewöhnlich deutlich: Ohne Pegida namentlich zu nennen, warf sie den Organisatoren Rassismus und Islamfeindlichkeit vor. Sie appellierte sogar an jene, die auf solche Demonstrationen gehen: "Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen! Denn zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ja, sogar Hass in deren Herzen!"
Der Luxus einer Schwesterpartei
Die jeweiligen Strategien liegen auf der Hand: Die CDU fährt einen Kurs der klaren Abgrenzung. Sie überlässt die rechtskonservativen Wähler lieber der AfD, als ihre Öffnung in die Mitte preiszugeben. Anders die CSU. Für sie gilt weiterhin die viel zitierte Mahnung von Franz Josef Strauß, rechts von der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Von links hagelt es daher Kritik: Grünen-Chefin Simone Peter etwa warf der CSU vor, Ressentiments gegen Einwanderer zu schüren und so AfD und Pegida stark zu machen.
So weit, so klassisch. Doch auch in Bayern sind die 80er-Jahre lange vorbei - auch die CSU ist längst eine Partei der Mitte geworden. In seiner eigenen Neujahrsansprache warnte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer nicht etwa vor einer Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme, sondern dankte vielmehr Kommunen, Kirchen und ehrenamtlichen Helfern für deren Arbeit mit Flüchtlingen. Auch das Papier der CSU-Landesgruppe beginnt mit einem Hinweis auf das "bemerkenswerte ehrenamtliche Engagement", das es in Deutschland für Flüchtlinge gibt. Zudem enthält es die Forderung nach einem Bleiberecht für gut integrierte junge Flüchtlinge.
Letztlich spielen CDU und CSU "good cop, bad cop". Die CDU hat sich vom Rechtspopulismus weitestgehend getrennt; dies konnte sie sich auch deshalb leisten, weil sie über den Luxus einer Schwesterpartei verfügt, die sich immer wieder rechtspopulistischen Anwandlungen hingibt. Das gilt auch umgekehrt: Die CSU kann sich ihre markigen Sprüche nur erlauben, weil sie als Teil der Union in der Mitte verankert ist.
Sollte sich die AfD dauerhaft etablieren, wäre Franz Josef Strauß zwar widerlegt. Dennoch bliebe die Strategie der Union richtig: Beide, CDU und CSU, haben in der Mitte mehr zu verlieren, als sie rechts gewinnen können. Es ist ein historisches Verdienst von CDU und CSU, weit rechts stehende Wähler in die demokratische Gesellschaft der alten Bundesrepublik integriert zu haben. Unter Merkel hat die Union verstanden, dass sie es damit allerdings nicht übertreiben darf, wenn sie nicht riskieren will, selbst aus der Mitte verbannt zu werden.
Quelle: ntv.de