Auch Tschechien auf Liste Moskau stuft USA als "unfreundlich" ein
14.05.2021, 20:08 Uhr
Die Liste geht auf einen Auftrag von Kremlchef Wladimir Putin persönlich zurück.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Russland erstellt eine neue Liste von "unfreundlichen ausländischen Staaten" mit genau zwei Ländern: Tschechien und die USA. Das Verhältnis ist ohnehin höchst angespannt. Doch Moskau setzt noch eins drauf - und sperrt die Konten eines US-finanzierten Radiosenders.
Inmitten zunehmender Spannungen mit dem Westen hat Russland die USA und Tschechien auf seine Liste "unfreundlicher" Staaten gesetzt. Dies geht aus der aktualisierten Länderliste hervor. Auf der Liste stehen ansonsten noch keine weiteren Staaten. Sie geht auf einen Auftrag von Kremlchef Wladimir Putin zurück.
Demnach darf die tschechische Botschaft in Moskau nur noch maximal 19 russische Staatsbürger beschäftigen, die US-Botschaft gar keine mehr. Diese Strafmaßnahmen hatte das russische Außenministerium zuvor bereits gegen die Vertretungen beider Länder verhängt - im Zuge der gegenseitigen Ausweisung von Diplomaten in jüngster Zeit.
Das tschechische Außenministerium verurteilte Russlands Vorgehen als einen "weiteren Schritt zur Eskalation der Beziehungen nicht nur mit Tschechien, sondern mit der gesamten EU". Russland wähle den "Weg der Konfrontation", schade sich damit aber selbst. Die Entscheidung stehe vollkommen im Widerspruch zum Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen. Sie habe negative Auswirkungen für Tourismus, Handel und die Kontakte zwischen den Bürgern beider Länder.
Auch EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem weiteren Schritt der Eskalation, der diplomatische Beziehungen untergrabe, und rief Russland dazu auf, sich vollständig an das Wiener Übereinkommen zu halten. "Versuche, die EU zu spalten, sind vergeblich. Volle Solidarität mit der Tschechischen Republik", schrieb Michel auf Twitter.
Zwischen Tschechien und Russland tobt derzeit ein heftiger Streit. Tschechien machte russische Geheimdienste für Explosionen in einem Munitionslager im Osten des Landes im Jahr 2014 verantwortlich, Moskau bestritt alle Vorwürfe. Nach den beiderseitigen Ausweisungen von Diplomaten wiesen aus Solidarität mit der Regierung in Prag auch die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen ihrerseits russische Diplomaten aus, die Regierungen in Ungarn, Polen und der Slowakei stellten sich ebenfalls hinter Prag.
Auch die Beziehungen zwischen Washington und Moskau sind stark angespannt, beide Seiten verhängten Sanktionen gegeneinander. Die USA wiesen im April zehn russische Diplomaten aus und verhängten wegen der mutmaßlichen russischen Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf sowie wegen eines Hackerangriffs, der ebenfalls Russland angelastet wurde, neue Sanktionen gegen Moskau. Als Reaktion verwies Russland seinerseits zehn US-Diplomaten des Landes und belegte mehrere Vertreter der US-Regierung mit Einreisesperren.
"Versuch, unabhängige Medien zu unterdrücken"
Nachdem Biden in einem Gespräch mit dem Sender ABC News die Frage bejahte, ob er Putin für einen "Mörder" halte, rief Russland vorübergehend seinen Botschafter aus den USA zurück. Später kehrte dann der US-Botschafter in Moskau, John Sullivan, zu Konsultationen nach Washington zurück.
Der von den USA finanzierte Rundfunksender Radio Liberty/Radio Free Europe teilte unterdessen mit, seine Bankkonten in Russland seien gesperrt worden, nachdem Gerichtsvollzieher die Büros in Moskau wegen unbezahlter Geldstrafen aufgesucht hätten. Der Sender muss eine Strafe in Höhe von umgerechnet rund 780.000 Euro zahlen. Das Außenministerium in Washington erklärte, es sei "zutiefst verstört" über die Kontensperrungen. "Dies ist Russlands jüngster Versuch, unabhängige Medien zu unterdrücken", erklärte eine Ministeriumssprecherin. Die russische Bevölkerung "verdient Zugang zu einer breiten Auswahl an Informationen und Meinungen".
Zudem wurde in Russland das unabhängige Online-Journal "Wtimes" als "ausländischer Agent" eingestuft. Das Justizministerium begründete den Schritt damit, dass das Journal in den Niederlanden registriert sei. Damit werden die Arbeitsweise der Redaktion und die Finanzierung von "Wtimes" stark eingeschränkt, zugleich drohen hohe Geldbußen. "Wtimes" war im vergangenen Jahr von ehemaligen Redakteuren der Wirtschaftszeitung "Wedomosti" gegründet worden, die nach der Berufung eines Kreml-freundlichen Chefredakteurs gekündigt hatten.
Vor einem Monat war bereits das ebenfalls sehr bekannte Online-Medium "Medusa" als "ausländischer Agent" eingestuft worden, weil die russischsprachige Website in Lettland registriert ist. Die Einnahmen durch das Anzeigengeschäft gingen seitdem so stark zurück, dass das Journal seine Leserschaft um finanzielle Unterstützung bitten musste.
Quelle: ntv.de, chf/dpa/AFP