Politik

CSU baut um Seehofer muss punkten

CSU-Chef Seehofer: Eine offene Personaldebatte hat er nicht zu erwarten.

CSU-Chef Seehofer: Eine offene Personaldebatte hat er nicht zu erwarten.

(Foto: dpa)

Der Parteitag der CSU sei "historisch", sagt Partei-Chef Seehofer. Und gibt sich unterschwellig damit eine ähnliche Bedeutung. Denn der Reformkurs, auf den er seine Partei gesteuert hat, war dringend notwendig. Und dennoch jubeln alle über einen anderen.

Am Mittwoch vor dem Fernseher könnte es CSU-Chef Horst Seehofer endgültig mulmig geworden sein. Da diskutierte ARD-Moderator  Frank Plasberg eine ganze Ausgabe "Hart aber fair" über das Phänomen Karl-Theodor zu Guttenberg. Von "Sonnenstrahl am Gewitterhimmel" war da die Rede. Und die Gebührenzahler durften  lernen, wie man einen Baron richtig anspricht. Davon abgesehen, dass der sonst recht ordentliche und hintergründige Politik-Talk durch diese Art des Boulevard in eine skurrile Beweihräucherungsshow abglitt, muss es Seehofer geschmerzt haben, dass alle über einen reden, den er "erfunden" hat, wie er selbst kürzlich sagte. Dass alle sich etwas von einem anderen versprechen. Nur nicht von ihm, Horst Seehofer. Dabei hat er doch die ganze Arbeit.

Der 75. Parteitag der CSU ist für Seehofer ein Ritt über den Bodensee, schweres Gewässer. Seit Wochen schon bringt sich der gebürtige Ingolstädter in Position, kämpft gegen schlechte Umfragewerte und ein fehlendes Profil. Seine Ankündigung, die Rente mit 67 zu blockieren, sein Zaudern bei der Bundeswehrreform, sein Vorstoß gegen "ungesteuerte Zuwanderung in die Sozialsysteme": Landgewinn um jeden Preis. Dabei überwirft er sich mal mit Kanzlerin Angela Merkel, mal mit der FDP – und hin und wieder auch mit seinen Leuten im Bundestag.

Überall nur Männer

Doch so sehr er auch umstritten ist inzwischen – Seehofer hat den ganz großen Krawall in der Münchener Messehalle nicht zu fürchten. Die CSU darf nicht beschädigt werden, das wissen auch die Delegierten. Zunächst muss der Reformweg der Christsozialen, den Seehofer notwendigerweise eingeschlagen hat, bis zum Ende gegangen werden. Den Erneuerungskurs verfolgt der Patriarch konsequent. Drei wesentliche Punkte sind es, die der blau-weiße Konvent vom Tisch zu kriegen hat. Da ist die Frauenquote von 40 Prozent, die verbindlich  für die obersten Führungsebenen gelten soll. Orts- und Kreisverbänden soll sie empfohlen werden. Schwierig deshalb, weil der Partei der weibliche Nachwuchs fehlt – 82 Prozent der Mitglieder sind Männer. Und, weil der CSU-Nachwuchs gegen die Quote ist.

Zweites Hauptaugenmerk gilt der Reform der Mitgliederbeteiligung, die den etwas sperrigen Namen "Leitbild 2010plus" trägt. "Demokratie per Klick – so könnte die Zukunft der politischen Partizipation aussehen", erklärt die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär den Ansatz, der dem modernen, Facebook-affinen Bayern die CSU nach dem Debakel um das Rauchverbot wieder nahebringen soll. Via Internet kann der Konservative in Zukunft Parteimitglied werden. Es gibt Diskussionsforen und schwarze Bretter, ein noch zu gründender Online-Verband soll sogar ein Plätzchen im Parteivorstand erhalten.

Und dann ist da noch die von Thilo Sarrazin ausgelöste Diskussionswelle zur Zuwanderung, die Seehofer inzwischen abreitet. Er besteht darauf, dass Deutschland "kein Zuwanderungsland" ist. So steht es auch in einem Leitantrag der Parteiführung, den die Delegierten bejubeln, zumindest aber abnicken sollen.  In dem "7-Punkte-Integrationsplan", den Seehofer verantwortet und der vorab bekannt wurde, heißt es unter anderem: "Ungesteuerte Zuwanderung birgt das große Risiko neuer Integrationsprobleme." Ein prognostizierter Fachkräftemangel könne kein Freibrief für ungesteuerte Zuwanderung sein. Der Zuzug Hochqualifizierter sei bereits ausreichend geregelt.

Bundespräsident Wulff beackert das Feld der Integration ebenfalls. Aber anders als Seehofer.

Bundespräsident Wulff beackert das Feld der Integration ebenfalls. Aber anders als Seehofer.

(Foto: REUTERS)

Bei der Zuwanderung von Hochqualifizierten und Fachkräften dürfe es "keine Aufweichung der Regeln des geltenden Zuwanderungsrechts, keine Zuwanderung nach Kontingenten oder Punktesystemen geben". Und: "Es darf keine weitere Zuwanderung in unsere Sozialsysteme geben." Ungesteuerter Zuzug von Arbeitskräften von außerhalb der EU sei zu verhindern. Beim Familiennachzug soll das Alter für Kinder, ab dem die deutsche Sprache beherrscht werden muss, von 16 auf 12 Jahre herabgesetzt werden. Zudem möchte die CSU von Einwanderern ein Bekenntnis zur "deutschen Leitkultur" – was auch immer das ist, das weiß ja so richtig noch niemand.

Warme Worte von Wilders

Zweifellos möchte Seehofer mit dem Antrag die Stimmung der Volksseele nutzen. Wohl wissend, dass das alles so einfach nicht ist. Und dass viele ihm die überraschenden Einsichten nicht so recht glauben. Prompt handelte er sich ausgerechnet von dem umstrittenen niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders ein dickes Lob ein, der in Seehofer nun die Speerspitze im Kampf gegen den Islam sieht. Ob das den Delegierten gefällt? Und ob sie damit einverstanden sind, dass ihr Chef Bundespräsident Christian Wulff mit seinen Plänen gehörig das Postulat versauert, der Islam sei ein Teil Deutschlands.

Er kennt seinen Weg: Guttenberg.

Er kennt seinen Weg: Guttenberg.

(Foto: AP)

Doch selbst, wenn Seehofer in diesem Jahr noch um die Diskussion über seine Zukunft herumkommt: Die Personaldebatte kommt auf jeden Fall. Im Herbst 2011 muss er sich der Wiederwahl zum Vorsitzenden stellen - bis dahin muss er punkten. Manche in der Tasche geballte Faust könnte sonst zum Aufruhr in den Himmel gestreckt werden. Vor allem, wenn weitere Wahlen für die Union verloren gehen, die Umfragen weiter nach unten zeigen - und Freiherr von und zu Guttenberg keine dicken Fehler macht.

 

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Teil 1: Die Linke

Teil 2: Die FDP

Teil 3: Die Grünen

Teil 4: Die CSU

Teil 5: Die SPD

Teil 6: Die CDU

Quelle: ntv.de

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