Der Kriegstag im Überblick Kiew erhält weitere Raketenwerfer - Iran dementiert Drohnen-Lieferung an Moskau
15.07.2022, 21:27 Uhr
Eine von US-Marines zu Übungszwecken von einem M270-System abgefeuerte Rakete. Großbritannien hatte der Ukraine zuletzt solche Waffen zugesagt.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
In der Ukraine zeichnet sich ein Stellungskrieg ab. Während Kiews angekündigte Gegenoffensiven noch wenig Wirkung zeigt, können westliche Waffen den russischen Vormarsch im Donbass empfindlich stören. Ein weiteres Waffensystem ist nun dazu gekommen - der Mehrfachraketenwerfer vom Typ M270. Gibt es Waffenlieferungen auch an Russland? Der Iran weist zumindest das Gerücht als "Propaganda" zurück, den Russen Drohnen zu liefern. Zum brutalen Raketenangriff auf Winnyzja gibt es indessen eine Bestätigung aus Moskau - samt der Darlegung der eigenen Version der Geschehnisse. Der 141. Kriegstag im Überblick.
23 Tote in Winnyzja: die russische Sicht
Nach dem Beschuss eines Bürozentrums in Winnyzja wurden bis heute 23 Todesopfer gezählt, unter ihnen drei Kinder. Mehr als ein Dutzend Menschen gelten noch als vermisst. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte den Beschuss der Stadt in der Westukraine, sprach aber von einem Angriff auf ein militärisches Objekt. Im "Haus der Offiziere" im Zentrum von Winnyzja habe es am Donnerstag eine Besprechung ukrainischer Militärs und ausländischer Waffenlieferanten gegeben.
Russische Truppen haben in den vergangenen Tagen mehrere ukrainische Städte weit hinter der Front aus der Ferne beschossen. Auch wenn Moskau darauf beharrt, nur militärische Ziele anzugreifen, hat es doch Dutzende zivile Opfer gegeben.
MS270-System in der Hand der Ukraine
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben ihre erste Lieferung des modernen Mehrfach-Raketenwerfersystems M270 erhalten. Die ersten M270 seien eingetroffen, teilte Verteidigungsminister Oleksij Resnikow mit. "Keine Gnade für den Feind", fügte er unter Bezug auf die russischen Invasionstruppen hinzu.
Großbritannien hatte im Juni die Lieferung des M270-Systems an die Ukraine angekündigt. Damit können Ziele in bis zu 80 Kilometern Entfernung mit präzisionsgelenkten Raketen getroffen werden. Resnikow bezeichnete die M270 als "gute Gesellschaft auf dem Schlachtfeld" für die Himars-Raketenwerfer, welche kürzlich von den USA an die Ukraine geliefert worden waren. Im Vergleich zu letzteren kann das M270-System gar zwölf statt sechs Raketen laden.
Iran dementiert Lieferung von Drohnen an Russland
Was bekommt die russischen Seite vielleicht ihrerseits im Geheimen geliefert? Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian versichert der Ukraine jedenfalls, keine Drohnen nach Russland zu liefern. "Die amerikanischen Behauptungen diesbezüglich waren grundlos und mehr ein Propagandaakt", sagte Amirabdollahian seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba. Sein Land habe sich stets für eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise eingesetzt. Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, hatte vor wenigen Tagen gesagt, dass es Hinweise gebe, wonach der Iran Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Drohnen unterstützen wolle.
Siebtes EU-Sanktionspaket gegen Russland
Das neue Sanktionspaket der EU ist der Zählung nach das siebte, die Kommission sprach von einem Paket zur "Aufrechterhaltung und Angleichung" der Strafmaßnahmen. Es stelle mehrere Regelungen klar, um Rechtssicherheit für Wirtschaftsbeteiligte zu schaffen und die Durchsetzung durch die EU-Staaten zu verbessern. Zudem würden die Sanktionen an die der Verbündeten angeglichen, insbesondere an die der G7-Staaten führender demokratischer Wirtschaftsmächte.
Neben dem Einfuhrverbot für Gold ist nach Angaben der EU-Kommission vorgesehen, die Exportkontrollen für fortschrittliche Technologien und militärisch nutzbare Dual-Use-Produkte zu verstärken. Das Paket stelle klar, dass "die EU-Sanktionen in keiner Weise den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen zwischen Drittländern und Russland betreffen". Die bestehenden Sanktionen sollen dem Vorschlag zufolge bis Ende Januar 2023 verlängert und dann überprüft werden.
Von prorussischen Truppen festgenommener Brite umgekommen
In Kriegsgefangenschaft der Separatisten in der Ostukraine ist ein Brite gestorben. Das sagte eine Vertreterin der Separatisten, Darja Morosowa, und verwies auf Vorerkrankungen des Mannes. Er war nach Medienberichten 45 Jahre alt, die Todesumstände ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Ein britischer Regierungssprecher sagte: "Das sind eindeutig alarmierende Berichte, und unsere Gedanken sind natürlich bei seiner Familie und seinen Freunden."
Putin besetzt wichtige Schlüsselpositionen neu
Russlands Präsident Putin lässt wichtige Positionen innerhalb der russischen Führungsebene neu besetzen. Per Erlass ernennt der Kremlchef Industrieminister Denis Manturow zum Vizeregierungschef und den bisher für die Rüstungsindustrie zuständigen Vizeregierungschef Juri Borissow zum neuen Generaldirektor der Raumfahrtbehörde Roskosmos. Borissow hatte in den vergangenen Wochen die Umstellung der Wirtschaft auf die Bedürfnisse der Kriegsführung in die Wege geleitet. Über das Schicksal des bisherigen Roskosmos-Chefs Dmitri Rogosin gibt es noch keine offiziellen Angaben. Medienberichten zufolge soll der Hardliner entweder einen führenden Posten in der Präsidialverwaltung übernehmen oder einer der Kreml-Kuratoren in den Separatistengebieten Donezk oder Luhansk werden.
600 Millionen Euro für kriegsgeplagtes Moldau
Bei einer Geberkonferenz für die Republik Moldau sind Finanzhilfen von mindestens 600 Millionen Euro zusammengekommen. Das sagte Rumäniens Außenminister Bogdan Aurescu in Bukarest bei einer Pressekonferenz mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Noch sei die Bestandsaufnahme der zugesagten Hilfen aber nicht abgeschlossen, schränkte Aurescu ein.
Die kleine Ex-Sowjetrepublik Moldau liegt zwischen der Ukraine und Rumänien und hat seit Juni den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Der Krieg in der Ukraine habe in Moldau eine Flüchtlingskrise und wirtschaftliche Probleme ausgelöst, sagte Aurescu. Eine erste Geberkonferenz für Moldau hatte es im April in Berlin gegeben
NASA fliegt wieder mit Russland ins All
Die US-Raumfahrtbehörde NASA will die Kooperation mit Russland bei Flügen zur Internationalen Raumstation ISS trotz des Ukraine-Krieges wieder aufnehmen. Aus Sicherheitsgründen und um "die US-Präsenz im Weltraum" zu sichern, werde es ab September wieder gemeinsame Flüge von NASA-Astronauten mit russischen Kosmonauten in russischen Sojus-Raketen geben, teilte die NASA mit. Russische Raumfahrer sollen demnach erstmals auch die im Auftrag der USA fliegenden SpaceX-Raketen nutzen können.
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Quelle: ntv.de, mpe/dpa/AFP