Gestrandet in Istanbul Merkel setzt sich für ARD-Journalisten ein
19.04.2016, 19:10 Uhr
Seit Jahren leitet Schwenck die ARD-Dependance in Kairo.
(Foto: dpa)
Für den langjährigen ARD-Korrespondenten Schwenck ist auf seiner Reise ins Grenzgebiet zu Syrien in Istanbul Schluss. Die Behörden lassen ihn nicht einreisen. Nun äußert sich die Kanzlerin zu der Affäre.
In die Affäre um die Einreiseverweigerung für den ARD-Korrespondenten Volker Schwenck schaltet sich nun auch Kanzlerin Angela Merkel ein. Die Bundesregierung sehe "natürlich das auch mit gewisser Sorge". Das Auswärtige Amt sei in ständigem Kontakt mit allen notwendigen Stellen und setze sich auch dafür ein, dass die Arbeitsfähigkeit des Journalisten schnell wieder hergestellt werde, sagte Merkel. "Wir haben uns um den Sachverhalt sofort gekümmert", sagte sie.
Deutlicher äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: "Ich finde das natürlich auch erneut einen mehr als problematischen Akt, dass er in der Türkei keine Bewegungsfreiheit hat", sagte der Vizekanzler. "Ich hoffe sehr, dass die türkische Regierung diesen Fehler schnell korrigiert und ihn nicht etwa ausweist, sondern ihn natürlich weiterreisen lässt. Das wäre die adäquate Antwort auf diesen Vorfall."
Der Leiter des ARD-Fernsehstudios Kairo war nach Angaben des Südwestrundfunks am Flughafen Istanbul festgesetzt worden. Schwenck selbst twitterte: "Endstation Istanbul. Einreise in Türkei verweigert. Es sei ein Vermerk an meinem Namen. Bin Journalist. Ein Problem?"
Journalistenverbände sehen "Schikane"
Der Reporter war auf dem Weg in das türkisch-syrische Grenzgebiet, um dort eine Reportage über Flüchtlinge zu drehen. Laut SWR erhielt er von den Grenzbeamten ein Papier mit der amtlichen Mitteilung, dass gegen ihn ein Einreiseverbot vorliegt.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, Mitarbeiter des deutschen Generalkonsulats seien zum Flughafen gefahren, um Kontakt mit dem Deutschen aufzunehmen. Auch hochrangige Vertreter der Zentrale hätten direkten Kontakt zu ihm.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) kritisierte "ein frag- und kritikwürdiges Verständnis von Presse- und Informationsfreiheit" in der Türkei. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete das Einreiseverbot als "Schikane". Nun räche sich "das Entgegenkommen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Fall Böhmermann gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan". Konkrete Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Einreiseverbot für Schwenck und dem Fall Böhmermann gibt es nicht.
Hinterer Rang im Pressefreiheitsranking
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner forderte Merkel auf, bei ihrer Türkei-Reise am kommenden Samstag das Thema Pressefreiheit anzusprechen. "Die Festsetzung des ARD-Korrespondenten passt leider in die repressive Politik, welche die Türkei im Hinblick auf die Presse- und Meinungsfreiheit in den letzten Monaten vollzieht." Auf der vergangenes Jahr veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Rang 149 von 180.
Erst im März hatte "Spiegel Online" seinen Istanbul-Korrespondenten Hasnain Kazim aus der Türkei abgezogen, nachdem türkische Behörden seine Presse-Akkreditierung nicht verlängert hatten. Auch die "Welt" zog ihren Korrespondenten ab.
Die türkische Regierung waren zuletzt mehrfach in die Schlagzeilen geraten. Präsident Recep Erdogan ließ mehrere kritische Journalisten verhaften, dann verstaatlichte er die Zeitung "Zaman". Zuletzt stellte er Strafantrag gegen den deutschen Satiriker Jan Böhmermann, weil er sich von dessen Schmähgedicht beleidigt gefühlt hatte.
Quelle: ntv.de, jog/cro/dpa