Mord an Boris Nemzow Moskau erwartet Tausende zu Trauermarsch
01.03.2015, 07:00 Uhr
Auch in anderen russischen Städten werden für Nemzow Kerzen angezündet.
(Foto: AP)
Die russische Opposition will heute in Gedenken an den ermordeten Kreml-Kritiker Nemzow auf die Straße gehen. Der Marsch im Zentrum Moskaus soll auch über die Brücke in Sichtweite des Kreml führen, auf der Nemzow auf offener Straße erschossen worden war.
Mit einem Trauermarsch nimmt Moskau am Mittag Abschied vom ermordeten Kremlkritiker Boris Nemzow. Nach dem Attentat auf den charismatischen Oppositionspolitiker wollen bis zu 50.000 Menschen im Zentrum der russischen Hauptstadt an einer Trauerkundgebung für den ermordeten Kremlgegner teilnehmen. Darauf hatten sich Oppositionsvertreter bei Verhandlungen mit der Stadt geeinigt.
Die Initiative ging nach Angaben der Behörden von dem Oppositionsführer und früheren Regierungschef Michail Kasjanow aus. Auf einen ursprünglich für Sonntag geplanten Marsch gegen die Politik von Kremlchef Wladimir Putin verzichtete die Opposition.
Auch in der litauischen Hauptstadt Vilnius ist ein Gedenkmarsch geplant. Nach Angaben des früheren litauischen Ministerpräsidenten Andrius Kubilius hatte Nemzow erwogen, Asyl in dem Baltenstaat zu beantragen. Er habe Nemzow bei einem privaten Gespräch am Rande eines Kongresses seiner konservativen Partei im Jahr 2012 Schutz versprochen, sagte Kubilius. Nemzow habe damals damit gerechnet, nach den Massenprotesten gegen eine dritte Amtszeit von Präsident Wladimir Putin festgenommen und inhaftiert zu werden. "Er fragte, ob Litauen politisches Asyl gewähren würde. Ich sagte, ich hätte keine Zweifel daran und bot ihm an zu bleiben, aber letztlich lehnte er ab", sagte Kubilius.
Tatauto gefunden?
Nemzow war am späten Freitagabend nur wenige Meter vom Kreml entfernt auf offener Straße hinterrücks erschossen worden. Vom Täter fehlt seitdem jede Spur. Sowohl die Polizei als auch der Kreml gingen von einem Auftragsmord aus. Nach Fernsehberichten fanden die Ermittler möglicherweise das Fluchtauto. Der TV-Sender Rossija 24 zeigte das weiße Fahrzeug mit einem Nummernschild der Teilrepublik Inguschetien, die im islamisch geprägten Konfliktgebiet Nordkaukasus liegt. Zuletzt hatten Ermittler als einen von mehreren Ansätzen auch einen islamistischen Hintergrund nicht ausgeschlossen.
Nach der Trauerkundgebung in Moskau wird der Sarg mit dem Leichnam des Politikers im Sacharow-Menschenrechtszentrum aufgebahrt werden. Dort sollen die Menschen nach russisch-orthodoxem Brauch am Dienstag von dem früheren Vize-Regierungschef Abschied nehmen können. Anschließend ist die Beisetzung auf dem Prominentenfriedhof Trojekurowo geplant.
Quelle: ntv.de, sba/dpa