Griechen raus aus der Eurozone? Koalition streitet über "Grexit"-Frage
05.01.2015, 01:02 Uhr
Das Jahr beginnt mit neuen alten Herausforderungen für Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Bundesregierung erwägt angeblich ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Doch nun droht Ärger. Politiker aus SPD und CSU kritisieren die Spekulationen als "voreilig" und "abenteuerlich".
In der Debatte um einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone hat Bayerns Finanzminister Markus Söder vor "überzogenen" und "voreiligen Schritten" gewarnt. Zwar habe er einen Austritt Athens aus der europäischen Gemeinschaftswährung - auch "Grexit" genannt - auch früher schon nicht als "Schreckensszenario" empfunden, sagte der CSU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". "Man hat sich aber damals bewusst für einen anderen Weg entschieden. Den muss man zunächst seriös weiter beschreiten." Er sehe deshalb wenig Sinn darin, "den Griechen zu drohen".
Allerdings schloss Söder auch eine Abkehr vom Sparkurs in Griechenland kategorisch aus. "Es wird keine Lex Griechenland geben", sagte Söder. "Für mich ist klar, es gibt keinen Schuldenerlass und keine Rabatte, nur weil jetzt eine neue Regierung kommt." Sollte eine möglicherweise ins Amt kommende Linksregierung in Athen den bisherigen Konsolidierungskurs abbrechen, litten die Griechen selbst am meisten, warnte der bayerische Finanzminister.
"Das wirkt kontraproduktiv"
Auch aus der SPD kamen skeptische Reaktionen. SPD-Vize-Fraktionschef Carsten Schneider rief Kanzlerin Merkel im "Tagesspiegel" auf, die Debatte zu beenden und warnte vor den Folgen eines Euro-Austritts Griechenlands. "Ein Austritt der Griechen wäre abenteuerlich", sagte Schneider. Dabei stünden deutsche Staatskredite von 80 Milliarden Euro im Feuer. "Die innenpolitische Angst der CDU vor der AfD rechtfertigt nicht eine europapolitische Geisterfahrt. Die CDU sollte sich nicht in eine demokratische Wahl in einem anderen europäischen Land mit Drohgebärden einmischen", fügte er hinzu. "Das wirkt kontraproduktiv."
Die Linke warf der Regierung Erpressung und gezielte Destabilisierung Griechenlands vor. "Die Bundesregierung lanciert mit dieser gezielten Indiskretion eine Bombe, die in Griechenland die Krise eskaliert", sagte Parteichef Bernd Riexinger dem "Handelsblatt".
Der Ökonom Peter Bofinger warnte vor einem Euro-Austritt Griechenlands. "Ein solcher Schritt wäre mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euro-Raums verbunden", sagte er der "Welt am Sonntag". Damit würde womöglich "ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre".
Keine Kursänderung
Die Debatte um einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands hatte am Wochenende durch einen "Spiegel"-Bericht Fahrt aufgenommen, wonach für die Bundesregierung ein solcher Austritt hinnehmbar wäre. Das Magazin berichtet in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf Regierungskreise, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hielten einen Austritt inzwischen für verkraftbar. Ein Regierungssprecher sagte allerdings dazu: "Es gibt keine Kursänderung." Die Bundesregierung gehe davon aus, "dass Griechenland auch weiterhin seine vertraglichen Vereinbarungen gegenüber der Troika erfüllen wird".
In Griechenland stehen am 25. Januar vorgezogene Parlamentswahlen an. Dabei könnte Umfragen zufolge die linke Syriza-Partei stärkste Kraft werden. Ihr Vorsitzender Alexis Tsipras fordert eine Abkehr vom strikten Sparkurs und Verhandlungen über einen Schuldenschnitt mit den internationalen Gläubigern.
Quelle: ntv.de, cro/AFP/dpa