Vor dem Treffen mit Erdogan Merkel verlängert Türkei-Unterredung
23.05.2016, 02:31 Uhr
(Foto: dpa)
Das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei steht zuhause unter Dauerfeuer - Merkel steht vor ihrem Treffen mit Präsident Erdogan unter Druck. Vorher trifft sie sich mit türkischen Journalisten, Anwälten und Menschenrechtlern. Und das ungewöhnlich lange.
Direkt nach ihrer Ankunft in Istanbul hat sich Kanzlerin Angela Merkel ungewöhnlich lange mit Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft über die Lage im Land beraten. Bei dem Treffen am Sonntagabend sei es um die politische und gesellschaftliche Lage, die Kurden, die Entwicklung von Justiz und Rechtsstaat sowie die Kooperation in der Flüchtlingspolitik gegangen, hieß es aus Regierungskreisen.
Auch die EU-Beitrittsverhandlungen seien Thema gewesen. An der Unterredung nahmen Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Anwälte und Menschenrechtler teil. Oppositionspolitiker oder prominente Erdogan-Kritiker waren nicht dabei. Das für 60 Minuten angesetzte Gespräch dauerte gut zwei Stunden. Die Kanzlerin ist in der Türkei, um an einem Uno-Gipfel teilzunehmen und den türkischen Präsidenten Erdogan zu treffen.
Kritiker werfen Erdogan vor, die Pressefreiheit in der Türkei zu beschneiden und Druck auf die Justiz auszuüben. Menschenrechtsgruppen bemängeln außerdem das harte Vorgehen der Armee im kurdisch geprägten Südosten der Türkei. Sie werfen der Regierung darüber hinaus vor, syrische Flüchtlinge an der Grenze teils gewaltsam abzuweisen. Merkel steht unter erheblichem Erwartungsdruck. Weil Erdogan die Forderung der EU ablehnt, vor einer Visumliberalisierung die Anti-Terror-Gesetze des Landes zu ändern, steht der Flüchtlingspakt schon zwei Monate nach dem Start auf der Kippe.
Das von Merkel maßgeblich vorangetriebene Abkommen sieht vor, dass Flüchtlinge, die aus der Türkei auf griechische Inseln übersetzen, zurückgeschickt werden. Für jeden syrischen Flüchtling soll ein anderer Syrer legal aus der Türkei in die Europäische Union einreisen dürfen. Erst am Freitag hatte das Parlament in Ankara auf sein Betreiben die Immunität von mehr als einem Viertel der Abgeordneten aufgehoben, denen nun Strafverfolgung und Mandatsverlust drohen.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa