Dobrindt will Länder raushalten Kann die SPD die Maut verhindern?
31.10.2014, 13:16 Uhr
(Foto: dpa)
SPD-Chef Gabriel will Frieden in der Koalition und ist darum für die Maut. SPD-Politiker in den Ländern wollen aber lieber freie Fahrt. Sie würden das CSU-Lieblingsprojekt gerne stoppen. Doch Dobrindt hat einen Trick auf Lager.
Die SPD hat es versprochen: Im Koalitionsvertrag hat sie der Pkw-Maut zugestimmt, bei einem Mitgliedervotum sprachen sich drei von vier Sozialdemokraten für diesen Vertrag aus. Nach langem hin und her ist das Gesetz nun endlich fertig – und wird von SPD-Politikern zerschossen.
NRW-Verkehrsminister Michael Groschek spricht im RBB von einer "Murks-Maut": Das Gesetz enthalte ganz wenig Maut und ganz viel Murks. Die Einnahmen seien schöngerechnet. SPD-Vize Ralf Stegner witzelt in der "Berliner Zeitung": "Das CSU-Lieblingskind Ausländermaut, quasi das Zweitgeborene nach der Kitafernhalteprämie, löst kein einziges Problem beim riesigen Investitionsstau in der Verkehrsinfrastruktur." NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft rechnet mit Klagen aus Belgien und den Niederlanden.
Dabei hatte sich Sigmar Gabriel vor einigen Wochen demonstrativ hinter die CSU und ihre Maut-Pläne gestellt. Eine Koalition könne nur erfolgreich sein, wenn sie alles, was vereinbart worden sei, auch umsetze, hatte er damals gesagt. Die Reaktionen aus seiner Partei machen nun aber einen anderen Eindruck.
Fraglich ist, ob Gabriel die Unterstützung seiner Genossen aus den Ländern braucht. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will den Bundesrat, also die Regierungen der Länder nicht in den Gesetzgebungsprozess einbeziehen. Auf Anfrage schreibt sein Ministerium: "Das Infrastrukturabgabegesetz beschränkt sich auf die Bemautung der Bundesfernstraßen und ist insofern nicht zustimmungspflichtig."
Ein Trick von Dobrindt
Das ist allerdings nur durch einen Trick möglich: Dobrindt will die Maut nur auf Straßen erheben, die dem Bund gehören, also auf Autobahnen und Bundesstraßen. Die Benutzung von Land- und Kommunalstraßen soll im Prinzip kostenlos bleiben. Aber eben nur im Prinzip: Zahlen sollen nämlich alle Autohalter, auch wenn sie sich nur in der eigenen Stadt bewegen oder der Wagen nur in der Garage steht. Das seien aber nur sehr wenige Autos, sagt das Ministerium und bittet künftig alle Autohalter zur Kasse.
Ob diese Krücke ausreicht, um den Bundesrat zu umgehen, ist noch nicht klar. Wenn die Länder mitentscheiden dürfen, wird es wohl Ärger geben: Selbst wenn die SPD-Landesfürsten ihrem Bundes-Chef Gabriel am Ende doch nicht in den Rücken fallen wollen – um die Bundesratsmehrheit zusammenzubekommen, müssten Union und SPD auch Länder überzeugen, in denen die Linke oder die Grünen mitregieren. Und diese beiden Parteien halten sich mit ihrer Kritik noch weniger zurück, als die SPD-Kollegen. Linken-Verkehrsexperte Herbert Behrens findet die Pläne "katastrophal", sein Kollege von den Grünen, Winfried Hermann, spricht von einem "verqueren Konstrukt".
Und noch eine Hürde gibt es, an der die Maut noch scheitern könnte: die EU-Kommission. Sie hatte darauf hingewiesen, dass eine reine Ausländer-Maut nicht zulässig sei. Wie hoch diese Hürde ist, lässt sich noch überhaupt nicht abschätzen. Zwar hatte sich Dobrindt zuletzt mit Brüssel abgestimmt und versucht, seine Pläne europarechtlich abzusichern, doch am 1. November beginnt die Amtszeit der neuen Kommission. Zuständig für Verkehr ist dann nicht mehr der Este Siim Kallas, sondern die Slowenin Violeta Bulc. Sie war in die Kommission nachgerückt und musste zugeben, dass sie von Verkehrspolitik bislang keine Ahnung hatte.
Quelle: ntv.de