
Am Sonntag im Reichstag bei der Wahl des Bundespräsidenten: "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort im Gespräch mit Frauke Petry und Alexander Gauland.
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AfD-Vize Alexander Gauland attackiert Parteichefin Frauke Petry. Die wehrt sich, indem sie Gauland zweifelhafte Motive unterstellt. Wieder einmal geht es um den Rechtsaußen Björn Höcke.
AfD-Chefin Frauke Petry hat Vorwürfe ihres Stellvertreters Alexander Gauland scharf zurückgewiesen. "Gauland weiß, wo ich stehe, wir haben uns erst vor ein paar Tagen ausführlich unterhalten", sagte sie n-tv.de. Der brandenburgische Landesvorsitzende hatte Petry vorgeworfen, die Nähe zur CDU zu suchen.
"Wir waren uns einig, dass die AfD aus eigener Kraft Mehrheiten erringen muss", so Petry weiter. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Gauland das vergessen hat. Ich muss also vermuten, dass andere Motive dahinter stehen."
Gauland hatte der "Zeit" gesagt, Petry wolle den Thüringer Parteichef Björn Höcke loswerden, "weil sie der Meinung ist, dass wir mit ihm nie politisch ankommen und Teil einer Koalition werden könnten". "Sie will die Partei an die CDU andocken", so Gauland.
Eine Nähe zur CDU ist aus Gaulands Sicht vermutlich der schlimmste Vorwurf, den man einer AfD-Politikerin machen kann. Genau um diesen Vorwurf ging es bereits in dem Machtkampf, an dessen Ende Parteigründer Bernd Lucke im Sommer 2015 die AfD verließ. In der "Erfurter Resolution" vom März 2015 warfen Höcke und der AfD-Chef von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, dem Lucke-Flügel vor, sich "dem etablierten Politikbetrieb" anzupassen. Dagegen setzten sie ihr eigenes Bild der AfD als "Widerstandsbewegung".
Petry gehörte damals nicht zu den Unterzeichnern der "Erfurter Resolution", stand in diesem Machtkampf jedoch ebenfalls gegen Lucke und damit zumindest indirekt an der Seite von Höcke. Seit Luckes Abgang scheint sich die Geschichte zu wiederholen - mit Petry in der Rolle von Lucke.
"Wucherungen am Volkskörper"
Es könnte allerdings sein, dass Höcke dieses Mal verliert. Am vergangenen Montag gelang Petry ein Etappensieg. Mit Zweidrittelmehrheit sprach sich der AfD-Bundesvorstand für Höckes Ausschluss aus der Partei aus. Beschlossen ist der Ausschluss damit nicht, diese Entscheidung liegt beim Thüringer Landesschiedsgericht, gegebenenfalls auch beim Bundesschiedsgericht der AfD.
Gegen den Parteiausschluss stimmten im Bundesvorstand Gauland, Poggenburg, Petrys Co-Vorsitzender Jörg Meuthen sowie der niedersächsische AfD-Chef Armin-Paul Hampel. Die "Bild"-Zeitung meldet, dass es im Bundesvorstand Überlegungen gibt, auch Poggenburg aus der Partei zu werfen. Grund sei ein Auftritt im Landtag von Sachsen-Anhalt. Am 3. Februar hatte Poggenburg dort Linksextremisten als "Wucherungen am deutschen Volkskörper" bezeichnet, die es loszuwerden gelte. Solche Vokabeln gehörten unzweideutig zur Sprache der völkischen Bewegung. Sie gehörten allerdings auch zur Sprache der Nationalsozialisten.
Unterdessen übte Poggenburg in der "Zeit" scharfe Kritik an Petry. Sie habe sich aus rein taktischen Gründen für Höckes Ausschluss eingesetzt. "Aber sie wird geschädigt aus diesem Konflikt hervorgehen", prophezeite Poggenburg. "Wer unliebsame Positionen nicht aushält, hat wahrscheinlich selbst Probleme mit seinem Demokratieverständnis."
Bewusst zweideutig
Petry hatte den angestrebten Ausschluss von Höcke am Montag mit dessen Auftritt in Dresden am 17. Januar begründet. In der sächsischen Landeshauptstadt hatte Höcke eine Rede gehalten, die allgemein als bewusst doppeldeutig verstanden worden war. Konkret hatte er darin das Holocaust-Mahnmal in Berlin als "Denkmal der Schande" kritisiert. Zudem sprach er von einer "dämlichen Bewältigungspolitik" und forderte eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad".
Poggenburg verteidigte Höckes Auftritt. Dass AfD-Politiker auf gezielte Provokation setzen, sei normal, sagt er. "Wir würden es immer vermeiden, einen Begriff zu verwenden, der wirklich nur in der Nazizeit verwendet wurde", so Poggenburg. Man habe deshalb bislang immer nur zweideutige Formulierungen verwendet.
Der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski stellte sich hinter die Parteichefin. "Die Sprache, die Höcke benutzt hat - das Gerede von der 'Bewegung', der 'Schande', das hat viele unserer Wähler an den Sportpalast erinnert", sagte er der "Zeit". In der sogenannten Sportpalastrede hatte Hitlers Propagandaminister Goebbels die Deutschen auf den "totalen Krieg" eingeschworen. Pazderski sagte, er stehe zur Aufarbeitung der Geschichte und habe deshalb für den Parteiausschluss von Höcke votiert.
Infolge dieses Beschlusses ruft die "patriotische Plattform" der AfD, die Höcke nahesteht, zur Abwahl des Bundesvorstands auf. Mit dem Ausschlussverfahren gegen Höcke nehme Petry "die Spaltung der Partei in Kauf", heißt es in einer Erklärung der Gruppe. Bis auf Poggenburg, Gauland, Hampel und Meuthen habe sich der Bundesvorstand "disqualifiziert".
Unklar ist, wie stark die Unterstützung der Parteibasis für den Höcke-Flügel ist. Petry zeigte sich zuversichtlich, dass der Großteil der AfD ihre Position teilt. Sie sagte n-tv.de, es handele sich um einen "Angriff einer kleinen, sehr lauten Minderheit gegen die Mehrheit der Partei".
Quelle: ntv.de