Politik

Gipfelbeschlüsse im Überblick Nato bleibt bei harter Russland-Linie

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US-Präsident Trump bestimmt die Agenda des Nato-Gipfels.

(Foto: AP)

Das Gepolter des US-Präsidenten war unüberhörbar. Schon vor dem Nato-Gipfel war klar, dass über die Verteidigungsausgaben gestritten wird. Dabei werden in Brüssel ganz andere Punkte abgeräumt, etwa zu Russland.

Der Streit mit US-Präsident Donald Trump um die Verteidigungsausgaben hat den Brüsseler Nato-Gipfel geprägt. Ebenso seine Ausfälle gegen Deutschland. Anders als von manchem Experten befürchtet, konnten sich die 29 Staats- und Regierungschefs aber auf eine gemeinsame Erklärung einigen. Denn die Militärallianz hatte einiges zu beschließen, auch um die Glaubwürdigkeit ihrer Abschreckungsdoktrin aufrecht zu erhalten. Ein Überblick zu wesentlichen Entscheidungen des zweitägigen Gipfels abseits des Konflikts um Militärausgaben:

Schneller einsetzbare Kampfverbände: Auf dem Papier hat die Nato seit 2002 eine Eingreiftruppe, die inzwischen 40.000 Soldaten umfasst. Doch bei mehreren Bündnisstaaten gibt es Zweifel, ob Verbände und ihre Waffensysteme im Krisenfall auch wirklich zur Verfügung stehen. Auf Druck der USA hat das Bündnis deshalb die "4x30"-Initiative beschlossen: "Zusätzliche" 30 Schiffe oder U-Boote, 30 "schwere oder mittlere" Heeres-Bataillone und 30 Flugzeug-Staffeln sollen binnen "30 Tagen oder weniger" verlegbar sein.

Neue Kommandozentralen: Zur schnelleren Truppenverlegung beschließen die Staats- und Regierungschefs zwei neue Kommandozentralen. Ulm in Baden-Württemberg soll dabei in Europa Transportleistungen für die Nato-Partner koordinieren sowie Schutz und Versorgung der Truppen bewerkstelligen.

Ein weiteres Kommando zur Sicherung der Verbindungen über den Atlantik soll in Norfolk im US-Bundesstaat Virginia entstehen. Seine Aufgabe ist auch der Schutz wichtiger Infrastruktur wie Untersee-Datenkabel zur Kommunikation. Insgesamt sollen in der Kommandostruktur 1200 neue Posten geschaffen werden.

Militärische Mobilität: Im Kalten Krieg mussten Straßen, Brücken, Tunnels und Eisenbahnwege in Europa für den Transport von Panzern und schwerem Gerät ausgelegt sein. Doch seit der Wende sparten sich viele europäische Länder die Vorbereitung auf den "Krisenfall". Hinzu kommen bürokratische Hindernisse wie Zollformalitäten beim Transport von Militärgerät aus den USA und Kanada für Nato-Übungen.

Das Bündnis beschloss nun, die militärische Mobilität bis spätestens 2024 zu erhöhen. Dabei ist die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union entscheidend. Die EU-Kommission hat bereits einen Aktionsplan dafür aufgelegt.

Weitere harte Linie gegen Russland: Vor Trumps Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag in Helsinki blieb der Gipfel bei seiner harten Linie gegenüber Russland. "Wir verurteilen scharf die illegale und illegitime Annexion der Krim, die wir nicht anerkennen und nicht anerkennen werden", heißt es in der Gipfelerklärung. Demnach ist das "euro-atlantische Sicherheitsumfeld" durch die Krimkrise und "die andauernde Destabilisierung der Ostukraine weniger stabil und vorhersehbar geworden".

Der Gipfel warf Russland auch "versuchte Einmischung in Wahlprozesse", "weit verbreitete Desinformationskampagnen und bösartige Cyber-Aktivitäten" vor. Das Bündnis bleibe aber "offen für einen regelmäßigen, fokussierten und sinnvollen Dialog" im Nato-Russland-Rat.

Erweiterter Irak-Einsatz: Nach der Vertreibung der Terrormiliz IS will die Nato ihren Ausbildungseinsatz für Polizei und Armee im Irak deutlich ausweiten. Geplant sind rund 550 Soldaten und Experten. Seit Anfang 2017 hatte das Bündnis bereits kleinere Zahlen von Ausbildern in den Irak geschickt. Schulungen gab es etwa zur Entschärfung von Sprengkörpern, Instandhaltung und medizinischen Versorgung. Für Irritationen im Bündnis sorgt, dass Deutschland sich bisher nicht an dem Nato-Einsatz beteiligen will. Die Bundeswehr plant stattdessen parallel eine eigene Ausbildungsmission.

Afghanistan: Die Nato hat ihr militärisches Engagement in Afghanistan bekräftigt, um der Regierung in Kabul für eine mögliche Friedenslösung mit den radikalislamischen Taliban den Rücken zu stärken. Die Nato-Ausbildungs- und Unterstützungsmission "Resolute Support" hat derzeit über 16.200 Soldaten. Deutschland ist mit 1300 Soldaten nach den USA zweitgrößter Truppensteller. Die Staats- und Regierungschefs sicherten nun die Finanzierung bis zum Jahr 2024 zu.

Beitrittseinladung an Mazedonien: Nach der Erweiterung um Montenegro im vergangenen Jahr sprach der Gipfel nun eine Einladung zu Beitrittsgesprächen an Mazedonien aus. Die Aufnahme des Balkanlandes war jahrelang durch Griechenland blockiert worden. Grund war ein Streit um den Staatsnamen Mazedoniens, weil Athen Gebietsansprüche des Nachbarn auf die gleichnamige griechische Provinz befürchtete. Beide Seiten einigten sich nun auf den Namen "Republik Nord-Mazedonien". Das Land könnte damit in absehbarer Zeit 30. Nato-Mitglied werden, wenn die formalen Schritte der Namensänderung absolviert sind.

Georgien und Ukraine: Die Nato will die Beziehungen zu den beiden Partnerländern weiter stärken. Georgien gilt im Bündnis als möglicher Beitrittskandidat, von der Ukraine wird dieser Status angestrebt. Entscheidungen in Sachen Erweiterung gab es hier aber nicht.

Quelle: ntv.de

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