Politik

Tsipras trifft Merkel "Kein Land könnte diese Schulden bedienen"

Abgesehen von dieser Begegnung im Düsseldorfer Karneval haben Merkel und Tsipras sich noch nicht getroffen.

Abgesehen von dieser Begegnung im Düsseldorfer Karneval haben Merkel und Tsipras sich noch nicht getroffen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die griechische Regierung will sich nicht von EU-Beamten sagen lassen, was sie tun und lassen darf. Deshalb trifft sich Ministerpräsident Tsipras heute Abend mit Kanzlerin Merkel, sagt Theodoros Paraskevopoulos, Wirtschaftsberater der griechischen Regierungspartei Syriza. Um Reparationsforderungen soll es bei dem Treffen nicht gehen.

n-tv.de: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sollen am Rande des EU-Gipfels in Brüssel Gespräche zwischen Ministerpräsident Tsipras, Bundeskanzlerin Merkel und anderen über die griechische Krise stattfinden. Worum wird es da gehen?

Theodoros Paraskevopoulos ist wirtschaftspolitischer Berater der griechischen Regierungspartei Syriza.

Theodoros Paraskevopoulos ist wirtschaftspolitischer Berater der griechischen Regierungspartei Syriza.

(Foto: n-tv.de)

Theodoros Paraskevopoulos: Die Expertengespräche zwischen den Vertretern der EU und der griechischen Regierung sind in eine Sackgasse geraten. Das liegt am unterschiedlichen Verständnis von diesen Gesprächen. Die griechische Seite möchte politische Gespräche führen. Dazu sind die EU-Experten nicht bereit und auch nicht autorisiert. Sie bestehen darauf, zum alten Programm und zu den alten Vorgaben zurückzukehren. Dazu ist die griechische Seite nicht bereit. Deshalb strebt die griechische Regierung eine politische Einigung in einem Spitzengespräch an.

Nach allem, was in den vergangenen Tagen von Finanzminister Schäuble und aus der Unionsfraktion zu hören war, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass Frau Merkel große Bereitschaft hat, auf Griechenland zuzugehen.

Immerhin hat sie sich zu einem Gespräch bereiterklärt. Das ist ein Fortschritt. Wie weit dieses Gespräch gehen wird, werden wir heute Abend in Brüssel und am Montag beim Besuch von Herrn Tsipras in Berlin sehen.

Hat die griechische Regierung überhaupt eine andere Chance, als die Forderungen der anderen Euro-Staaten - sprich: die Fortsetzung des Sparprogramms -  zu akzeptieren?

Eine Chance besteht immer, und es gibt immer verschiedene Möglichkeiten. Jetzt müssen wir sehen, ob wir uns mit unseren Partnern darüber verständigen können, wie es weitergehen kann.

Von deutscher Seite heißt es, Griechenland müsse endlich etwas anbieten. Was könnte das sein?

Bei den Verhandlungen mit unseren Partnern kann es darum gehen, wie weit die Vorstellungen der griechischen Regierung umgesetzt werden und inwieweit die Frage der griechischen Schulden geklärt werden kann. Das heißt, es ist zu klären, ob die griechischen Schulden überhaupt bedienbar sind. Die griechische Regierung meint: Sie sind nicht bedienbar. Wenn das so ist, haben weitere Kredite und weitere Sparmaßnahmen keinen Sinn; kein Land der Welt könnte diese Schulden bedienbar machen.

Bislang hat kein Vertreter der EU oder der Bundesregierung offiziell erklärt, die Pläne der griechischen Regierung seien inakzeptabel. Ich meine, dass die programmatischen Vorstellungen der griechischen Regierung mit denen der EU-Partner in weiten Teilen übereinstimmen - bei der Bekämpfung der Steuerflucht beispielsweise oder der Reform der öffentlichen Verwaltung. Allerdings herrscht Einigkeit vor allem bei den Zielen, nicht unbedingt bei den Methoden.

Fühlt die griechische Regierung sich fair behandelt von ihren europäischen Partnern, zumal vom deutschen Finanzminister?

Bei Herrn Schäuble habe ich den Eindruck, dass er versucht, sich vor seinen Wählern dafür zu rechtfertigen, dass er am 20. Februar Positionen aufgegeben hat.

Am 20. Februar haben die Euro-Finanzminister eine Erklärung verabschiedet, die sowohl Schäuble als auch sein griechischer Kollege Varoufakis als Sieg reklamierten.

Diese Erklärung steht. Etwas anderes werden wir nicht akzeptieren.

Schäuble nennt die Zusammenarbeit der griechischen Regierung mit den drei Institutionen, IWF, EZB und EU-Kommission, ein "Trauerspiel" und sagt, dass die Zeit für Griechenland knapp wird. Wie kommen solche Zitate in Griechenland an?

Sie rufen ziemlichen Ärger hervor. Ich glaube nicht, dass solche Erklärungen produktiv sind. Sie bringen den Dialog nicht weiter. Das ist ein weiterer Grund, warum die griechische Regierung gefordert hat, dass ein Spitzengespräch stattfindet.

Wie finden Sie eigentlich die Performance von Finanzminister Varoufakis - auch mit Blick auf die Fotos in der französischen Illustrierten und seinen Auftritt bei Günther Jauch?

Was die Fotos in "Paris Match" betrifft, hat sich Herr Varoufakis bedauernd erklärt. Er hat gesagt, er hätte das nicht machen sollen. Dazu habe ich auch nicht mehr zu sagen. Was die Sendung mit Jauch betrifft: Er hat einen Film aus dem Jahr 2013, in dem es um ganz andere Fragen ging, so gezeigt, als beziehe Herr Varoufakis sich darin auf die aktuelle Diskussion. Ich glaube, Herr Jauch muss seinen Zuschauern erklären, warum er sie in die Irre geführt hat.

Das griechische Parlament hat heute ein 200 Millionen Euro umfassendes Hilfsprogramm für die Ärmsten beschlossen. EU-Währungskommissar Moscovici hat dazu gesagt, die EU-Kommission widersetze sich den Hilfen zwar nicht, aber es hätte dazu Gespräche geben müssen. Warum gab es solche Gespräche nicht?

Solche Gespräche hat es gegeben - am 20. Februar. Danach hat die EU-Kommission sich nicht negativ über die griechischen Pläne geäußert. Dann kam ein Kommissionsbeamter, Herr Costello, ...

... Declan Costello, der Direktor für wirtschaftliche und finanzielle Fragen bei der EU-Kommission, ...

... und sagte, das Vorhaben sei einseitig. Nun, die griechische Regierung muss nicht jeden EU-Beamten fragen, was sie darf und was sie nicht darf.

Wird es bei dem Treffen zwischen Tsipras und Merkel in Brüssel auch um Reparationsforderungen gehen?

Nein. Die Reparationsforderungen und die Forderung nach Rückzahlung des Zwangskredits haben mit der aktuellen Diskussion zwischen Griechenland und seinen europäischen Partner nichts zu tun. Das ist eine bilaterale Angelegenheit, die nur Deutschland und Griechenland betrifft.

Mit Theodoros Paraskevopoulos sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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