Luftwaffe schickt zwei Maschinen Internationales Personal verschanzt sich am Flughafen
16.08.2021, 06:09 Uhr
Der Internationale Flughafen in Kabul trägt den Namen von Ex-Präsident Hamid Karsai.
(Foto: REUTERS)
In beeindruckender Geschwindigkeit erobern die Taliban Afghanistan zurück. Ihr Tempo überrascht auch die NATO-Staaten: Hals über Kopf flüchten sie zum Internationalen Flughafen von Kabul. Außenminister Maas kündigt schnelle Hilfe an, aber die Rettungsaktion läuft erst an.
Mehrere Staaten, darunter Deutschland und die USA, haben ihre Botschaften in der afghanischen Hauptstadt Kabul überstürzt geschlossen und ihr Personal zum Flughafen verlegt. Von dort sollen die Diplomaten, ihre Angehörigen, Sicherheitskräfte und andere Staatsbürger westlicher Länder wie Mitglieder von Hilfsorganisationen in den nächsten Stunden außer Landes geflogen werden. Ziel des deutschen Personals ist unbestätigten den Angaben zufolge die usbekische Hauptstadt Taschkent. Von dort sollen die Passagiere mit Charterflugzeugen nach Deutschland gebracht werden.
Wie lange die Betroffenen am Flughafen ausharren müssen, ist unklar. Die ersten Angehörigen der deutschen Botschaft sind nach Angaben von Außenminister Heiko Maas noch im Laufe der Nacht in Sicherheit gebracht worden. In der Nacht würden zudem Bundeswehrmaschinen nach Afghanistan starten, sodass in den nächsten Tagen weitere Botschaftsangehörige und Mitarbeiter in ein Nachbarland gebracht werden könnten. Das Personal der Botschaft befinde sich in einem militärisch gesicherten Teil des Kabuler Flughafens.
Entsprechend äußerte sich am Abend das Verteidigungsministerium: "Heute Nacht werden Transportflugzeuge A400M nach Kabul aufbrechen. Wir unterstützen das Auswärtige Amt bei der Evakuierung der zu Schützenden", teilte es auf Twitter mit. Die Maschinen würden vom Militärflughafen Wunstorf in der Nähe von Hannover aus starten, sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ntv. Von dort würden die Maschinen in ein "Drittland" ausfliegen, das sie nicht nannte. Dort werde eine "Drehscheibe" eingerichtet, von der aus es dann eine "Luftbrücke" nach Deutschland geben werde.
Nach Informationen des "Spiegel" handelt es sich um rund 20 Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kabul. Hinzu kommen Entwicklungshelfer sowie rund 80 weitere Deutsche, die sich noch in dem Land aufhalten. Zudem sollen rund 300 afghanische Ortskräfte, die in Afghanistan für Deutschland gearbeitet haben, samt ihren Familien ausgeflogen werden.
Airport unter Beschuss?
Die Sicherheitslage am Flughafen scheint allerdings heikel: Die US-Botschaft wies ihre Landsleute am späten Nachmittag an, sich in Sicherheit zu bringen: "Die Sicherheitslage in Kabul ändert sich schnell, auch auf dem Flughafen. Es gibt Berichte, dass der Flughafen unter Beschuss geraten ist; daher weisen wir US-Bürger an, sich in Sicherheit zu bringen."
Nach Angaben einer CNN-Reporterin, die sich ebenfalls in Kabul befindet, ist die Zufahrtsstraße zum Flughafen "komplett verstopft". Der Airport sei nur noch über den Luftweg erreichbar. Hubschrauber der US-Armee sind im Dauereinsatz, um das Personal vom Dach der Botschaft abzuholen und dorthin zu fliegen. Auch der US-Botschafter soll das Gebäude bereits verlassen haben: In mehreren Medienberichten heißt es, die US-Flagge sei eingeholt und mit ihm zum Flughafen gebracht worden.
Die USA brachten bereits "hunderte" ihrer Botschaftsmitarbeiter außer Landes, wie ein Regierungsvertreter in Washington sagte. US-Präsident Joe Biden kündigte an, tausend weitere Soldaten nach Kabul zu schicken, um die Evakuierungen zu unterstützen. Insgesamt werden sich somit 6000 US-Soldaten an dem Einsatz beteiligen.
Flughafen für Flucht notwendig
Der sichere Betrieb des Flughafens ist Voraussetzung dafür, dass das internationale diplomatische Personal schnellstmöglich ausgeflogen werden kann. Um die Einsätze wie geplant abwickeln zu können, hat die NATO Sicherungsmaßnahmen angekündigt. Das Militärbündnis werde dabei helfen, den Flughafen von Kabul offenzuhalten, Evakuierungen zu erleichtern und zu koordinieren, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Unter anderem Frankreich will seine Botschaft am Flughafen in Kabul mit einem Notservice wiedereröffnen. Es werde alles dafür getan, weiter Visa an afghanische Ortskräfte und andere gefährdete Personengruppen ausstellen zu können, teilt das französische Außenministerium mit. Innerhalb weniger Stunden soll das Personal in die Vereinigten Arabischen Emirate gebracht werden.
Neben Deutschland, den USA und Frankreich haben auch die Niederlande ihre Botschaft in die Nähe des internationalen Flughafens verlegt. Mitarbeiter der italienischen Botschaft sollen noch am Abend mit einer Militärmaschine nach Rom geflogen werden. Russland will seine Botschaft hingegen vorerst nicht räumen, wie der Afghanistan-Beauftragte des Außenministeriums, Samir Kabulow, der Agentur Interfax sagte.
Quelle: ntv.de, chr/dpa/AFP/rts