"Depperte Personaldebatten" Guttenberg sagt Machtkampf ab
29.10.2010, 21:33 Uhr
Der Minister und sein Parteichef: Guttenberg und Seehofer demonstrieren Einigkeit.
(Foto: dpa)
Der "Heilsbringer" spricht beruhigende Worte: Verteidigungsminister Guttenberg wehrt sich auf dem Parteitag der CSU mit wenigen Worten in Richtung CSU-Chef Seehofer gegen eine Personaldebatte, die er zumindest offiziell gar nicht will. Für die Delegierten ist aber ein ganz anderes Thema viel interessanter: Die Frauenquote spaltet die CSU.
"Reden, das kann er ja", murmelt eine Delegierte, während Verteidigungsminister zu Guttenberg auf dem Parteitag der CSU gestenreich und engagiert Werbung für seine Bundeswehrreform macht. Die Rede war mit Spannung erwartet worden. Weniger wegen der Bundeswehr, sondern eher wegen der Frage, ob der beliebte Minister und christsoziale Überflieger etwas zu den Spekulationen sagt, die es seit Tagen gibt: nämlich dass er dem Parteivorsitzenden Horst Seehofer die Position streitig machen könnte.
Doch Guttenberg verzichtet auf einen Schlagabtausch mit seinem Chef. Stattdessen nur wenige, aber doch eindeutige Worte: Die CSU brauche jetzt Zusammenhalt, sagt Guttenberg, "nicht irgendwelche depperten Personaldebatten." Und weiter: "Hier findet kein Rednerwettbewerb statt."
Schon bei seiner Ankunft hatte sich der 38-Jährige genervt von der Debatte gezeigt. Dass vor allem über seine Zukunft und kaum über die Inhalte geredet werde, sei "ganz und gar nicht" dienlich. Man kann auch Seehofer ansehen, dass er strapaziert ist von der Rederei über ihn und der Sympathie, die Guttenberg entgegenschlägt. "Karl-Theo", wie Kanzlerin Angela Merkel den Freiherrn nennt, werden eifrig Hände entgegengestreckt, als er zum Parteitag der CSU in München kommt. "Diese ganze Vibration hier in der Halle – ist alles Herr zu Guttenberg", sagt eine Frau nach dem Körperkontakt mit dem "Heilsbringer", den manche in Guttenberg sehen. Und tatsächlich: Guttenberg ist der, der den lautesten Applaus bekommt. Manchmal auch nur, wenn sein Name fällt.
Bayern wollen Guttenberg
Seehofer hingegen steht etwas aufgesetzt locker vor einer Traube Journalisten und muss bekennen, dass die Diskussionen um seinen Parteivorsitz noch "die nächsten Wochen und Monate" anhalten werden. "Nein", sagt er zwar auf die Frage, ob er Angst davor habe. Aber auch – etwas resigniert -, dass die Diskussion "alles ist, was die deutsche Politik zurzeit interessiert." Die ganze Sache sei aber eigentlich nur "ein Luxusproblem".
Kanzlerin Angela Merkel, die zum Grußwort erschienen war, stärkte ganz am Schluss ihrer Rede Seehofer den Rücken. Sie freue sich auf die weitere Zusammenarbeit. Und zwar "ganz besonders mit dir, lieber Horst Seehofer."
Diese "weitere Zusammenarbeit" sehen die Bayern hingegen skeptisch. Etwas zermürbt von dem Hickhack, das Seehofer in den letzten Wochen etwa in Sachen Rente mit 67 betreibt, sind 54 Prozent der Bayern laut einer Forsa-Umfrage der Meinung, die CSU stünde unter einem Parteivorsitzenden Guttenberg besser da. Das sind Zahlen, die Seehofer beunruhigen dürften. Und Guttenberg auch – wenn er es denn ernst damit meint, nicht auf den Posten seines Chefs zu spekulieren.
CSU folgt Guttenberg
In Sachen Bundeswehrreform folgen die etwa 1000 Delegierten ihrem Shootingstar bei der Abstimmung mit großer Mehrheit. Guttenberg will die Wehrpflicht aussetzen, die Bundeswehr personell ausdünnen und eine Freiwilligenarmee einführen. In seiner Rede, begleitet von vollem Körpereinsatz, sagt der Verteidigungsminister: "Es ist eine sicherheitspolitische wie eine patriotische Verantwortung, die wir für die Bundeswehr haben." Die jetzigen Strukturen der Bundeswehr seien in Teilen noch geprägt von der Zeit des Kalten Krieges. Die Bundeswehr müsse aber in der Lage sein, ihre aktuellen Aufgaben zu erfüllen. Und die Ära einer "Bundeswehr nach Kassenlage" müsse endlich beendet werden.

Knappe Mehrheit: Die CSU hat sich nach hitziger Debatte entschieden, ihrem Parteichef bei der Frauenquote zu folgen.
(Foto: dapd)
Was Guttenberg gelingt, ist für Seehofer ein Problem: das Hauptanliegen durchzubringen. Zwar stimmt der Parteitag nach kurzer Diskussion für eine kleine Erhöhung der Mitgliederbeiträge und für eine Modernisierung der Beteiligungsmöglichkeiten in der CSU – doch bei der Frauenquote hakt es erheblich. Ein Rückschlag für Seehofer, der sich gewünscht hatte, dass alles glatt läuft und er den Reformweg, den er verordnet hat, schnell zu Ende gehen kann. 46 Delegierte melden sich zu Wort – und es entbrennt das, was gerne als hitzige Diskussion beschrieben wird. Vor allem junge CSU-Frauen sind es, die den Leitantrag Seehofers, in den Führungsgremien eine 40-prozentige Frauenquote einzuführen, heftig kritisieren. Eine alte Debatte, ja. Fast alle Parteien haben sie hinter sich. Doch bei der CSU kommt sie noch mal auf den Tisch.
Heftiger Streit um Frauenquote
"Wir wollen engagierte Frauen nicht zu Quotenfrauen machen", spricht eine junge Delegierte aus, was viele denken. Das sei nicht fair und diskriminierend. "Es gibt viele gute Frauen in der CSU – wir dürfen sie nicht frustrieren." Eine andere sagt: "Niemand wird in die CSU eintreten, weil wir plötzlich eine Quote haben." Die Gegenseite argumentiert in erster Linie, dass die Frauen in der Partei mehr Rückendeckung bräuchten.
Vor allem "sehr zurückhaltende Frauen" könnten sich für Engagement entscheiden, wenn es eine Quote gäbe. Auch Merkel spricht sich in Ihrer Rede, für die die Debatte zwischenzeitlich unterbrochen wird, für die Quote aus: "Ich würde sagen: Mut zum Neuen. Meine kleine Empfehlung." Am Ende ist es aber Seehofer selbst, der noch mal eindringlich für die interne Reform wirbt. "Die CSU muss eine Klammer sein, die alle Bevölkerungsgruppen miteinander verbindet."
Seehofer mahnte zudem, die Partei, die 82 Prozent männliche Mitglieder hat, müsse auch an ihr Image denken. Die CSU habe bei den letzten Wahlen dramatisch an Zuspruch unter den Frauen verloren. Diese Tendenz müsse gestoppt werden. Letzten Endes bringt Seehofer dann die Frauenquote durch – doch es gibt weit mehr als 300 Gegenstimmen. 56 Prozent stimmen aber dafür. Da hat der Partei-Chef noch mal Glück gehabt.
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Quelle: ntv.de