Politik

Schwieriges Gespräch mit Erdogan Merkel: Keine Visafreiheit für Türken ab Juli

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Türken müssen auf visafreies Reisen in die EU wohl noch länger warten. Kanzlerin Merkel zufolge wird die Visafreiheit nicht wie eigentlich vereinbart ab Juli gelten können. Das liege auch daran, dass Präsident Erdogan in einem Punkt hart bleibe, sagt sie.

Türken werden laut Kanzlerin Angela Merkel ab Juli noch keine Visafreiheit in der EU bekommen. Das sagte Merkel nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul. Es sei absehbar, dass die Türkei die Bedingungen dafür nicht rechtzeitig erfüllt haben werde, erklärte sie. Die Visafreiheit ist Teil des Flüchtlingspakts zwischen der Türkei und der EU.

Damit die Visaerleichterung erteilt werden kann, müssen insgesamt 72 Bedingungen erfüllt sein. Knackpunkt ist vor allem die türkische Terrorismusgesetzgebung. Die EU fordert, dass die Anti-Terror-Gesetze so reformiert werden, dass sie nicht gegen politische Gegner missbraucht werden können. Das bislang breit angelegte Gesetz erlaubt etwa auch die Verfolgung von Journalisten und Akademikern ohne präzise Terrorismus-relevante Vorwürfe.

Zwischen Merkel und Erdogan gab es in vielen wichtigen Fragen keine Annäherung.

Zwischen Merkel und Erdogan gab es in vielen wichtigen Fragen keine Annäherung.

(Foto: AP)

Merkel sagte, Erdogan habe noch einmal betont, eine Änderung der Gesetze stehe für ihn nicht zur Debatte. Erdogan wirft der EU vor, mit der geforderten Reform den Kampf gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK schwächen zu wollen. Merkel versicherte, "der Kampf gegen die PKK sei richtig und notwendig". Die PKK gelte auch in Deutschland als Terrororganisation. Auf der anderen Seite müssten Kurden in der Türkei eine faire Chance in der Gesellschaft bekommen, damit sie auch am Wohlstand teilhaben können.

Vom türkischen Präsidentenamt hieß es, Erdogan und Merkel hätten sich auf weitere Treffen "mit EU-Institutionen" geeinigt. Dabei sollten "auch die Empfindsamkeiten und Prioritäten der Türkei" im Kampf gegen den Terrorismus berücksichtigt werden.

Merkel spricht Menschenrechtslage an

Die Kanzlerin versichterte, sie habe bei dem rund einstündigen Gespräch mit Erdogan auch über Rechtstaatlichkeit und Pressefreiheit gesprochen. "Wir brauchen eine unabhängige Justiz, unabhängige Medien und ein starkes Parlament", sagte sie.  Sie habe dem türkischen Präsidenten klar gemacht, dass für sie die Aufhebung der Immunität vieler Abgeordneter "ein Grund tiefer Besorgnis" sei. In der Hinsicht blieben aber Fragen offen, erklärte Merkel.  Man werde die weitere Entwicklung genau beobachten, weitere Gespräche müssten folgen.

Parteiübergreifend hatten Politiker und Hilfsorganisationen Merkel aufgefordert, die Menschenrechtslage anzusprechen und gegenüber Erdogan klar Stellung zu beziehen. Am Freitag hatte das türkische Parlament auf Betreiben Erdogans die Immunität von mehr als einem Viertel der Abgeordneten im türkischen Parlament aufgehoben. Besonders betroffen ist davon die pro-kurdische Oppositionspartei HDP – 50 von ihren 59 Abgeordneten droht Strafverfolgung. Erdogan wirft ihnen vor, die PKK zu unterstützen.

Den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei verteidigte Merkel dennoch. Dass der Weg zur Erfüllung des Abkommens mühsam sein würde, sei ihr von Anfang an klar gewesen.  Das Abkommen sei "in beiderseitigem Interesse" unter anderem was die Lastenteilung angehe, so die Kanzlerin. Erdogan habe zudem versichert, dass die Türkei für Flüchtlinge in Not weiter offen bleibe.

Zum Abkommen gehört unter anderem, dass die Türkei nach Griechenland gelangte syrische Flüchtlinge zurücknimmt, im Gegenzug nimmt die EU direkt syrische Flüchtlinge aus der Türkei auf. Merkel hob auch hervor, dass zuletzt weniger Menschen durch "die Skrupellosigkeit der Schlepper" umgekommen sind, als noch in den ersten Monaten des Jahres.

Quelle: ntv.de, hul/dpa

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