Politik

Putin und Medwedew vor der Wahl Kampf um den Kreml beginnt

Der Machtkampf vor der russischen Präsidentenwahl 2012 gewinnt an Fahrt. Bisher deutet viel darauf hin, dass Regierungschef Putin in den Kreml zurückkehrt. Doch das Lager um Kremlchef Medwedew drängt auf eine zweite Amtszeit für den reformorientierten Politiker.

Offiziell warnt Regierungschef Wladimir Putin seine eigene Partei Geeintes Russland, nichts zu überstürzen. Es sei noch zu früh, über eine Kandidatur für das Präsidentenamt zu sprechen. Doch die Regierungspartei hat ihre Wahl für 2012 getroffen. Sie will den 58 Jahre alten Ex-Kremlchef wieder als Präsidenten.

Seine Partei will Putin 2012 wieder als Präsidenten sehen.

Seine Partei will Putin 2012 wieder als Präsidenten sehen.

(Foto: REUTERS)

Amtsinhaber Dmitri Medwedew sei nur zweite Wahl, lassen Spitzenfunktionäre offen wissen. Aber auch Medwedew deutet an, dass er im Amt bleiben wolle. Gleichwohl erwartet keiner, dass er sich dafür gegen Putin stellt.

In einem mehr als vier Stunden langen Auftritt in der Staatsduma zeichnete Putin unlängst die Vision eines starken und wohlhabenden Landes. Medwedew habe in dieser Zukunft scheinbar keinen Platz, ätzten Kommentatoren später. Putin erwähnte seinen Ziehsohn in seiner jüngsten Parlamentsrede allenfalls beiläufig.

Dauerthema ist außerdem ein mögliches Zerwürfnis der beiden Politiker. So äußerten sich Putin und Medwedew unterschiedlich zu den Kampfeinsätzen in Libyen und anderen Streitthemen. Das Machttandem selbst versichert allerdings stets aufs Neue, der Zusammenhalt sei fest wie immer, ja sogar freundschaftlich und halte auch mal eine Meinungsverschiedenheit aus.

Diskussion lässt Wähler kalt

Die russischen Wähler aber lässt diese von einer Elite geführte Diskussion darum, ob es nun einen Riss gibt und wie tief dieser sein könnte, kalt. Landauf, landab können sich die meisten Russen bislang nur schwer vorstellen, dass Putin freiwillig von der Macht abtritt und Medwedew weiter machen lässt. Die Zeit arbeite gegen Medwedew, sagt der frühere Vizeregierungschef Boris Nemzow. Putin sei dabei, die Dumawahl im Dezember erneut zu einer Vertrauensabstimmung über seine Politik zu machen. Der nächste Schritt sei die Kremlwahl.

In Umfragen zur Beliebtheit der Politiker liegt Putin weiter stabil vor Medwedew. Gleichwohl sind die Popularitätswerte aber bei beiden im Sinkflug. Demnach sprachen in der jüngsten Studie des Meinungsforschungsinstituts FOM zuletzt 53 Prozent der Befragten Putin das Vertrauen aus. 46 Prozent stimmten für Medwedew. Beide hatten demnach seit Januar 2010 je 16 Prozentpunkte verloren.

Dmitri Medwedew: Nur zweite Wahl?

Dmitri Medwedew: Nur zweite Wahl?

(Foto: REUTERS)

Die Beamtenschaft fordert ein Ende dieses Schwebezustandes. Vor allem sie wünscht sich Klarheit, wer das größte Land der Erde künftig regieren wird. In dem Riesenreich mit dem gelenkten Staatsfernsehen gilt es als gesetzt, dass Putin und vielleicht ein paar Interessengruppen entscheiden, wer ins Rennen geht. Unabhängige Kandidaten haben traditionell keine Chance.

Doch Premier Putin machte deutlich, dass er sich nicht drängen lasse. "Jeder sollte jeden Tag auf seinem Platz wie der Heilige Franziskus sein Feld beackern", sagte Putin mit Blick auf den Geistlichen, der trotz seines nahenden Endes unbeirrt seinem Tagwerk nachging. Putin weiß wohl, dass er Medwedew prompt zur "lahmen Ente" machen würde, wenn er sich selbst für die Wahl 2012 in Stellung bringt. Wer kandidiere, hänge von der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lage im Land näher am Wahltermin ab, meinte er.

Putin will sich mit Medwedew absprechen

Putin hat immer wieder erklärt, er werde sich zu gegebener Zeit mit Medwedew absprechen, wer von ihnen beiden kandidiere. Dabei mehrten sich zuletzt sogar Stimmen, die eine Kandidatur beider Politiker für möglich halten - oder sogar einen dritten Kandidaten. Vor allem hätten die Menschen das Machttandem satt, sagte der Soziologe Sergej Belanowski vom Strategiezentrum ZSR dem kremlkritischen Nachrichtenmagazin "The New Times". Das im Auftrag der russischen Führung arbeitende Zentrum spricht von einer "politischen Krise".

Offensiv wirbt Medwedews Lager - etwa der Wirtschaftsberater Arkadi Dworkowitsch - für ein modernes Russland und demokratische Reformen. Putin hingegen erteilte einer liberaleren Politik oder wirtschaftlichen Experimenten eine Absage. Moskauer Beobachter wie etwa Pawel Felgenhauer sahen in der jüngsten Dumarede Putins jedenfalls klare Hinweise, dass der frühere Kremlchef für mindestens zehn weitere Jahre das Zepter des Handelns behalten wolle.

Opposition hofft auf Medwedew

Trotzdem gibt vor allem die Opposition die Hoffnung nicht auf, dass sich am Ende doch Medwedew durchsetzt - und mit ihm ein weniger autoritärer Kurs. Allerdings steht auch Medwedew bei Menschenrechtlerin in der Kritik, seinen Rufen nach mehr Freiheiten keine Taten folgen zu lassen.

Quelle: ntv.de, Ulf Mauder, dpa

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