
Donald Trump und Barack Obama am 10. Dezember im Weißen Haus.
(Foto: imago/UPI Photo)
Seit der US-Wahl sprechen Präsident Obama und Wahlsieger Trump nur respektvoll übereinander. Dennoch ist klar: Sie liegen weiterhin über Kreuz. Angesichts ihrer gemeinsamen Geschichte wäre alles andere auch ein Wunder.
Nach ihrem ersten Treffen im Weißen Haus sagte Donald Trump über Barack Obama, dieser sei "ein sehr guter Mann". Seither haben beide sich nie anders als respektvoll über den anderen geäußert. "Ich glaube, dass Präsident Obama klasse war", sagte Trump dem Sender Fox News über ihre regemäßigen Telefonate. Obama erklärte bei seinem Besuch in Berlin, er wolle "alles tun, was ich kann", um sicherzustellen, dass der neue Präsident erfolgreich sein wird.
Und doch ist offensichtlich, dass die gegenseitige Abneigung anhält. In einem Interview mit dem Sender NPR wiederholte Obama den Vorwurf, Russland stehe hinter den Hacker-Angriffen, die sich im US-Wahlkampf gegen Hillary Clinton gerichtet hatten. Zudem drohte er mit Vergeltungsmaßnahmen. Wenn eine ausländische Regierung die Integrität der amerikanischen Wahlen beeinflusse, "müssen wir handeln", sagte Obama. "Und das werden wir – zu einem Zeitpunkt und an einem Ort, den wir auswählen."
Obamas Äußerungen stehen in krassem Gegensatz zu Trumps Haltung. Anders als die US-Geheimdienste glaubt Trump nicht, dass Russland hinter den Hacks steckt, deren Ergebnisse später von der Enthüllungsplattform Wikileaks verbreitet wurden. Auf seinem Twitter-Account deutete er an, dass die Geschichte insgesamt unwahr sein könnte. "Wenn Russland, oder jemand anders, gehackt hat, warum hat das Weiße Haus dann so lange mit einer Reaktion gewartet? Warum haben sie sich erst beschwert, nachdem Hillary verloren hat?"
Der Tweet hat fast den Tonfall, den man von Trump aus dem Wahlkampf kennt – aber er richtet sich gegen "das Weiße Haus", nicht gegen Obama. Und auch Obama richtete seine Kritik nicht gegen Trump, sondern gegen "die Republikaner", wenngleich er vermutlich seinen Nachfolger meinte, der am 20. Januar ins Amt eingeführt wird. "Die Ironie von alledem ist natürlich", sagte der Präsident im NPR-Interview, "dass es während meiner Präsidentschaft einen größeren Flügel der Republikaner gab, der mich immer dafür kritisierte, nicht hart genug mit Russland umzugehen. Einige dieser Leute haben im Wahlkampf Donald Trump unterstützt, trotz der Tatsache, dass ein zentrales Anliegen seiner Außenpolitik ist, dass wir nicht so hart mit Russland umgehen sollten."
Obamas Sprecher wird deutlicher als sein Chef
Die US-Geheimdienste hat Obama angewiesen, bis zum 20. Januar einen Bericht über die Rolle Russlands im Präsidentschaftswahlkampf vorzulegen. Auch dies ist wohl ein Hinweis, dass er Trump nicht traut. Sehr viel deutlicher wurde der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest. Am Donnerstag erinnerte Earnest bei einer Pressekonferenz daran, dass Trump im Wahlkampf Russland explizit dazu aufgerufen hatte, Clintons E-Mails aus ihrer Zeit als Außenministerin zu hacken. "Das könnte ein Hinweis sein, dass ihm offensichtlich klar war – auf der Basis von welchen Fakten oder Quellen auch immer –, dass Russland in die Hacker-Angriffe verwickelt war, und dass dies negative Folgen für den Wahlkampf seiner Konkurrentin hatte."
Trump nannte Earnest daraufhin einen "Blödmann", schloss Obama in seine Kritik aber wiederum nicht ein. Stattdessen mutmaßte Trump bei einer Kundgebung im Rahmen seiner "Thank You Tour", dass Earnest "seine Befehle von jemand anders" bekommen könnte, sagte aber nicht, an wen er da denkt. Obamas früherer Berater David Axelrod sagte CNN, es sei sehr unwahrscheinlich, dass Earnest auf eigene Faust handele. "Ein Pressesprecher geht nicht raus und verkündet Erklärungen wie diese, ohne dazu autorisiert worden zu sein", sagte er.
Die Übergabe der Regierungsgeschäfte in den USA läuft in der Zeit zwischen Wahl und Amtseinführung. Obama hat mehrfach betont, dass er und seine Mitarbeiter dem Trump-Team so gut wie möglich helfen wollen. Tatsächlich läuft die Zusammenarbeit CNN zufolge nicht so gut.
Der Streit geht Jahre zurück
Erkennbar ist dies auch daran, dass Earnest öffentlich Kritik am künftigen US-Außenminister, dem Ölmanager Rex Tillerson, übte. Trump habe ja erklärt, er wolle "wärmere Beziehungen" zu Russland pflegen, sagte Earnest. "Gibt es einen besseren Weg, als jemanden zum Außenminister zu machen, der von Wladimir Putin den Orden der Freundschaft bekommen hat?"
Überraschend sind diese gegenseitigen Angriffe über Bande nicht. 2011 hatte sich Trump an die Spitze der "Birther"-Bewegung gestellt, die die frei erfundene Behauptung verbreitete, Obama sei nicht in den USA zur Welt gekommen. Ziel dieser Verschwörungstheorie war, die Legitimität des ersten schwarzen Präsidenten der USA zu untergraben. Erst im Wahlkampf 2016 akzeptierte Trump so nebensächlich wie möglich, dass Obama in den USA zur Welt kam.
In Retourkutschen auf Trumps Birther-Engagement hat Obama sich im Gegenzug mehrfach massiv über den New Yorker Milliardär lustig gemacht – etwa über seine obsessive Verwendung von Twitter oder über seine politische Erfahrung, die lediglich in der Reality-TV-Show "The Apprentice" bestehe. Im Wahlkampf engagierte Obama sich für Clinton und bezweifelte, dass Trump qualifiziert sei, Präsident zu werden. Mit John McCain und Mitt Romney, den republikanischen Präsidentschaftskandidaten, gegen die er 2008 beziehungsweise 2012 angetreten ist, habe er Differenzen gehabt. Aber er habe nie ihre grundsätzliche Befähigung für das Amt bezweifelt, so Obama im Sommer. Das sei bei Trump anders.
Trump seinerseits nannte Obama im Wahlkampf den "unwissendsten Präsidenten in unserer Geschichte". Als er Präsident geworden sei, habe Obama "nichts" gewusst. "Dieser Typ hat gar nichts gewusst. Und ehrlich, heute weiß er noch weniger."
Quelle: ntv.de